Potenziale zur erleichterten Administrierung von Steuern ergeben sich auch bei Transaktionen im Rahmen des Finanzmarkts. Dies umfasst zum einen die Anrechnung von Quellensteuern bei Kapitalerträgen. Die Blockchain-Technologie soll diesen grenzüberschreitenden Prozess erleichtern und damit zu einer besseren Administrierbarkeit für Finanzverwaltungen sowie Steuerpflichtige führen. In einem weiteren Anwendungsfall sollen durch die Tokenisierung von Erstattungsansprüchen der Kapitalertragssteuer Missbrauchsstrukturen wie z. B. bei Cum-Ex adressiert werden.
Werden Kapitalerträge, Dividenden, Zinsen oder sonstige Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, fällt häufig eine Quellensteuer auf ausländische Kapitalerträge an. Aufgrund des Welteinkommensprinzips kann es daher zu einer Doppelbesteuerung im Ansässigkeits- und Quellenstaat kommen. Dies gilt auch umgekehrt, wenn im Ausland ansässige Steuerpflichtige in Deutschland Kapitaleinkünfte erzielen, besteht teilweise die Möglichkeit die Kapitalertragssteuer von der deutschen Finanzverwaltung zu erstatten. Dieser Prozess ist momentan antragsabhängig und erfolgt nicht vollständig automatisiert. Für diesen Prozess eignet sich die Blockchain-Technologie, da sie einen einheitlichen technischen Rahmen von relevanten Informationen bildet. Kapitalerträge werden von den jeweiligen Banken als Transaktionsdaten des Steuerpflichtigen erfasst und können von den jeweiligen Finanzverwaltungen eingesehen werden. Dadurch kann der Prozess der Kapitalsteuererstattung automatisiert und beschleunigt werden.
Der Einsatz der Blockchain-Technologie zur Bekämpfung einer unberechtigten doppelten Erstattung der Kapitalertragssteuer greift diesen Ansatz auf, versucht jedoch Missbrauchskonstellationen und damit Steuerschäden zu verhindern. Die sog. Bekämpfung von missbräuchlichen Verhalten bei der Erstattung der Kapitalertragssteuer ist Bestandteil des aktuellen Koalitionsvertrags aus dem Jahr 2021. Der Koalitionsvertrag verwendet lediglich 3-mal das Wort "Blockchain". Die Blockchain-Technologie könnte laut Koalitionsvertrag herangezogen werden, um die sog. missbräuchlichen Dividendenarbitragengeschäfte zu bekämpfen und damit Steuerschäden zu reduzieren. Mit diesem Ziel ist eine Eignungsstudie entstanden. Die Gestaltungsformen der Steuerhinterziehung bzw. der missbräuchlichen Anträge sind vielfältig und werden teilweise als Cum/Ex oder Cum/Cum bezeichnet. Z. B. wurde beim sog. Cum/Ex-Missbrauchsschema durch die Verschiebung von Aktien mit Dividendenansprüchen die Möglichkeit zur 2-fachen Anrechnung bzw. Erstattung der Kapitalertragssteuer geschaffen. Gemein ist diesen Prozessen ein Informationsdefizit aufseiten der Finanzverwaltung im Bereich des Kapitalertragsteuerprozesses. Die Studie möchte mithilfe eines Blockchain-Netzwerks zum einen das Informationsdefizit der Finanzverwaltungen überbrücken. Zum anderen werden für die Kapitalertragssteuererstattungsansprüche "Pfandmarken-Token" ausgegeben, mit der nur einmal eine Steuererstattung erfolgen kann.