Rn 39
Im Falle einer Masseunzulänglichkeit bestand nach überkommenem Recht das Problem, dass nach der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Vergütung des Verwalters eine zeitraumbezogene Aufteilung vorzunehmen war in solche Vergütungsteile, die vor und solche, die nach dem Eintritt oder der Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden waren. Sicherte sich also der Verwalter im Falle einer möglichen Masseunzulänglichkeit nicht rechtzeitig seine bis dahin entstandenen Vergütungsansprüche durch Anforderung eines entsprechenden Vorschusses, musste er sich bei späterer Massearmut mit seinen Vergütungsansprüchen in die Rangfolge des § 60 KO einreihen.
Rn 40
Die damit verbundenen Härten und Unsicherheiten hat das neue Insolvenzrecht beseitigt, da nach § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verfahrenskosten für die gesamte Verfahrensdauer vorrangig vor allen anderen Ansprüchen zu begleichen sind. Nach der Legaldefinition des § 54 Nr. 2 InsO fallen unter diese Verfahrenskosten auch die Vergütungen und Auslagenerstattungsansprüche des vorläufigen Insolvenzverwalters, Insolvenzverwalters bzw. Sachwalters und Treuhänders sowie der Mitglieder des Gläubigerausschusses, und zwar unabhängig davon, ob diese Vergütungsansprüche vor oder nach Eintritt der Masseunzulänglichkeit entstanden sind.
Rn 41
Eine weitere Sicherstellung der Vergütung der Verfahrensbeteiligten ergibt sich durch die mit InsO-Änderungsgesetz für die ab 1.12.2001 eröffneten Verfahren eingeführte Möglichkeit, der natürlichen Person als Insolvenzschuldner die Kosten des gesamten Insolvenzverfahrens einschließlich Restschuldbefreiung zu stunden, soweit ihr freies Vermögen dafür nicht ausreicht. In diesem Fall bestimmt § 63 Abs. 2 InsO, der über entsprechende Verweisungen in Vergütungsvorschriften für die übrigen Verfahrensbeteiligten in Bezug genommen wurde, dass in diesem Fall ein Sekundäranspruch gegen die Staatskasse auf Zahlung der festgesetzten Vergütung und Auslagen entsteht.
Rn 42
Geklärt ist dagegen das Schicksal der Vergütungsansprüche bei nicht ausreichender Vermögensmasse aus dem Insolvenzeröffnungsverfahren ohne Verfahrenskostenstundung. Eine staatliche Ausfallhaftung für die Vergütungsansprüche neben dem Antragsteller und dem Insolvenzschuldner besteht nicht. Bereits nach der Begründung zur InsVV war eine Einstandspflicht des Fiskus nicht gegeben. Dies leitete der Verordnungsgeber zunächst aus der Begründung zu Art. 29 Nr. 8 EGInsO zur Neufassung des § 50 GKG her. Danach sollte der Antragsteller Schuldner der in dem Eröffnungsverfahren entstandenen Auslagen und im Übrigen der Insolvenzschuldner Schuldner der Gebühren und Auslagen sein. Dies hat der Gesetzgeber dann mit dem InsO-Änderungsgesetz (vgl. Fn. 15) durch eine Ergänzung des § 50 Abs. 1 Satz 2 (jetzt § 23 Abs. 1 Satz 2) GKG ausdrücklich klargestellt, nachdem im Hinblick auf die in allen ab 1.12.2001 eröffneten Verfahren mögliche Stundung der Verfahrenskosten wegen des daraus resultierenden Vergütungsanspruchs der Verfahrensbeteiligten gegen die Staatskasse mit Nr. 9018 im Kostenverzeichnis als Anlage zum GKG ein neuer Auslagentatbestand geschaffen wurde. Damit gestand der Gesetzgeber zwar zu, dass auch die Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unter den Begriff der gerichtlichen Auslagen fallen kann, stellte aber gleichzeitig klar, dass für solche Auslagen ausschließlich der Schuldner des Insolvenzverfahrens gegenüber der insoweit vorlagepflichtigen Staatskasse haften soll.
Auch damit ist zwar ausdrücklich nichts über eine eventuelle Einstandspflicht der Staatskasse in den übrigen Fällen gesagt, jedoch kann jetzt überzeugender als zuvor im Umkehrschluss aus dem Auslagentatbestand in KV Nr. 9018 argumentiert werden, dass in allen anderen dort nicht ausdrücklich erfassten Fällen eine Primär- bzw. Sekundärhaftung der Staatskasse ausgeschlossen sein soll. Mit dieser Begründung hat auch der BGH die Ausfallhaftung des Staates für Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters abgelehnt. Dabei setzt sich der BGH auch mit den verfassungsrechtlichen Grenzen eines Vergütungsausfalls bei staatlicher Inanspruchnahme auseinander. Entgegen der Rechtsprechung des BVerfG zur Vergütung der sog. Berufsvormünder sieht es das Gericht als nicht für verfassungsrechtlich geboten an, die Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters in jedem konkreten Einzelfall angemessen zu vergüten. Unter Heranziehung der durch das BVerfG für die Rechtsanwaltsvergütung entwickelten Grundsätze überträgt der BGH die dort zugrunde gelegte sog. Mischkalkulation auch auf die Verwaltervergütung. Er übersieht dabei, dass es sich bei der InsVV um ein offenes, bewegliches Vergütungssystem im Gegensatz zu dem geschlossenen System der Rechtsanwaltsvergütung handelt.
Darüber hinaus verneint der BGH einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff unter Hinweis auf Möglichkeiten zur Risikominimierung nach § 25 Abs. 2 Satz 1 InsO bzw. durch rechtzeitige Entnahme eines Vorschusses. ...