Dr. Jürgen Blersch, Prof. Dr. Eberhard von Olshausen
Rn 11
Der Regierungsentwurf zum jetzigen § 95 InsO wollte es für die Aufrechnung währungsverschiedener wechselseitiger Forderungen bei der allgemeinen Regelung des § 244 Abs. 1 BGB belassen. Ist danach eine in ausländischer Währung bezifferte Geldschuld im Inland zu zahlen, kann der Schuldner auch in inländischer Währung leisten, wenn nicht ausdrücklich die Zahlung in ausländischer Währung vereinbart wurde. Bei währungsverschiedenen Forderungen wäre also einem Insolvenzgläubiger nach dieser Vorschrift die Aufrechnung nur möglich gewesen, wenn der Insolvenzmasse eine Forderung in ausländischer Währung zugestanden hätte, die im Inland zu erfüllen gewesen wäre. Im umgekehrten Fall wäre eine Aufrechnung nicht möglich gewesen, da in diesem Fall § 244 Abs. 1 BGB nicht einschlägig ist und es deshalb an der Aufrechnungsvoraussetzung der Gleichartigkeit fehlt. Wirtschaftliche Gleichartigkeit reicht dafür nach bisher allgemeiner Auffassung nicht aus. Um eine daraus resultierende Ungleichbehandlung zu vermeiden, wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages der Regierungsentwurf um den jetzigen § 95 Abs. 2 ergänzt, der für das Insolvenzverfahren die Aufrechnung währungsverschiedener Forderungen unter bestimmten Voraussetzungen zuläßt. Damit wird die Aufrechnungsmöglichkeit auf wirtschaftlich gleichartige Forderungen erweitert. Voraussetzung ist allerdings, dass die unterschiedlichen Währungen oder Rechnungseinheiten am Zahlungsort der Hauptforderung, also der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, frei getauscht werden können. Die Bestimmung des Zahlungsorts erfolgt dabei nach den Vorschriften der §§ 270, 269 BGB. Mit dieser Einschränkung soll der Aufrechnungsgegner vor wirtschaftlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Umrechnung der Fremdwährungsforderung zur Herbeiführung einer Verrechnungsmöglichkeit geschützt werden. Die Umrechnung hat in diesem Fall nach dem Kurswert stattzufinden, der für den Zahlungsort der Hauptforderung in dem Zeitpunkt des Zugangs der Aufrechnungserklärung beim Aufrechnungsgegner maßgeblich ist. Dieser Umrechnungsmodus ist an die in § 45 Satz 2 enthaltene Regelung angepasst, da diese nach § 95 Abs. 1 Satz 2 für den Bereich der Aufrechnung nicht gilt.
Rn 12
Entgegen der systematischen Stellung dieser Regelung in § 95 gilt sie nicht nur für die erweiterten Aufrechnungsmöglichkeiten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 95 Abs. 1, sondern für alle Aufrechnungsfälle, da sie die allgemeine Vorschrift des § 244 Abs. 1 BGB erweitert. Sie wäre deshalb systematisch zutreffend zunächst der Vorschrift des § 94 zuzuordnen. Darüber hinaus ist wegen der mit der Regelung in § 95 Abs. 2 verbundenen Erweiterung der allgemeinen Vorschrift des § 244 Abs. 1 BGB fraglich, ob diese erweiterte Aufrechnungsmöglichkeit nur im Insolvenzverfahren gelten oder als allgemeiner Aufrechnungsgrundsatz anwendbar sein soll. Gerade wegen des beabsichtigten Abbaus von insolvenzspezifischen Aufrechnungserleichterungen ist es nicht sinnvoll, den Anwendungsbereich dieser Regelung nur auf die Insolvenz zu beschränken. Es wird sich deshalb bei zukünftiger Rechtsanwendung zeigen, ob sich der in § 95 Abs. 2 niedergelegte Grundsatz auch außerhalb des Insolvenzverfahrens durchsetzt. In diesem Fall dürfte sich eine Änderung des § 244 BGB empfehlen.