Leitsatz
Zahlungen eines Kreditinstituts in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft aus einem Bonusprogramm für Genossenschaftsmitglieder sind Einkommensverwendungen und damit verdeckte Gewinnausschüttungen an die Genossen, wenn das Programm die Vorteile entgeltunabhängig gewährt.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Sätze 1, 2, § 22 KStG, § 1 Abs. 1 GenG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine als Bank tätige eingetragene Genossenschaft, die ihre banküblichen Geschäfte auch mit Nichtmitgliedern macht. Im Jahre 2004 führte sie ein "Bonusprogramm" für ihre Mitglieder ein. Vor Beginn bzw. während des Geschäftsjahres werden die Kriterien für die Vergabe und Einlösung der Bonuspunkte bekannt gegeben. Der Wert eines Bonuspunkts wird nach Ende des Geschäftsjahres durch Beschluss des Vorstands im Benehmen mit dem Aufsichtsrat (in Kenntnis und unter Berücksichtigung des vorläufigen Geschäftsergebnisses) endgültig festgelegt. Die am Jahresende erworbenen Bonuspunkte werden im Folgejahr eingelöst. Gegenstand des Bonusprogramms sind Geldeingänge, Kundentreue, Einlagen, Kredite, Sparraten, Riester- und Z-Rente (jeweils mit einer bestimmten Wertigkeit).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision gegen das klageabweisende Urteil des FG zurück (FG Nürnberg, Urteil vom 6.11.2012, 1 K 287/11, Haufe-Index 3677046, EFG 2013, 885). Da das Bonusprogramm nicht in allen Komponenten "entgeltbezogen" ausgestaltet ist und bei der Bemessung "der Höhe nach" eine Art "auflösende Bedingung" vorliegt, handelt es sich bei den Rückstellungen um Gewinnminderungen, die bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens nicht abgezogen werden dürfen.
Hinweis
1. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG ist es für die Ermittlung des Einkommens "ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird". Dazu wird im Folgesatz ausgeführt, dass "auch verdeckte Gewinnausschüttungen" (vGA) das Einkommen nicht mindern. Einkommensverteilung ist daher (nicht abziehbare) Einkommensverwendung.
2. Für eine Genossenschaft sind die für Kapitalgesellschaften entwickelten Rechtsgrundsätze zur vGA sinnentsprechend heranzuziehen: So konnte man im Streitfall kurzerhand auf eine mitgliedschaftliche Veranlassung der Gewinnminderungen verweisen, da das Bonusprogramm nur für Mitglieder offensteht.
3. Allerdings kommt alsdann die Aufgabenstellung der Genossenschaft "ins Spiel", die das Korrekturmaß des "ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters" beeinflusst: Ein Geschäftsleiter einer Genossenschaft ist gehalten, entsprechend dem Zweck der Gesellschaft (Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder) zu handeln. Auf dieser Grundlage können Leistungsentgelte, die sich auf die Inanspruchnahme des Betriebs der Genossenschaft beziehen, für ein Mitglied nach dem Kostendeckungsprinzip bemessen werden und sind unterschiedliche Leistungsentgelte für Mitglieder und Nichtmitglieder gerechtfertigt. Dies schließt auch eine nachträgliche Preisänderung i.S. einer angemessenen Bewertung eines Leistungsaustauschverhältnisses zwischen Genossenschaft und Mitglied ein, darf dabei aber nicht als Einkommensverwendung i.S. einer allgemeinen Überschussverteilung erscheinen. Denn auch wenn eine solche Überschussverteilung betriebsbezogene Vorteile nach sich zieht (wie etwa eine Intensivierung der Mitgliederbindung oder der Eigenkapitalbildung; Hinzuerwerb von Geschäftsanteilen), ist sie nach der gesetzgeberischen Konzeption der Einkommensermittlung (s. zu 1.) nicht einkommensmindernd anzusetzen.
4. Damit ist die Abgrenzungsaufgabe klar umrissen: Entscheidend ist, ob eine Maßnahme der zweckentsprechenden Bemessung des Leistungsentgelts bzw. der Berichtigung des zunächst von der Genossenschaft vorsichtig ("zu hoch") kalkulierten Leistungsentgelts im konkreten Mitgliedergeschäft dient oder der allgemeinen Überschussverteilung. Diese Frage ist von der zeitlichen Abfolge zwischen Preisänderung und Leistungserbringung unabhängig. Preisnachlass (vorherige Vereinbarung) und sog. Rückvergütung unterscheiden sich insoweit nicht: Auch wenn die Rückvergütung durch ihre Abhängigkeit vom Gesamtergebnis des Unternehmens im Unterschied zum Preisnachlass keine unmittelbare Beziehung zu einem einzelnen Umsatzgeschäft aufweist, ist sie doch zurückgewährtes Entgelt und den Mitgliedern nach einem einheitlichen Maßstab entsprechend ihrer "Inanspruchnahme der genossenschaftlichen Einrichtung(en)" zu gewähren. Entscheidend ist damit, dass ein Bezug zu Geschäften bzw. Leistungen des Mitglieds besteht und damit unter Berücksichtigung weiterer Erkenntnisse eine Art mitgliederbezogene "Nachkalkulation" mit Auszahlung der "Ersparnis" bzw. eine Korrektur der Leistungsentgelte erfolgt. Insoweit liegen dann die Voraussetzungen für eine steuerrelevante Einkommensminderung vor, sei es als allgemeine Betriebsausgabe (Preisnachlass), sei es aufgrund der Sonderregelung des § 22 KStG.
5. Die Würdigung im Streitfall ist dabei eine "einheitliche" (keine Zerlegung in unschädliche/schädliche Komponenten), weil das Bonusprogramm als einheitliches Program...