Gesetzestext
Die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf ein Arbeitsverhältnis unterliegen dem Recht, das nach der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6) für das Arbeitsverhältnis maßgebend ist.
1. Anwendbares Recht
Rn 1
§ 337 dient dem Schutz der Arbeitnehmer und enthält eine ähnliche Regelung wie Art. 13 EuInsVO (Art. 10 EuInsVO a. F.). Für Arbeitsverhältnisse gilt in Abweichung von § 335 nicht die lex fori concursus, denn das Arbeitsrecht ist in der Regel mit dem rechtlichen und tatsächlichen Sozialgefüge des Staates eng verbunden, in dem die Arbeit ausgeübt wird. Dementsprechend ist es erforderlich, dass diese Rechtsverhältnisse auch in der Insolvenz nicht aus diesem Gefüge gelöst werden. Daher unterwirft § 337 die Auswirkungen der Insolvenz auf das Arbeitsverhältnis der Rechtsordnung, der das konkrete Arbeitsverhältnis unterliegt. Die Vorschrift verweist in ihrer Neufassung durch Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO in erster Linie auf die von den Parteien des Arbeitsverhältnisses gewählte Rechtsordnung. Diese Verweisung gilt im Zusammenspiel mit Art 8 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO nur für Individualarbeitsverhältnisse. Der Gesetzgeber hat sich schon vor der Neufassung für den Weg einer Verweisung auf das IPR entschieden. Er sah ansonsten die Gefahr, dass weder das Insolvenzstatut noch das Arbeitsstatut, sondern das Recht eines dritten Staates Anwendung finden würde.
Rn 2
§ 337 stellt eine allseitige Kollisionsnorm dar. Er wirkt sowohl für ein eröffnetes ausländisches Hauptinsolvenzverfahren, das seine Wirkungen auf Deutschland erstreckt, als auch umgekehrt für ein eröffnetes inländisches Insolvenzverfahren mit Wirkungen im Ausland.
Rn 3
Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO können die Parteien des Arbeitsverhältnisses das maßgebliche Recht frei wählen.
Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO darf die Rechtswahl der Parteien aber nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, die nach Art. 8 Abs. 2–4 Rom I-VO anwendbar wären. Die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen der in Frage kommenden Rechtsordnungen sind zu vergleichen und die dem Arbeitnehmer günstigere Regelung hat dabei den Vorrang (Günstigkeitsprinzip; auch ein fremdes Arbeitsvertragsstatut kann u. U. das Günstigere sein).
Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO gilt, dass der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates unterliegt, in dem oder anderenfalls von dem aus der Arbeitsnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Bezug genommen wird dabei auf den Ort, von dem aus der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte, die seine Tätigkeit kennzeichnen, seine Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitgeber im Wesentlichen erfüllt (dem sog. Recht des Arbeitsorts, lex loci laboris). Wichtige Kriterien sind dabei Ausgangs- und Endpunkt seiner Tätigkeit und der Lageort der Arbeitsmittel.
Lässt sich das anzuwendende Arbeitsrechtsstatut nach Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO nicht ermitteln, so ist nach Art. 8 Abs. 3 Rom I-VO das Recht des Staates maßgeblich, in dem sich die Niederlassung des Arbeitsgebers befindet, in welcher der jeweilige Arbeitnehmer eingestellt ist.
Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO sieht eine Ausnahme zu Art. 8 Abs. 2 und Abs. 3 Rom I-VO vor, denn diese gelten dann nicht, wenn die Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist. Unter diesen Umständen soll das Arbeitsvertragsstatut dem Recht dieses Staates unterliegen.
Rn 4
Der ausländische Insolvenzverwalter hat grundsätzlich bei einem deutschen schuldnerischen Unternehmen inländisches Insolvenzarbeitsrecht anzuwenden. Für die Beendigung der Arbeitsverhältnisse gelten die deutschen Vorschriften. Entsprechendes gilt für vorzeitige Kündigungen, Lohnherabsetzungen und Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Wer hinsichtlich der Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung im Insolvenzfall einzustehen hat, richtet sich danach, zu welcher Einrichtung der Arbeitgeber Beiträge geleistet hat oder hätte leisten müssen und ob über diesen Arbeitgeber ein deutsches Insolvenzverfahren eröffnet werden konnte.
Rn 5
Bei einer Betriebsveräußerung eines in Deutschland belegenen Betriebes durch einen ausländischen Insolvenzverwalter ist nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO die Schutzvorschrift des § 613 a BGB anzuwenden. Sollte der ausländische Verwalter eine Betriebsänderung vornehmen wollen, so ist ein Interessenausgleich/Sozialplan aufzustellen. Insoweit sind hinsichtlich des Umfangs die §§ 111 ff. BetrVG und die §§ 123 ff. InsO zu beachten. Für die rangmäßige Einordnung der Sozialplanforderungen im ausländischen Insolvenzverfahren ist hingegen die ausländische lex fori concursus maßgeblich.
Rn 6
Die rangmäßige Einordnung, insbesondere eine etwaige Privilegierung der Arbeitnehmeransprüche richte...