Rn 16
Hinsichtlich des Verstoßes gilt das Wesentlichkeitsprinzip. Nicht jede Nichtbeachtung der Regelungen der §§ 217 ff. führt zu einer Versagung der Bestätigung. Wesentlich ist ein Mangel dann, wenn er Auswirkungen auf die Annahme des Insolvenzplans gehabt haben könnte. Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Mehrheitserfordernis zu. Wesentlichkeit ist auch bei einer Beeinflussung der Willensbildung der Beteiligten anzunehmen. Als wesentlich wird ferner das Unterlassen einer notwendigen öffentlichen Bekanntmachung, hier des Erörterungs- und Abstimmungstermins (§ 235 Abs. 2 Satz 1), sowie eine unterbliebene Auslage des Insolvenzplans nebst seiner Anlagen auf der Geschäftsstelle (§ 234), einzustufen sein. Ebenso ist der Verstoß gegen § 222 Abs. 1 Nr. 1 und das Verbot der Bildung von Mischgruppen für sich genommen wegen der Abweichung von zwingenden Regelungen über das Abstimmungsverfahren (§ 243) als wesentlicher Mangel anzusehen. Ferner sind wesentliche Verfahrensvorschriften, deren Nichteinhaltung zu einer zwingenden Verwerfung des Plans führen, das Recht zur Planvorlage (§ 218), die gerichtliche Pflicht zur Zurückweisung des Plans (§ 231), die Zuleitung des Planentwurfs zur Stellungnahme (§ 232), das Verbot, den Erörterungs- und Abstimmungstermin vor dem Prüfungstermin stattfinden zu lassen (§ 236) und die gesonderte Abstimmung in Gruppen (§ 243). Angesichts einer gerichtlich veranlassten Festlegung der Stimmrechte können wesentliche Verfahrensfehler gemäß § 237, § 77 Abs. 2 Satz 2 gegeben sein, soweit durch diese das Abstimmungsergebnis beeinflusst worden ist. Dabei ist zu bedenken, dass jene Entscheidung über das Stimmrecht nicht im Wege der sofortigen Beschwerde angegriffen werden kann, da mit einer Änderung der Entscheidung ausschließlich das Insolvenzgericht zu befassen ist (§ 237, § 77 Abs. 2 Satz 3).
Stellt beispielsweise der Antragsberechtigte vor der gerichtlichen Bestätigung des Plans einen überarbeiteten Entwurf zur Abstimmung, der aus seiner Sicht dem bisherigen Diskussionsstand besser Rechnung trägt, so dass das rechtliche Gehör aller Beteiligten gewahrt ist, und sieht das Gericht keine Veranlassung, den neuen Plan nach § 231 von Amts wegen zurückzuweisen, liegt kein Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften i.S.d. § 250 Nr. 1 vor, wenn über diesen neuen Plan abgestimmt wird.
Rn 17
§ 250 nimmt in seinem Wortlaut nur Bezug auf die direkt den Insolvenzplan betreffenden Normen, so dass sich die Frage stellt, ob eine Bestätigung auch dann zu versagen ist, wenn sonstige verfahrensrechtliche Vorschriften nicht eingehalten worden sind, wie z.B. mangelnde Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses (§ 30 Abs. 1 Satz 1) oder nicht ausreichende Größe des Saales, in dem das Gericht den Erörterungs- und Abstimmungstermin durchführt, und damit kein ausreichender Platz für alle Insolvenzgläubiger. Im Ergebnis ist die Frage zu bejahen. Die Vorschriften des Insolvenzplans stehen nicht isoliert im Raum, sondern sind Teil des gesamten Insolvenzverfahrens, so dass eine Bestätigung des Plans a priori ausscheidet, wenn nicht nur die speziellen Planvorschriften, sondern schon die allgemeinen Verfahrensvorschriften verletzt sind.
Rn 18
Keine Versagung der Bestätigung ergibt sich dagegen aus der Verletzung von Vorschriften über die Einstellung der Zwangsvollstreckung, über die Auswahl des Insolvenzverwalters (§§ 56 ff.) oder die Bekanntmachung und registermäßige Bekanntgabe von Verfügungsbeschränkungen. Insoweit liegt jeweils lediglich ein unwesentlicher Mangel vor, der keine Auswirkung auf die Annahme des Insolvenzplanes gehabt haben kann.
Rn 19
Diskutiert wird, ob die Pflicht zur Versagung der Bestätigung bei einem wesentlichen Verfahrensfehler auch dann besteht, wenn der wesentliche Verfahrensmangel ausschließlich durch das Insolvenzgericht selbst verursacht wurde. Auch in diesem Fall ist zunächst zu prüfen, ob der Mangel behoben werden kann (Rdn. 16). Denkbar ist, dass das Gericht von Amts wegen auf Kosten der Staatskasse einen neuen Termin ansetzt. Sollte dadurch der Mangel nicht geheilt werden können, spricht gegen die Fortführung des Verfahrens aber der Gesetzeswortlaut ("ist zu versagen"). Das Gericht ist allerdings bei einer Verwerfung befugt, ein erneutes Planverfahren wesentlich zu kürzen, insbesondere auf bereits getroffene Entscheidungen Bezug zu nehmen und auf einen erneuten Prüfungstermin sowie Stimmrechtsfestsetzung zu verzichten. Beschränkt sich der Verfahrensfehler dagegen auf das Abstimmungsverfahren, wie etwa eine bloß fehlerhafte Protokollierung des Abstimmungsergebnisses, die zu Unsicherheiten über das tatsächliche Ergebnis führt, wäre ein erneutes verkürztes Planverfahren bloße Förmelei.