Rn 3
Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200) endet grundsätzlich das Vollstreckungsverbot für die einzelnen Insolvenzgläubiger (§§ 89, 201). Die Insolvenzgläubiger könnten deshalb wieder individuell mit vielseitigsten Vollstreckungsversuchen beginnen und alle anschließenden Bemühungen des Schuldners aus seinen Einkünften die Gläubiger gleichermaßen zu befriedigen, zunichtemachen.
Rn 4
Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung soll deshalb nach rechtskräftigem Abschluss des Insolvenzverfahrens und der Ankündigung der Restschuldbefreiung im sich anschließenden Restschuldbefreiungsverfahren weiterhin gelten. Die Formulierung "Laufzeit der Abtretungserklärung" in § 294 Abs. 1 a. F. wurde als Folgeänderung zur Legaldefinition des Begriffs der "Abtretungsfrist" in § 287 Abs. 2 n. F. in "Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist in § 294 Abs. 1 n. F. abgeändert". § 201 Abs. 3 schränkt deshalb im Rahmen der besonderen Vorschriften der §§ 286 ff. die gemäß § 201 Abs. 1, 2 an sich wieder unbeschränkten Rechte für einen weiteren Zeitraum ein. So gilt auch das im Rahmen des Insolvenzverfahrens als Gesamtvollstreckungsverfahren geltende Verbot der Einzelzwangsvollstreckung (§ 89) während der Wohlverhaltensperiode fort. Einzelne Insolvenzgläubiger (§ 38) dürfen deshalb Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht durchführen. Auch soll ein nicht gemäß § 287 Abs. 2 abgetretener oder sonstiger Neuerwerb des Schuldners dem Zugriff der Insolvenzgläubiger entzogen sein.
Rn 5
Das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 gilt allerdings nur für "Altgläubiger". Die Vollstreckungsmöglichkeiten von "Neugläubigern", Massegläubigern, Aussonderungsberechtigten und Absonderungsberechtigten im Falle der Immobiliarsicherung werden aber durch die im Insolvenzverfahren vorgenommene Vermögensverwertung und die Abtretung stark eingeschränkt. Aus Titeln, die von Unterhaltsberechtigten vor Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsschuldners erwirkt worden sind, kann nach der Insolvenzeröffnung die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsrückständen aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung nicht mehr betrieben werden (§ 89 Abs. 1). Gemäß § 304 Abs. 1 Satz 1 gilt auch § 114 Abs. 3 Satz 1, so dass Sicherungen bzw. Lohnpfändungen auch künftiger Forderungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch wirksam bleiben. Wenn dem Schuldner des Verbraucherinsolvenzverfahrens Restschuldbefreiung nach § 291 angekündigt wurde, kann auch in der Wohlverhaltensphase die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsrückständen aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung nicht betrieben werden. Dem steht ebenfalls das Vollstreckungsverbot des § 294 entgegen. Unterhaltsansprüche, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, geben dem Unterhaltsberechtigten die Berechtigung in den bevorrechtigt pfändbaren und nicht von der Abtretung erfassten Teil des Arbeitseinkommens des Schuldners zu vollstrecken (§ 850d ZPO).
Rn 6
§ 294 enthält keine ausdrückliche Regelung zur Behandlung von Verstößen gegen das Vollstreckungsverbot. In entsprechender Anwendung des § 89 Abs. 3 hat jeder Insolvenzgläubiger und der Treuhänder die Möglichkeit eine Erinnerung gegen die Zwangsvollstreckungsmaßnahme gemäß § 766 ZPO einzulegen. Zur Entscheidung über die Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung (§ 766 ZPO) ist ebenfalls entsprechend § 89 Abs. 3 das Insolvenzgericht zuständig. w Es besteht kein Anlass in diesem Verfahrensabschnitt anders als im vorangegangenen Verfahrensabschnitt des eröffneten Verfahrens die Entscheidungen über Einwendungen dem weniger sachnahen Vollstreckungsgericht zuzuweisen.
Rn 7
Sofern in die gemäß § 287 Abs. 2 abgetretenen Forderungen im Wege der Einzelzwangsvollstreckung vollstreckt wird, steht dem Treuhänder als Abtretungsempfänger die Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO zu.
Rn 8
Das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung endet gemäß § 294 Abs. 1 mit dem Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung und der gerichtlichen Entscheidung gemäß § 300 Abs. 1, ebenso mit der vorzeitigen Aufhebung des Restschuldbefreiungsverfahrens (§ 299) oder mit der Versagung der Restschuldbefreiung (§ 300 Abs. 1, 2). Zu beachten ist hierbei, dass eine Vollstreckung nur aus Ansprüchen zulässig ist, die nicht von einer Erteilung der Restschuldbefreiung erfasst wurden.