Rn 73
Beim Partikularinsolvenzverfahren stellt sich das Problem der Feststellung der Eröffnungsgründe. Der Eröffnungsgrund wird nach Maßgabe der lex fori concursus beurteilt, denn diese ist grundsätzlich anwendbar (Art. 4 EuInsVO).
Rn 74
Hierbei handelt es sich um eine spezifische Problematik des Partikularinsolvenzverfahrens. Sie stellt sich nicht bei Sekundärinsolvenzverfahren, denn bei ihnen muss ein Insolvenzgrund weder dargelegt noch bewiesen werden, sobald ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet ist.
4.2.1 Zahlungsunfähigkeit
Rn 75
Bei dem Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit wird diskutiert, ob auf einen rein niederlassungsbezogenen Begriff der Zahlungsunfähigkeit abzustellen ist oder ob die Zahlungsunfähigkeit anhand eines weltweiten Maßstabes zu beurteilen sein soll.
Rn 76
Für einen globalen Maßstab spricht, dass der Niederlassung keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt und aus der Hauptniederlassung immer Geld in die Zweigniederlassung transferiert werden kann. Ist nämlich eine Niederlassung in einem anderen Staat noch liquide, dann besteht für den Gläubiger die Möglichkeit, seine Forderungen in diesem Staat vollstrecken zu lassen. Folgt man diesem Gedanken, dann hätte der Gläubiger, der die Eröffnung eines Niederlassungskonkurses beantragt, nachzuweisen, dass der Schuldner global nicht in der Lage ist, seine fälligen Leistungen zu erfüllen. Dieser Nachweis kann bei einem weltweit agierenden Unternehmen von dem Gläubiger kaum erbracht werden bzw. würde umfangreiche Ermittlungen erfordern.
Rn 77
In einem vergleichbaren Fall hat der BGH entschieden, dass lediglich auf das Zahlungsverhalten der Niederlassung in Deutschland, der Hauptniederlassung und allenfalls der Niederlassungen in anderen europäischen Staaten abzustellen sei.
Rn 78
Die Zahlungsunfähigkeit kann aus Praktikabilitätsgesichtspunkten mithin niederlassungsbezogen festgestellt werden. Die Anwendung eines globalen Maßstabes würde zu unbilligen Ergebnissen führen.
4.2.2 Überschuldung
Rn 79
Im Gegensatz dazu muss bei der Überschuldung auf den hinter der Niederlassung stehenden Rechtsträger abgestellt werden. Denn überschuldet kann immer nur der Rechtsträger sein. Eine Überschuldung lässt sich also nur feststellen, wenn weltweit die Aktiva und Passiva in die Betrachtung mit einbezogen werden.
Rn 80
Lediglich die Zahlungsunfähigkeit, nicht aber die Überschuldung, kann niederlassungsbezogen festgestellt werden. Im Hinblick auf die Überschuldung ist ein globaler Maßstab anzuwenden.