Dr. Lucas F. Flöther, André Wehner
2.1 Die Jahresfrist (Abs. 1)
Rn 2
Meldet ein Insolvenzgläubiger seine Forderung im Insolvenzplanverfahren nicht bis zum Abstimmungstermin an, verjährt diese Forderung innerhalb einer Frist von einem Jahr. Der Gesetzgeber stellt in der Gesetzesbegründung ausdrücklich klar, dass sämtliche Forderungen von der kurzen Jahresfrist des § 259b Abs. 1 erfasst werden sollen – insbesondere auch titulierte Forderungen, die nach den allgemeinen Verjährungsregeln gemäß §§ 197, 199 Abs. 2 BGB der dreißigjährigen Verjährung unterliegen. Insoweit regelt § 259b als lex specialis einen Anwendungsvorrang, der die allgemeinen Verjährungsregeln überlagert.
Rn 3
Da dem Plangestalter im Falle einer Nichtanmeldung von Forderungen bis zum Abschluss des Abstimmungstermins die Möglichkeit entzogen wird, diese in der Finanzplanung entsprechend zu berücksichtigen, kann eine nachträgliche Geltendmachung, wie beschrieben, im Zweifel nicht unerhebliche Gefahren für die Sanierung des Unternehmens begründen. Die Verjährungsfrist vermag die Sanierungsgefährdung zwar nicht gänzlich zu beseitigen, da sie eine nachträgliche Geltendmachung nicht ausschließt. Sie versetzt den Insolvenzschuldner jedoch in die Lage, sich innerhalb eines angemessenen Zeitfensters Kenntnis darüber zu verschaffen, welche Ansprüche ihm aus der Zeit vor dem Insolvenzplanverfahren entgegengehalten werden können.
Rn 4
Der Anwendungsbereich der Regelung erstreckt sich nach seinem Wortlaut grundsätzlich auf sämtliche nicht bis zum Abschluss des Abstimmungstermins angemeldeten Forderungen. Diskutiert werden allerdings folgende Ausnahmen: Das betrifft einmal Ansprüche, die bei der Planerstellung bekannt und infolgedessen berücksichtigungspflichtig gewesen wären. Auch diese Forderungen werden nach dem Wortlaut erfasst. Ein entsprechend weitreichendes Verständnis ist jedoch vom Schutzzweck der Norm nicht gedeckt – dem Normgeber kam es insoweit gerade darauf an, denjenigen Gefahren zu entgegnen, die sich aus einer verspäteten Forderungsanmeldung für die Planziele ergeben. Sind dem Plangestalter die Ansprüche trotz unterbliebener Anmeldung bekannt, unterliegen sie der Regelung in § 229 Satz 3. Sie sind zwingend zu berücksichtigen. Damit unterscheidet sich die Interessenlage gerade von derjenigen, die die §§ 259a, 259b schützen soll. Es sprechen damit gewichtige Gründe dafür, die vorbezeichneten Fallgestaltungen im Wege teleologischer Reduktion vom Anwendungsbereich der Norm auszuschließen. Überdies werden mangels entsprechender Einschränkung grundsätzlich auch die Fälle unverschuldet versäumter Forderungsanmeldung erfasst. Gedacht sei beispielsweise an Situationen, in denen die Forderung zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung lediglich dem Grunde nach besteht. Erfolgt der tatsächliche Schadenseintritt nach dem Abschluss des Verfahrens, kann sich ergeben, dass eine rechtzeitige Schadensanmeldung für den Insolvenzgläubiger nahezu ausgeschlossen ist, die Höhe der Forderungen – vor allem im Rahmen von Produkthaftungsfällen – aber geeignet ist, die Sanierung zu gefährden, weil sie im Zeitpunkt der Planaufstellung schlechthin nicht abschätzbar waren. Auch insoweit ist im Wege telelogischer Reduktion und mit Blick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie der Regelungsbereich weiter auf diejenigen Insolvenzgläubiger zu beschränken, die bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt ihre Stellung als Forderungsberechtigte hätten erkennen können.