Neben Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie im Finanzsektor und Kryptowährungen, eröffnen sich auch Potenziale die Koordinierung von Personen und Organisationen in einer globalisierten Welt. Die Blockchain-Technologie kann für die Governance eingesetzt werden. Konkret erfolgt dies technisch durch Smart Contracts, die Stimmabgabe und anschließende Exekution von Entscheidungen. Diese Organisationen bezeichnet man als Decentralized Autonomous Organizations (DAOs). In ihrer theoretischen Grundkonzeption handelt es sich bei einer DAO um eine ausschließlich digital existierende Organisation. In einer DAO sind Tokenhalter stimmberechtigt und können abhängig von ihren vorhandenen Tokenanteilen die operativen Geschäfte steuern. Die Einsatzmöglichkeiten von DAO sind inzwischen stark verzweigt. Zahlreiche Anwendungsbeispiele existieren im Bereich der Finanzindustrie.
Das Konzept einer DAO geht auf TheDAO aus dem Jahr 2016 zurück. Bei TheDAO handelte es sich um einen Programmcode – einen Smart Contract – der einen digitalen Rahmen für die Interaktion und Exekution von Entscheidungen bildet. TheDAO verwaltete eine eigene Wallet mit Kryptowährungen (sog. Treasury) und kann mit den vereinnahmten Mitteln bestimmte Projekte nach der Entscheidung der Tokenhalter finanzieren. Mit diesem Vehikel sollte das Crowdfunding und die anschließende Mitbestimmung in dem Projekt gewährleistet werden können. TheDAO verwendete als technische Infrastruktur Ethereum. Das Projekt scheiterte, weil ein Hacker sich eines Teils der eingesammelten Kryptowährungen bemächtigen wollte. Dies führte zur ersten Hard Fork von Ethereum Classic und Ethereum (s. o.).
Seitdem ist das DAO-Ökosystem deutlich gewachsen, z. B. handelt es sich um die DEX Uniswap um eine DAO. DAO müssen inzwischen nicht mehr selbst vollständig programmiert werden, sondern es existieren spezielle Baukästen.
DAO stehen für eine ausschließlich auf der dezentralen Blockchain-Technologie aufsetzende Governance. In der Praxis haben sich jedoch vielfältigste Erscheinungsformen herausgebildet, die zwar den Namen "DAO" tragen, jedoch im Ergebnis nur eine DINO (Decentralized In Name Only) sind. Also eine Marketing-Strategie verfolgen, ohne Ansprüche an Dezentralität und Autonomie im Ansatz zu erfüllen. Diese DAO werden häufig in herkömmliche Rechtsformen (GmbH, Vereine, etc.), sog. Legal Wrapper, eingelegt. Die Einlage einer DAO in einen Legal Wrapper wird aber auch teilweise gewählt, um rechtliche Fragestellungen bzw. Compliance-Herausforderungen zu minimieren.
Handelt es sich um eine echte DAO ist von der juristischen Bewertung ausgehend auf eine Personengesellschaft (im Sinne einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nach §§ 705 ff. BGB) zu schließen. Dies führt zu umfangreichen Haftungsrisiken der Gesellschafter nach § 721 BGB.
Inzwischen haben auf das Bedürfnis zahlreiche Jurisdiktionen reagiert und ihr Gesellschaftsrecht stärker an die Wünsche nach Dezentralität, Autonomie und operativer Mitbestimmung in ihrem jeweiligen Gesellschaftsrecht verankert.
Bei echten DAO ergeben sich zahlreiche rechtliche und steuerrechtliche Herausforderungen. Diese Fragestellungen sind zum einen insbesondere gesellschaftsrechtlicher sowie aufsichtsrechtlicher Natur, zum anderen ergeben sich zahlreiche steuerrechtliche Fragestellungen. Allein die steuerliche Ansässigkeit zu bestimmen, gestaltet sich als Herausforderung, da eine echte DAO keinen Sitz hat, sondern nur virtuell in der Blockchain existiert. Gleichzeitig ist eine Nexusbildung über die Tokenhalter – quasi die Gesellschafter – schwierig, da die Token von den jeweiligen pseudoanonymen Tokenhaltern in deren Wallet gehalten werden. Daneben stehen auch Fragen zur Qualifizierung der Einkunftsarten sowie von Betriebsstätten. Unabhängig von den steuerlichen Fragestellungen ist die lokale Nexusbildung und damit die Definition des jeweiligen anwendbaren nationalen Rechts ein sich durch alle Rechtsgebiete hindurchziehender Aspekt.