2.1.1 Nicht auf Geld gerichtete Forderungen (§ 45 Satz 1, Alt. 1)
Rn 7
Der Schätzung unterfallen nach § 45 Satz 1, Alt. 1 alle nicht auf Geld gerichteten Insolvenzforderungen. Hierbei handelt es sich um Ansprüche auf eine Leistung, Handlung oder Übereignung von Sachen und Bestellung von Rechten, sofern sie aus dem Vermögen des Schuldners zu erbringen sind. Dazu zählen insbesondere:
- Verschaffungs- und Herausgabeansprüche,
- Ansprüche auf Nachbesserung und Mangelbeseitigung nach §§ 439, 634 ff. BGB,
- Ansprüche auf Trennung wesentlicher Bestandteile,
- Ansprüche auf vertretbare Handlungen (§ 887 ZPO),
- Ansprüche gegen den insolventen Schuldner auf Befreiung von einer Verbindlichkeit, die gegenüber einem Drittgläubiger besteht. Tritt der vom insolventen Schuldner Freizuhaltende diesen Anspruch jedoch an seinen Gläubiger ab, so wird der Freihalteanspruch des Gläubigers zum Zahlungsanspruch des Drittgläubigers gegen den Insolvenzschuldner. Dieser Zahlungsanspruch ist dann seinerseits wieder auf Geld gerichtet. Daher wird die Schätzung solcher Ansprüche regelmäßig die volle Höhe des Anspruchs ergeben, von dem der Insolvenzschuldner seinen Gläubiger freizuhalten hat. Die Quote sollte sodann unmittelbar an den Drittgläubiger ausgekehrt werden.
Rn 8
Obwohl nicht auf Geld gerichtet, wird ein Unterlassungsanspruch nicht kapitalisiert. Hintergrund ist, dass die Vollstreckung regelmäßig nicht die Insolvenzmasse belastet, sondern stattdessen die ersatzweise Ordnungshaft greift, § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Unterlassungsansprüche sind daher nach h.M. keine Insolvenzforderungen im Rang des § 38. Schadensersatzansprüche bei Zuwiderhandlungen vor Verfahrenseröffnung sind dagegen von § 38 und somit auch von § 45 Satz 1, Alt. 2 erfasst.
2.1.2 Unbestimmte Forderungen (§ 45 Satz 1, Alt. 2)
Rn 9
Nach § 45 Satz 1, Alt. 2 wird auch jede unbestimmte Forderung geschätzt. Unbestimmt ist ein Geldbetrag, wenn
- die Forderung zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung dem Grunde, aber nicht der Höhe nach feststeht (z. B. Schadensersatzansprüche),
- bei einer Forderung auf wiederkehrende Leistungen Betrag und Dauer der einzelnen Bezüge unbestimmt sind (z. B. Pensions- und Versorgungsansprüche) oder
- hinsichtlich einer unverzinslichen Forderung feststeht, dass sie fällig wird, aber nicht voraussehbar ist, wann die Fälligkeit eintritt (z. B. Fälligkeit bei Tod einer Person); hier ist § 41 Abs. 2 nicht anwendbar, weil gerade der Fälligkeitszeitpunkt ungewiss ist.
2.1.3 Zeitpunkt für die Eingruppierung der Forderung
Rn 10
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Zugehörigkeit einer Forderung in den Kreis der nach § 45 Satz 1 zu schätzenden Forderungen ist die Feststellung zur Tabelle. Daher spielt es keine Rolle, ob die Forderung zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch unbestimmt oder nicht auf Geld gerichtet war.
Rn 11
Schwierigkeiten können sich daraus ergeben, dass für die Frage nach der Einbeziehung einer Forderung ein späterer Zeitpunkt gewählt wurde als für die (nachgeschaltete) Frage nach der jeweiligen Anspruchshöhe (dazu Rn. 12). Jedenfalls dürfen beide Aspekte nicht miteinander vermischt werden, so dass es an dieser Stelle allein auf den späteren Zeitpunkt ankommt und somit "nachträgliche" Entwicklungen in der Zeit von der Eröffnung bis zur Feststellung der Forderung zu berücksichtigen sind.