Dr. Jürgen Spliedt, Dr. Alexander Fridgen
Rn 6
Voraussetzung für die Erhaltung der Frist zur Vorbereitung einer Sanierung nach § 270b ist außerdem, dass der Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt wurde. Nicht erheblich ist danach zunächst, ob nach dem Eröffnungsantrag Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist oder ob diese schon planmäßig vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintreten wird. Die eingetretene Zahlungsunfähigkeit ist nämlich auch kein zwingender Grund, das einmal angeordnete Schutzschirmverfahren nach § 270b Abs. 4 aufzuheben. Stellt der Schuldner den Antrag auf Anordnung des Schutzschirms also erst – ggf. mehrere Tage – nach dem Eröffnungsantrag und nach dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung, ist für die Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem der Schuldner einen eigenen Eröffnungsantrag gestellt hat.
Rn 7
Das Gesetz schränkt die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18) bzw. der Überschuldung (§ 19) nicht auf offensichtlich bekannte Tatsachen ein, so dass das Gericht nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 5 grundsätzlich den Schuldner zur Erklärung über bestimmte Tatsachen auffordern kann. Einen Sachverständigen oder einen vorläufigen Insolvenzverwalter kann das Gericht bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 270b nach dem ausdrücklich hierzu geäußerten Willen des Gesetzgebers jedoch nicht bestellen. Soll dies keine große zeitliche Verzögerung verursachen, muss der Schuldner bei Antragstellung bereits entsprechend aufbereitete Unterlagen vorlegen. Die Angaben werden sich auch aus der von einer geeigneten Person vorzulegenden Bescheinigung ergeben.
Rn 8
Das Vorliegen der Voraussetzungen ist jedoch in zwei Richtungen sorgfältig zu prüfen. Einerseits schließt eine bereits bei Stellung des Eröffnungsantrages vorliegende Zahlungsunfähigkeit (§ 17) die Anordnung des Schutzschirms aus. Andererseits besteht auch eine gewisse Missbrauchsgefahr bezüglich des Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahrens, insbesondere im Hinblick auf die Regelungen der §§ 103 bis 128. Es ist daher sicher zu stellen, dass eine drohende Zahlungsunfähigkeit tatsächlich vorliegt und nicht nur vorgeschoben wird. Gerade die Möglichkeit der Eigenverwaltung mit dem vorgeschalteten Schutzschirmverfahren, das dem Schuldner selbst in der Unternehmensleitung zu bleiben gestattet, könnte zu dem Versuch verleiten, unternehmerische Entscheidungen unter Ausnutzung der insolvenzrechtlichen Lösungsmöglichkeiten zu treffen – gerade in der Erwartung, auch nach dem Durchlaufen des Insolvenzverfahrens immer noch Inhaber und Leiter des dann sanierten Unternehmens zu sein – ohne dass drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt.