Dr. Jürgen Blersch, Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 16
Auf einige prozessuale Wirkungen wurde bereits oben (bei Rn. 5) hingewiesen. Ergänzend ist hier zu bemerken: Da weder die Haftungserstreckung nach § 128 HGB noch der Übergang der Einziehungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter etwas an der Rechtsnatur der geltend gemachten Forderung ändert, wird hierdurch auch die Zulässigkeit des Rechtswegs oder die Zuständigkeit des Gerichts nicht beeinflusst. Für Klagen aus einem Arbeitsverhältnis bleibt es also bei der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen, auch wenn die Klage nach § 93 von einem Insolvenzverwalter erhoben wird und gegen einen nach § 128 HGB haftenden Gesellschafter gerichtet ist (vgl. auch § 3 ArbGG).
Das Gesetz regelt nicht das Schicksal etwaiger zwischen Gesellschaftsgläubigern und Gesellschaftern bei Verfahrenseröffnung bereits anhängiger Rechtsstreitigkeiten über die persönliche Haftung. Mit dem vom Gesetzgeber mittels des § 93 verfolgten Zweck einer Gesamtliquidation der Gläubigeransprüche ist es unvereinbar, die einzelnen Gläubiger die Prozesse als Prozessstandschafter nach oder analog § 265 Abs. 2 ZPO fortführen zu lassen. Vielmehr muss der Insolvenzverwalter die Möglichkeit haben, die Prozesse zu übernehmen, da diese gerade wegen § 93 mit Verfahrenseröffnung die Insolvenzmasse betreffen. Um dem Verwalter Zeit für eine sachgerechte Entscheidung über die Fortführung eines anhängigen Prozesses zu geben, ist dessen Unterbrechung geboten. Zur Begründung dieser Unterbrechung ist eine Analogie zu § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG das ansprechendste Instrument, da diese Vorschrift – anders als § 240 ZPO, dessen analoge Anwendung im Schrifttum früher favorisiert wurde – wie § 93 einen Fall betrifft, in dem das Insolvenzverfahren nicht über das Vermögen einer der Prozessparteien, sondern über das Vermögen eines Dritten eröffnet worden ist, für dessen Verbindlichkeiten der Beklagte haftet. Bei einer Aufnahme des Rechtsstreits muss der Verwalter die Klage auf Zahlung in die Masse umstellen. Er kann sie auch erweitern, um auch die Haftungsansprüche anderer Gesellschaftsgläubiger im selben Rechtsstreit geltend zu machen (§ 17 Abs. 2 AnfG analog). Es besteht aber keine Aufnahmepflicht des Verwalters, sondern nur die Aufnahmemöglichkeit, die sich aus dem Wesen des zugunsten des Insolvenzverwalters bestehenden Einzugsvorbehalts oder aus analoger Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 AnfG ergibt. In der Ablehnung der Aufnahme des Rechtsstreits liegt auch keine Freigabe der betreffenden Forderung durch den Insolvenzverwalter, da zum einen bei Teilnahme des betreffenden Insolvenzgläubigers am Verfahren die Forderung nur Bestandteil des gemeinsamen Inkassoverfahrens, nicht aber der Insolvenzmasse ist und zum anderen – anders als bei einer echten Freigabe – der Forderungsinhaber bei einer Ablehnung der Aufnahme durch den Insolvenzverwalter nicht den Rechtsstreit selbst außerhalb des Insolvenzverfahrens weiterführen kann, sondern der Rechtsstreit analog § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG unterbrochen bleibt und von den ursprünglichen Prozessparteien nur hinsichtlich der Kosten aufgenommen werden kann (§ 17 Abs. 3 Satz 1 AnfG analog). Analog § 17 Abs. 3 Satz 2 AnfG verliert der Verwalter durch die Ablehnung der Aufnahme des Rechtsstreits nicht das Recht, den Haftungsanspruch des betreffenden Gläubigers durch eine eigene Klage geltend zu machen. Damit kann er vermeiden, dass sich mögliche Prozessfehler des Gläubigers zulasten der Gesamtheit der Gesellschaftsgläubiger auswirken.
Rn 17
Für die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Inkassoverfahrens nach § 93 gelten zunächst die allgemeinen Grundsätze; der Haftungsschuldner hat für diese Kosten also im Fall und im Umfang seines Unterliegens einzustehen (§§ 91, 92 ZPO). Diese Einstandspflicht umfasst aber nicht die im Insolvenzverfahren für den Forderungseinzug entstehenden Kosten (Vergütungen der Verfahrensbeteiligten, Gerichtskosten etc.), soweit diese überhaupt abgrenzbar sind. Nach der zwingenden Anordnung in § 54 handelt es sich dabei um Masseverbindlichkeiten. Aufgrund der gesetzgeberischen Zuweisung des Inkassoverfahrens nach § 93 zum Insolvenzverfahren ist es hinzunehmen, dass dadurch u.U. auch Insolvenzgläubiger eine Quotenbeeinträchtigung akzeptieren müssen, die an den Ergebnissen des Forderungseinzuges nicht teilhaben. Diese rechtspolitisch möglicherweise nicht gerechtfertigte Belastung aller Verfahrensbeteiligten mit Kosten für Verwertungshandlungen, die nur einzelnen Gläubigern zugute kommen, ist dem Insolvenzrecht nicht fremd, wie die vergütungsrechtliche Behandlung der Verwertung von Absonderungsgut durch den Insolvenzverwalter beweist. Soweit der Haftungsschuldner die übrigen Kosten für das Verfahren nach § 93 oder gerichtliche und außergerichtliche Kosten wegen (Teil-)Unterliegens des Verwalters in diesem Verfahren nicht zu tragen hat, werden diese zunächst aus den vom Insolvenzverwalter eingezogenen Mitteln gedeckt. Reichen diese Mittel nicht aus, kan...