Rn 19
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie ein Gericht mit der Vermutungsregel des Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO umgehen soll, d.h. ob ein Gericht von Amts wegen kontrollieren muss, ob die gesetzliche Vermutung mit der tatsächlichen Lage übereinstimmt (Amtsermittlungsgrundsatz). Mit anderen Worten stellt sich die Frage des Verhältnisses zwischen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EuInsVO und mithin das Problem, ob das Gericht stets den COMI ermitteln soll, oder ob es sich auf die gesetzliche Vermutung verlassen kann (echte Vermutungsregel).
Rn 20
Nach überwiegender Ansicht in der Fachliteratur befreit die Vermutungsregel das Gericht nicht von der Pflicht, den COMI von Amts wegen zu ermitteln.[36] Dies führt jedoch dazu, dass die gesetzliche Vermutung zugunsten des satzungsmäßigen Sitzes einen großen Teil ihrer Bedeutung einbüßt.[37] Nichtsdestotrotz greift die Vermutungsregel nur dann ein, wenn nach einer von Amts wegen eingeleiteten Ermittlung des COMI dieser nicht eindeutig festzustellen ist. Eine Widerlegung der Vermutung von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO kann nur nach den Kriterien erfolgen, die der EuGH in seiner Entscheidung in Sachen Eurofood[38], NZI 2006, 360 ff.herausgearbeitet hat: Hiernach kann die Vermutung nur widerlegt werden, sofern objektive und für Dritte feststellbare Elemente belegen, dass in Wirklichkeit die Lage nicht derjenigen entspricht, die die Verortung am satzungsmäßigen Sitz widerspiegeln soll.
Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen