Gesetzestext

 

Maßnahmen der Zwangsvollstreckung in den Nachlaß, die nach dem Eintritt des Erbfalls erfolgt sind, gewähren kein Recht zur abgesonderten Befriedigung.

Bisherige gesetzliche Regelungen

 

§ 221 KO [Zwangsvollstreckung nach Erbfall]

(1) Auf Grund einer nach dem Eintritte des Erbfalls gegen den Nachlaß erfolgten Maßregel der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung kann abgesonderte Befriedigung nicht verlangt werden.

(2) Eine nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der einstweiligen Verfügung erlangte Vormerkung ist unwirksam.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift entspricht § 221 KO zum bisherigen Recht und dehnt den Anwendungsbereich der §§ 88, 89 aus.

 

Rn 2

Zweck des Nachlassinsolvenzverfahrens ist zum einen die auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückbezogene Trennung des Nachlasses vom sonstigen Vermögen des Erben sowie die Beschränkung der Haftung des Erben auf den Bestand des Nachlasses.

 

Rn 3

Im Rahmen des Nachlassinsolvenzverfahrens soll soweit als möglich derjenige Zustand wieder hergestellt werden, der im Zeitpunkt des Erbfalls bestanden hat.

 

Rn 4

Soweit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach dem Erbfall in den Nachlass erfolgt sind, gewähren sie zugunsten des vollstreckenden Gläubigers kein Absonderungsrecht. Insoweit wird der Sonderungsfunktion des Nachlassinsolvenzverfahrens Rechnung getragen, sofern die Zwangsvollstreckung durch einen persönlichen Gläubiger des Erben erfolgt ist, zum anderen wird für die Nachlassgläubiger der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung (par condicio creditorum) gewährleistet.[1]

[1] Kuhn/Uhlenbruck, KO § 221 Rn. 1.

2. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung

 

Rn 5

Maßnahmen der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 321 sind nur solche, die zu einer Sicherung des Gläubigers geführt haben. Ist ein Gläubiger bereits aufgrund der Zwangsvollstreckungsmaßnahme befriedigt worden, findet § 321 keine Anwendung mehr.

 

Rn 6

Das durch Zwangsvollstreckung erwirkte Pfändungspfandrecht gewährt keinen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung gemäß §§ 49, 50.

 

Rn 7

Für eine abgesonderte Befriedigung ist indes kein Raum mehr, sofern die Forderung des Gläubigers bereits vor Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens erfüllt worden ist. Zwangsvollstreckungsmaßnahme ist damit nur eine solche, die vollstreckungsrechtlich noch nicht beendet ist.

 

Rn 8

Die vor Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens erfolgte Befriedigung des Gläubigers ist möglicherweise anfechtbar nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 129 ff.[2]

 

Rn 9

Erfolgte die Befriedigung eines persönlichen Gläubigers des Erben, so ist dieser nach Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens verpflichtet, das im Rahmen der Zwangsvollstreckung Erlangte nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung gemäß §§ 812 ff. BGB herauszugeben.[3]

 

Rn 10

Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sind Pfändungen, Anordnung der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung, Eintragung einer Zwangs- bzw. Arresthypothek, eine nach dem Erbfall durch einstweilige Verfügung erwirkte Vormerkung sowie auch Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts.

[2] Kritisch insoweit Häsemeyer, Rn. 33.05.
[3] Kuhn/Uhlenbruck, KO § 221 Rn. 2 m.w.N.

3. Wirkung

 

Rn 11

Nach dem Wortlaut der Vorschrift hat § 321 lediglich eine verfahrensrechtliche Wirkung: Der Gläubiger kann keine abgesonderte Befriedigung im Rahmen des Insolvenzverfahrens beanspruchen.

 

Rn 12

Im Ergebnis hat die Vorschrift jedoch auch einen materiell-rechtlichen Gehalt, da die Vollstreckungsmaßnahmen während des Nachlassinsolvenzverfahrens gegenüber der Insolvenzmasse relativ unwirksam sind.

 

Rn 13

Der Nachlassinsolvenzverwalter ist daher befugt, den gepfändeten Gegenstand zugunsten der Insolvenzmasse zu verwerten und die Löschung einer nach dem Erbfall im Wege der Zwangsvollstreckung eingetragenen Hypothek oder Vormerkung verlangen.

 

Rn 14

Kommt es während des Nachlassinsolvenzverfahrens zur Freigabe des gepfändeten Gegenstands oder unterbleibt anderweitig die Verwertung, entfallen mit Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens die Beschränkungen der erworbenen Pfandrechte, der Pfändungspfandgläubiger kann auf der Grundlage seiner durch Zwangsvollstreckung erworbenen Rechtsposition gegen den Erben vorgehen, sofern dieser unbeschränkt haftet.

 

Rn 15

§ 321 betrifft nicht Pfandrechte, die aufgrund Gesetz oder aufgrund Rechtsgeschäft bestehen bzw. bestellt worden sind, betroffen sind nur solche Rechte, die im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt wurden.

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