Rn 68
Die Frage, ob das Gericht die Voraussetzungen seiner Einsetzungsentscheidung von Amts wegen zu ermitteln hat, ist eine zentrale Frage der praktischen Anwendung des § 22a. Vielfach wird insoweit vertreten, dass sich das Gericht auf eine Plausibilitätsprüfung zu beschränken habe und der Beibringungsgrundsatz gelte. Diese Auffassung mag zwar vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Ziele des ESUG zweckmäßig erscheinen, findet aber keine Grundlage in den gesetzlichen Regelungen. Sie verkennt, dass der Amtsermittlungsgrundsatz aus § 5 Abs. 1 aufgrund des Wortlauts der Norm und der systematischen Stellung in den allgemeinen Vorschriften in der gesamten InsO gilt, wenn nicht ausdrücklich eine Abweichung geregelt wird. So hat der Gesetzgeber beispielsweise für das Schutzschirmverfahren lediglich gefordert, dass die angestrebte Sanierung nicht "offensichtlich" aussichtslos ist (§ 270 b Abs. 1 Satz 1) und damit die Amtsermittlung in diesem Punkt suspendiert. Im Insolvenzplanverfahren hat der Rechtsausschuss des Bundestags in § 245 Abs. 1 Nr. 1 die Prognose des Gerichts im Hinblick auf eine Schlechterstellung durch Einfügen des Wortes "voraussichtlich" erleichtert und ausdrücklich in seiner Begründung ausgeführt, durch die Einfügung seien die Gerichte grundsätzlich nicht mehr gehalten, im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Eine vergleichbare einschränkende Regelung findet sich in § 22 a nicht. Die Pflicht zur Amtsermittlung gilt mithin uneingeschränkt. Das Gericht muss daher ermitteln, wenn der Verfahrensstand Anlass für Ermittlungen bietet. Eine Ermittlung "ins Blaue hinein" wird aber nicht gefordert, denn die Ermittlungsmaßnahmen stehen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.
Rn 69
Grundsätzlich wird das Gericht daher aufgrund der gesetzlich geforderten Versicherung von einer Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im Gläubiger- und Forderungsverzeichnis ausgehen können, das wiederum die Basis der Prüfung der Repräsentativität der Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses ist. Es ist aber nicht gehindert durch geeignete Nachfragen beim Schuldner oder sonstigen Auskunftspersonen, seine Besetzungsentscheidung abzusichern. Dies gilt auch für die Frage, ob die vorgeschlagenen Personen für ihr Amt geeignet sind.
Insbesondere bei der Kosten-Nutzen-Abwägung im Rahmen der Unverhältnismäßigkeitsprüfung des § 22 a Abs. 3 wird das Gericht aber regelmäßig auf ein Sachverständigengutachten angewiesen sein. Dieses kann in wenigen Tagen erstellt werden und führt nur zu einer geringfügigen Verzögerung.