Rn 6

Hat die Gläubigerversammlung ihr gesetzlich verbrieftes Wahlrecht als Ausdruck der Gläubigerautonomie ausgeübt, steht dem Insolvenzgericht ausnahmsweise das Recht und die Kontrollbefugnis zu, die Bestellung des neu gewählten Verwalters zu versagen.

Zweifelhaft ist hier zunächst, wer funktionell beim Insolvenzgericht für eine solche formal wirksame Versagung zuständig ist. Hierbei wird man zunächst von der allgemeinen Zuständigkeit des in diesem Stadium tätigen Rechtspflegers gemäß § 18 RPflG ausgehen können.[16] Gleichwohl kann man dem entgegenhalten, dass diese Versagung zugleich eine Entscheidung über die Ernennung des Verwalters ist, welche aber nach den insoweit eindeutigen Vorschriften der InsO bzw. der Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 RPflG ausschließlich dem Insolvenzrichter zusteht.[17] Wie bei der formalen Bestellung des durch die Gläubigerversammlung neu gewählten Verwalters[18] ist auch für die Versagungsentscheidung eine funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers nach § 18 Abs. 1 RPflG anzunehmen, da die Zuständigkeit des Insolvenzrichters mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Bestellung des ersten Insolvenzverwalters in zeitlicher Hinsicht endet.[19] Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Richter diesen Teil des Insolvenzverfahrens gemäß § 18 Abs. 2 RPflG vorbehalten hat.[20]

 

Rn 7

Noch zur alten Konkursordnung wurde die Auffassung vertreten, dass nach Ablehnung des von der Gläubigerversammlung gewählten neuen Insolvenzverwalters durch das Gericht den Gläubigern weder in der noch laufenden Versammlung noch später ein erneutes Wahlrecht zustehe.[21] Demgegenüber wird vereinzelt zur InsO vertreten, dass das in § 57 normierte Wahlrecht nach Versagung der Bestellung durch das Insolvenzgericht nicht verwirkt sei und so lange ausgeübt werden könne, bis keine Versagung durch das Gericht mehr stattfinde.[22] Dies wird begründet mit dem Selbstbestimmungsrecht der Gläubiger und dem Reformanliegen einer Stärkung der Gläubigerautonomie. Gleichzeitig soll nach dieser Auffassung verhindert werden, dass das Gericht die Abwicklungspolitik über die Bestimmung des Verwalters steuert. Zudem wird für diesen Fall drohend das Instrument der Staatshaftung erwähnt. Diese Auffassung verengt den Blickwinkel zu sehr auf die Gläubigerautonomie und lässt ein anderes, im Gesetzgebungsverfahren ebenso wesentliches Verfahrensziel einer effektiven Verfahrensabwicklung außer Acht. Nach der zuletzt zitierten Auffassung wäre es der Gläubigerversammlung sowohl im Termin als auch nach rechtskräftiger Bestätigung der gerichtlichen Versagung durch das Beschwerdegericht möglich, immer wieder neu den Versuch der Wahl eines ungeeigneten oder nicht im erforderlichen Maße unabhängigen Verwalters zu versuchen. Das Gericht wäre gerade unter Amtshaftungsgesichtspunkten dann gezwungen, jedes Mal wieder die Bestellung des Gewählten zu versagen mit dem sich daran anschließenden Beschwerdeverfahren. Man kann sich sehr gut vorstellen, zu welchem wirtschaftlichen Ergebnis dieses Insolvenzverfahren am Ende führen wird.

Die zugegebenermaßen notwendige Stärkung der Gläubigerautonomie muss in einem ausgewogenen Verhältnis zu einer effektiven Verfahrensabwicklung stehen. Damit vereinbart sich die Möglichkeit für die Gläubigerversammlung im ersten Termin nach der vorläufigen Bestellung des Insolvenzverwalters durch das Gericht sein Wahlrecht konstruktiv und vor allem mit Verantwortung für das Verfahren auszuüben. In diesen Fällen wird es dann auch nicht zu einer Versagung durch das Gericht kommen. Wird dagegen bewusst durch eine Gläubigergruppe oder einen Großgläubiger Verfahrensobstruktion betrieben, so sollte dies nicht durch extensive Überbetonung der Gläubigerautonomie und der damit verbundenen Auslegung des § 57 gefördert werden. Im Übrigen zeigt die praktische Erfahrung, dass die sinnvolle und verfahrensfördernde Neuwahl eines Verwalters zuvor mit dem Insolvenzgericht erörtert wird, um sowohl während als auch nach der Gläubigerversammlung unliebsame Überraschungen und zeit- sowie kostenintensive Beschwerdeverfahren zu vermeiden. Führen die mit Mehrheitsstimmrechten ausgestatteten Gläubiger keine bloße Obstruktion im Schilde, benötigen sie nicht den mit der unerwarteten Abwahl des bisherigen Verwalters in der Gläubigerversammlung verbundenen Überraschungseffekt. Vielmehr kann man sich zuvor in einem offenen Gespräch den Argumenten für und wider die Abwahl bzw. Beibehaltung des bisherigen Verwalters stellen und so bereits im Vorfeld die Haltung des Gerichts in Erfahrung bringen. Gehen verantwortungsbewusste Haupt- oder Großgläubiger auf diese Weise vor, werden sich meist Erwägungen über die mehrfache Ausübung des in dieser Vorschrift niedergelegten Wahlrechts erübrigen.

 

Rn 8

Als Voraussetzung für die gerichtliche Versagung der Bestellung normiert § 57 nunmehr ausdrücklich die Voraussetzung, dass der Gewählte für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Dabei verwendet der Gesetzestext die an sich eindeutige Einschränkung "nur versagen". Man ...

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