3.1 Fälligstellung (§ 41 Abs. 1)
Rn 17
Gegen den Insolvenzschuldner gerichtete Forderungen, die bei Eröffnung des Verfahrens noch nicht fällig sind, werden durch § 41 Abs. 1 fällig gestellt. Diese Fiktion führt zu einer einfachen Handhabung, bewirkt als klare Abgrenzungsregel Rechtssicherheit für die Gläubiger (z. B. für die Feststellung des Stimmrechts) und dient der zügigen Verfahrensabwicklung. Sie gilt nicht gegenüber Dritten (siehe Rn. 5).
Rn 18
Die Inhaltsänderung tritt allerdings nicht schon zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst durch die Eintragung der festgestellten Forderung in die Tabelle ein.
Rn 19
Für die Aufrechnung ist die Anwendung der Vorschrift in § 95 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich ausgeschlossen, so dass im Falle der Aufrechnung die Frage der Fälligkeit nur nach den vertraglichen bzw. nichtinsolvenzrechtlichen Regelungen zu beurteilen ist. Daher kann ein Gläubiger, der gleichzeitig Schuldner ist, nur aufrechnen, wenn – vorausgesetzt, die sonstigen Voraussetzungen liegen überhaupt vor – seine Forderung unabhängig von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig ist.
Rn 20
Soweit Fälligkeit nach § 41 eingetreten ist, bleibt diese auch nach Aufhebung (§ 200) oder im Falle der Einstellung (§§ 207 ff.) des Verfahrens bestehen, wird also nicht wieder rückgängig gemacht.
3.2 Verzinsliche Forderung
Rn 21
Für die Fälle, in denen eine Verzinsung vereinbart wurde und die Zinsen daher Teil des vertraglichen Anspruchs sind (z. B. Darlehen), erfolgt keine Kürzung. Daher kann der Gläubiger den vollen Kapitalbetrag zuzüglich der vereinbarten Zinsen bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Tabelle anmelden. Dieser Grundsatz gilt selbst dann, wenn der vereinbarte Zinssatz nur sehr gering ist. § 41 Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
Rn 22
Für die Zinsen nach der Eröffnung gilt § 39 Abs. 1 Nr. 1.
Rn 23
Soweit ein Agio oder Disagio vertraglich festgelegt ist, ist dennoch allein der vereinbarte nominale Rückzahlungsbetrag zur Tabelle anzumelden. Selbst wenn das vereinbarte Agio bzw. Disagio den Zinssatz beeinflusst hat, ist für die im Rahmen des § 41 vorzunehmende Berechnung allein auf die konkret getroffene Zinsabrede abzustellen.
Rn 24
Beispiel 1 – Verzinsliches Darlehen mit einmaliger Zahlung am Ende der Laufzeit
Eine Bank hat dem Insolvenzschuldner am 01.04.2012 einen Kredit über 10 000 EUR zu einem Zinssatz von 18 % p.a. gewährt. Die Laufzeit beträgt ein Jahr. Nach Ablauf des Jahres sollen Tilgung und Zinsen in einer Summe von 11 800 EUR gezahlt werden. Am 09.10.2012 wird über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet. Bei einem verzinslichen Darlehen wird der Kapitalbetrag zuzüglich der bis zum Tag der Verfahrenseröffnung rechnerisch entstandenen Zinsen fällig gestellt. Dabei gelten für den Lauf des Darlehens die §§ 186 ff. BGB, so dass der erste Tag bei der Berechnung nicht mitgezählt wird, wohl aber der letzte Tag, an dem die Fälligkeit eintritt. Bei tag-genauer Berechnung kann die Bank 10 000 EUR Nominalforderung sowie zusätzlich (gerundet) 941,92 EUR (18 % für die Zeit vom 01.04.– 09.10.2012 = 1 800 × 191/365) als einfache Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden. Daneben kann sie ab der Eröffnung des Verfahrens den vertraglichen Zins von 18 % auf die 10 000 EUR als nachrangige Forderung (§ 39 Abs. 1 Nr. 1) geltend machen.
Rn 25
Beispiel 2 – Verzinsliches Darlehen, Verzinsung und Tilgung durch Ratenzahlung
Eine Bank hat dem Insolvenzschuldner am 01.05.2012 einen Kredit über 10 000 EUR zu einem Zinssatz von 18 % gewährt. Die am 15. eines jeden Monats zu zahlenden Raten von jeweils XX EUR enthalten XX EUR Tilgung und XX EUR Zinszahlung. Die Laufzeit des Kredits endete laut Vertrag am 01.05.2017. Am 04.03.2015 wird über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Bank hat auf den 04.03.2015 den unter Berücksichtigung erhaltener Zahlungen noch offenen Kapitalbetrag zu berechnen, den sie sodann in vollem Umfang zur Tabelle anmelden kann. Sofern per 04.03.2015 Zinsansprüche rückständig sind, können diese ebenfalls angemeldet werden. Zinsen für die Zeit nach Eröffnung des Verfahrens sind wiederum nur als nachrangige Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 zu berücksichtigen.
3.3 Abzinsung unverzinslicher Forderungen (§ 41 Abs. 2)
Rn 26
Ist die Forderung unverzinslich ausgestaltet, würde der Gläubiger durch den Zwischenzins in der Zeit von der Verteilung bis zur eigentlichen Fälligkeit seiner Forderung einen Gewinn erzielen. Um das zu verhindern, ist nach § 41 Abs. 2 als Ausnahme zu § 272 BGB eine Abzinsung in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes vorzunehmen, also 4 % nach § 246 BGB bzw. 5 % nach § 352 HGB. Die Berechnung erfolgt zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung, auch wenn bis zur Verteilung durch den Verwalter oft ein langer Zeitraum von mehreren Jahren liegt. Berechnet wird wie bei §§ 1133, 1217 BGB nach der sog. Hoffmannschen Formel:
Rn 27
Beispiel 1 – Unverzinsliches Dar...