5.1. Grundsatz der eingeschränkten Universalität
Rn 17
Für das autonome deutsche Internationale Insolvenzrecht in §§ 335 ff. gilt, wie auch in der EuInsVO, der Grundsatz der eingeschränkten Universalität. Die Universalität eines Insolvenzverfahrens bedeutet, dass die insolvenzrechtlichen Rechtsfolgen der Eröffnung des Verfahrens über das Vermögenen des Schuldners über die Grenzen des Eröffnungsstaates sich weltweit entfalten. Dabei tritt der Insolvenzbeschlag in allen anderen Staaten ein. Dieses Prinzip gründet auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger (par condicio creditorum) und bewirkt eine Einheit des Insolvenzverfahrens und der Insolvenzmasse. Diese Einheit in Verbindung mit dem Universalitätsprinzip bedeutet, dass die gesamte insolvenzrechtliche Schuldenbereinigung in einem einzigen Verfahren unter Geltung des Insolvenzrechts des Staates der Verfahrenseröffnung erfolgt.
Rn 18
Eingeschränkt wird die Universalität dadurch, dass von ihr eine Ausnahme gemacht wird, um lokale Interessen zu schützen, so dass auf diese Interessen eine territoriale Einschränkung der sonst eintretenden Rechtswirkungen durch die Verfahrenseröffnung in einem anderen Staat erfolgt. Diese Einschränkung erfolgt durch die Möglichkeit der Durchführung von Sekundär- bzw. Partikularinsolvenzverfahren. Bei diesen Verfahren handelt es sich um Insolvenzverfahren, die nur einen Teil des Vermögens des Schuldners umfassen. Die Wirkung des universalen (Haupt-)Insolvenzverfahrens ist nach Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens nicht mehr gegeben. Somit bewirkt das Sekundärinsolvenzverfahren eine territoriale Einschränkung der Rechtswirkungen des Hauptinsolvenzverfahrens, auf die Vermögensgegenstände, die im Eröffnungsstaat des Sekundärinsolvenzverfahrens belegen sind. Anknüpfungspunkt für dieses Verfahren kann bereits neben der Vermögensbelegenheit in einem Staat auch eine dort befindliche Niederlassung des Schuldners sein.
5.2. Anwendbares Recht
Rn 19
Die Frage des anwendbaren Rechts wird durch den allgemeinen anerkannten Grundsatz, es gilt das Insolvenzrecht des Eröffnungsstaates (lex fori concursus), beantwortet. Im deutschen Internationalen Insolvenzrecht ist dieser Grundsatz in § 335 InsO kodifiziert.
5.3. Verfahrensarten
Rn 20
Das autonome Insolvenzrecht kennt verschiedene Arten von Insolvenzverfahren. § 343 spricht von den ausländischen Insolvenzverfahren. Es handelt sich dabei um das Verfahren, das seinem (legislativen) Anspruch nach universelle Wirkungen in anderen Staaten erzeugt. Ein solches Insolvenzverfahren wird als ein Hauptinsolvenzverfahren bezeichnet. § 354 nennt Partikularverfahren und erfasst damit ein, auf den jeweiligen Staat beschränktes Verfahren, wenn eine Niederlassung in diesem Staat (§ 354 Abs. 1) oder, anderenfalls, sonstiges Vermögen in diesem Staat und ein besonderes Interesse der beantragenden Gläubiger (§ 354 Abs. 2) vorliegt. Ein solches Verfahren kann auch zeitlich vor dem Hauptinsolvenzverfahren eröffnet werden. Wird ein auf das Inland beschränktes Verfahren jedoch nach einem Hauptinsolvenzverfahren eröffnet, spricht man von einem Sekundärinsolvenzverfahren (§ 356).