Gesetzestext
(1) 1Die zur Durchführung und Beendigung eines Insolvenzverfahrens ergangenen Entscheidungen eines Gerichts, dessen Eröffnungsentscheidung nach Artikel 16 anerkannt wird, sowie ein von einem solchen Gericht bestätigter Vergleich werden ebenfalls ohne weitere Förmlichkeiten anerkannt. 2Diese Entscheidungen werden nach den Artikeln 31 bis 51 (mit Ausnahme von Artikel 34 Absatz 2) des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der durch die Beitrittsübereinkommen zu diesem Übereinkommen geänderten Fassung vollstreckt.
3Unterabsatz 1 gilt auch für Entscheidungen, die unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, auch wenn diese Entscheidungen von einem anderen Gericht getroffen werden.
4Unterabsatz 1 gilt auch für Entscheidungen über Sicherungsmaßnahmen, die nach dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens getroffen werden.
(2) Die Anerkennung und Vollstreckung der anderen als der in Absatz 1 genannten Entscheidungen unterliegen dem Übereinkommen nach Absatz 1, soweit jenes Übereinkommen anwendbar ist.
(3) Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, eine Entscheidung gemäß Absatz 1 anzuerkennen und zu vollstrecken, die eine Einschränkung der persönlichen Freiheit oder des Postgeheimnisses zur Folge hätte.
1. Anerkennung sonstiger Entscheidungen
Rn 1
Art. 17–24 betreffen die Anerkennung der Eröffnungsentscheidung. Art. 25 bestimmt ergänzend, dass auch die sonstigen zur Durchführung und Beendigung des Insolvenzverfahrens ergangenen Entscheidungen ohne weiteres anerkannt werden. Hierunter fällt auch der Insolvenzplan gemäß der §§ 217 ff. InsO.
Rn 2
Ohne weitere Förmlichkeiten werden auch Entscheidungen über Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren des Insolvenzgerichts (in Deutschland z.B. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters) anerkannt (vgl. Art. 25 Abs. 1 Unterabsätze 2, 3).
Rn 3
Anerkannt werden ferner Entscheidungen anderer Gerichte als des Insolvenzgerichts, soweit diese unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens ergehen und mit diesem in einem engen Zusammenhang stehen.
Rn 4
Ein Mitgliedstaat kann die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung nur dann verweigern, wenn dies mit dem Ordre Public des Staates nicht vereinbar ist (Art. 26). Außerdem sind die Mitgliedstaaten gemäß Art. 25 Abs. 3 nicht verpflichtet, Entscheidungen anzuerkennen und gegebenenfalls zu vollstrecken, die eine Einschränkung der persönlichen Freiheit oder des Postgeheimnisses beinhalten. Jeder Mitgliedstaat ist frei zu entscheiden, wie er mit Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet verfährt.
2. Vollstreckung/Exequaturverfahren
Rn 5
Für die Vollstreckung sieht Art. 25 allerdings ein Exequaturverfahren vor, das sich nach den Vorschriften des EuGVÜ (Art. 31–51, mit Ausnahme von Art. 34 Abs. 2, jetzt Art. 38 bis 52 EuGVVO) richtet und deshalb ein gegenüber nationalen Exequatur-Vorschriften vereinfachtes Verfahren darstellt. Das Exequaturverfahren besteht im Wesentlichen in der Erteilung der Vollstreckungsklausel, so dass es somit nur die innerstaatliche Genehmigung darstellt, Vollstreckungsmaßnahmen durchführen zu dürfen. Die Gründe für die Verweigerung der Vollstreckbarerklärung ergeben sich allein aus der Verordnung.
Rn 6
Die Vollstreckung der anzuerkennenden Entscheidungen fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit des Gerichts, in dem die entsprechenden Vermögenswerte belegen sind, also nicht in die Zuständigkeit des eigentlich international zuständigen Insolvenzgerichts.
3. Drittstaaten
Rn 7
Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten als dem Staat des (Haupt-)insolvenzverfahrens ist in der EuInsVO nicht geregelt. Insoweit bleibt abzuwarten, ob es einer förmlichen Anerkennung – ähnlich Art. 15 ff. UNCITRAL-Modellgesetz – bedarf.