Rn 2
Wie schon nach bisherigem Recht, wird auch im Geltungsbereich der InsO die Entlassung eines zunächst gerichtlich bestellten Verwalters als ultima ratio in relativ wenigen Fällen in Betracht kommen oder erfolgen. Die relativ geringe Anzahl der bisher bekannt gewordenen Entlassungsfälle mag darin begründet sein, dass sich bei den meisten Insolvenzgerichten ein überschaubarer Kreis qualifizierter und zuverlässiger Verwalter herausgebildet hat. Andererseits erschwert die Komplexität der qualifizierten Abwicklung eines modernen Insolvenzverfahrens allen übrigen Verfahrensbeteiligten schon die Erkennbarkeit und Nachweisbarkeit von Pflichtverletzungen des Verwalters, soweit diese nicht derart grob sind, dass die dadurch verursachten Nachteile für die Gläubiger im Verfahren überdeutlich zutage treten. Vor allem die vielfältigen Anforderungen nach der jetzt geltenden Insolvenzordnung werden in zunehmendem Maße dazu führen, dass nur noch professionelle Verwalter bei Insolvenzabwicklungen tätig werden. Bei diesem Verwaltertypus stellt die kontinuierliche Abwicklung von Insolvenzverfahren die wesentliche Erwerbsgrundlage dar, so dass ein solcher Verwalter schon aus diesem Grund alles daransetzen wird, bei seiner Tätigkeit das Entstehen eines wichtigen Grundes und eine daraus resultierende Entlassung zu vermeiden. Dies kann im Einzelfall schon im Vorfeld einer Insolvenz dazu führen, die Übernahme eines Verfahrens abzulehnen, wenn beim Verwalter offensichtlich die dafür erforderliche Qualifikation oder Kapazität nicht vorhanden ist. Auf der anderen Seite hat sich auch gezeigt, dass schon bei der Auswahl des Verwalters meist alle bekannten Umstände berücksichtigt werden, aus denen sich später ein Grund für die Entlassung des Verwalters ergeben könnte. Diese Selbstkontrolle bei Gerichten und Verwaltern wird zukünftig um so mehr funktionieren, als die nach der InsO zusätzlich geschaffenen Verantwortungsbereiche und Verfahrensanforderungen das damit verbundene Haftungsrisiko ins Bewusstsein bringen und damit noch mehr als bisher den reinen Gelegenheitsverwalter von der Verfahrensabwicklung ausschließen werden. Die praktische Bedeutung der Vorschrift wird also auch zukünftig eher gering sein.
2.1 Wichtiger Grund
Rn 3
Schon nach bisherigem Konkursrecht war anerkannt, dass auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung die Entlassung des Konkursverwalters einen wichtigen Grund voraussetzt. Dieses schon bisher in VerglO und GesO enthaltene Tatbestandsmerkmal wurde nunmehr auch ausdrücklich in die InsO aufgenommen. Dagegen hat der Gesetzgeber keine Legaldefinition geliefert oder in Betracht kommende Fälle beispielhaft aufgezählt. Lediglich in der Begründung zum Regierungsentwurf finden sich Kriterien, welche als Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der Reichweite des in der Vorschrift verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffs dienen können. So nennt der Gesetzgeber wiederholte Pflichtverletzungen des Verwalters oder dessen Amtsunfähigkeit infolge einer Krankheit als wichtigen Grund. Weiter werden dort "schwere Pflichtverletzungen", offensichtliche Amtsunfähigkeit sowie die Begünstigung bestimmter Gläubiger genannt. Daraus ist zu entnehmen, dass für die Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "wichtiger Grund" auf die schon für das bisherige Insolvenzrecht von Rechtsprechung und Literatur entwickelte Kasuistik zurückgegriffen werden kann. Die InsO liefert selbst Kriterien zur Ausfüllung des Begriffs, da § 56 Abs. 1 ausdrücklich voraussetzt, dass der Insolvenzverwalter für den Einzelfall geeignet, geschäftskundig und von Gläubigern und dem Schuldner unabhängig sein muss. Erfüllt der Verwalter also eine dieser Voraussetzungen nicht, so kann sich schon daraus das Vorliegen eines wichtigen Grundes ergeben.
Rn 4
In Betracht kommen also schwerwiegende oder wiederholte Pflichtverletzungen, wie beispielsweise die Verwirklichung von Straftaten durch den Verwalter (Untreue, Unterschlagung, Betrug, Vorteilsgewährung oder Bestechung etc.). In diesen Bereich wird auch der Fall anzusiedeln sein, dass ein Verwalter Fremdgelder nicht ordnungsgemäß getrennt von seinem sonstigen Vermögen verwaltet. Bei solchen gegen die Masse gerichteten Straftaten wird man auch von dem sonst zu beachtenden Erfordernis abrücken müssen, wonach die Pflichtverletzung bzw. der wichtige Grund zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen sein müssen. Mit Rücksicht auf die für alle Beteiligten drohenden Risiken und den vom Verfahren oft betroffenen erheblichen Vermögenswerten dürfte es unverhältnismäßig sein, mit der Entlassung eines Verwalters zuzuwarten, bis ggf. in einem langwierigen Ermittlungsverfahren die gegenüber dem Verwalter erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe geklärt sind...