Rn 46
Die Aufgaben und Befugnisse des vorläufigen Gläubigerausschusses ergeben sich im Wesentlichen aus dem Verweis in § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a auf die §§ 67–69 und entsprechen mithin grundsätzlich denjenigen des Gläubigerausschusses im eröffneten Verfahren (vgl. insb. die Kommentierung zu § 69). Hinzu kommen die spezifischen Befugnisse im Rahmen der Verwalterauswahl gemäß § 56 a (s. u. Rdn. 49).
Rn 47
Seine Informationen bezieht der Ausschuss vom vorläufigen Insolvenzverwalter, vorläufig eigenverwaltenden Schuldner oder dem Gericht. Sie haben allesamt den vorläufigen Gläubigerausschuss bei allen verfahrenswichtigen Handlungen einzubeziehen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.
Rn 48
Zu den Pflichten des Ausschusses gehören insbesondere:
- Überwachung der wirtschaftlichen Entwicklung des Schuldners, bspw. durch regelmäßige Besprechungen;
- Überwachung des Geldverkehrs und -bestandes, Kassenprüfung in angemessenen Intervallen;
- Kontrolle von Unterlagen, wenn sich Zweifel an den Auskünften des Schuldners ergeben;
- Begleitung der Erstellung des Insolvenzplans (insb. im Schutzschirmverfahren).
Rn 48a
Die passive Rolle des vorläufigen Gläubigerausschusses schließt eine Anordnung eines M&A-Prozesses aus. Unterlassen der eigenverwaltende Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter die gebotene Durchführung eines Investorenprozesses, muss dies der Ausschuss dem Gericht anzeigen. Dieses hat dann darüber zu entscheiden, ob aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden.
6.1 Mitwirkung bei der Verwalterbestellung
Rn 49
Unabhängig von der Art des vorläufigen Gläubigerausschusses, räumt das Gesetz ihm über § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a die Befugnis zur Mitwirkung an der Bestellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters/Sachwalters gemäß § 56 a ein. Demnach muss das Gericht den vorläufigen Gläubigerausschuss vor der Bestellung des Verwalters anhören (§ 56 a Abs. 1). Dabei kann sich der Ausschuss zur Person und zum Anforderungsprofil eines Verwalters äußern. Die Anhörung kann jedoch unterbleiben, wenn sie offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners führen würde, also ein besonderes Eilbedürfnis besteht.
Durch den einstimmigen Vorschlag eines Verwalters kann der vorläufige Gläubigerausschuss eine Bindung des Gerichts herbeiführen (§ 56 a Abs. 2 Satz 1). Das Gericht kann in diesem Fall die vorgeschlagene Person nur ablehnen, wenn sie für die Übernahme des Amts ungeeignet ist. Im Übrigen muss das Gericht bei der Auswahl des Verwalters gemäß § 56 a Abs. 2 Satz 2 ggf. die Vorgaben des Ausschusses aus einem mitgeteilten Anforderungsprofil beachten.
Hat das Gericht von einer Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses wegen einer besonderen Eilbedürftigkeit abgesehen und bereits einen Verwalter eingesetzt, kann der Ausschuss in seiner ersten Sitzung durch einstimmigen Beschluss den Verwalter austauschen (§ 56 a Abs. 3). Ob diese Befugnis auch besteht, wenn die Anhörung unterblieben ist, weil das Gericht aufgrund der Eilbedürftigkeit gemäß § 22 a Abs. 3 zunächst von der Einsetzung eines vorläufigen Ausschusses abgesehen hatte, ist umstritten. Nach seinem Wortlaut umfasst § 56 Abs. 3 diesen Fall nicht. Gleichwohl handelt es sich wohl um eine planwidrige Regelungslücke, die im Wege der Analogie geschlossen werden kann. Den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich kein Wille zur Differenzierung beider Fallkonstellationen entnehmen. Im Übrigen ist auch kein Grund erkennbar, warum die Fälle anders behandelt werden sollten.
6.2 Zustimmungsrechte
Rn 50
Schon dem vorläufigen Gläubigerausschuss kommen die Zustimmungsrechte des § 160 zu. Zwar findet sich keine explizite Verweisung auf diese Norm in den Vorschriften über den vorläufigen Gläubigerausschuss, aber es handelt sich insoweit um eine Konkretisierung der in § 69 geregelten Überwachungsaufgaben des Gläubigerausschusses, die wiederum von § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a für entsprechend anwendbar erklärt werden.
Der vorläufige Gläubigerausschuss muss daher bei besonders bedeutsamen Rechtshandlungen zustimmen (§ 160 Abs. 1 Satz 1). Dies bedeutet, dass er unter anderem bereits in die Planung einer beabsichtigten Unternehmensveräußerung einbezogen werden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1) und der Aufnahme eines Darlehens zustimmen muss, wenn dieses die Insolvenzmasse erheblich belasten wird (§ 160 Abs. 2 Nr. 2).
Darüber hinaus wird man auch eine implizite Verweisung auf § 158 Abs. 1 annehmen müssen, so dass auch die (Teil-)Betriebsstilllegung zustimmungsbedürftig ist.
Schließlich unterliegen auch die Entscheidungen zur Insolvenzgeldvorfinanzierung, der Beantragung von Einzelermächtigungen und der grun...