Leitsatz (amtlich)
1. Hat ein Verfahrensbevollmächtigter eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt, hat die Markenstelle nach der Hausverfügung Nr. 10 des Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts ihre Entscheidungen trotzdem in jedem Fall diesem und nicht dem Beteiligten zuzustellen (Anschluss an BGH GRUR 1991, 814).
2. Wurde eine Entscheidung entgegen zwingenden Zustellungsvorschriften nicht dem Verfahrensbevollmächtigten eines Beteiligten zugestellt, tritt eine Heilung des Zustellungsmangels erst mit positiver Kenntnisnahme des Verfahrensbevollmächtigten ein; auf den Zeitpunkt der Zustellung an den Beteiligten kommt es demgegenüber nicht an.
3. Ist der frühere Verfahrensbevollmächtigte eines Markeninhabers, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nach Eröffnung des Insolvenz¬verfahrens und in Kenntnis desselben weiter tätig geworden, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass er nunmehr vom Insolvenzverwalter mit deren Vertretung beauftragt wurde, es sei denn, eine solche Beauftragung ist aufgrund der konkreten Umstände auszuschließen oder stellt sich nachträglich als nicht gegeben heraus; ggf. ist die Markenstelle hierüber zur Aufklärung verpflichtet.
Verfahrensgang
DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt) (Beschluss vom 11.01.2006) |
Tenor
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. Januar 2006 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung der Markenstelle über die Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke gegen den Beschluss vom 1. Februar 2005 zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Die Widersprechende hat gegen die am 24. Juni 1999 zugunsten der Gemeinschuldnerin veröffentlichte Eintragung der am 18. Juli 1995 angemeldeten, für
„Elektrotechnische und elektronische Geräte und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten) sowie deren Teile, Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie deren Teile und dazugehöriger Peripheriegeräte (soweit in Klasse 9 enthalten), Geräte zur Aufzeichnung, Umwandlung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Daten, Telekommunikationsgeräte, deren Teile, Baugruppen und Komponenten, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; mit Daten versehene Datenträger; Druckereierzeugnisse, Handbücher, Zeitschriften, Lehrbücher; Zusammenstellung, Aufstellung, Wartung und Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und Computeranlagen, Erstellung und Wartung von Computerprogrammen; Planung, Zusammenstellung, Aufstellung, Wartung und Reparatur von Telekommunikationsgeräten und anlagen; technische Beratung und Schulungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Computer- und Datenverarbeitung”
geschützten Marke Nr. 395 29 321
COMTECH
Widerspruch eingelegt aus ihrer am 11. Februar 1984 angemeldeten und seit 17. Dezember 1991 für
„Geräte für die Fernübertragung und die zugehörige Verarbeitung von Daten, elektronische Überwachungs- und Regelgeräte, auf Datenträger aufgezeichnete Computerprogramme; Erstellen von Computerprogrammen und von Systemanalysen”
eingetragenen Marke Nr. 1 182 956
comtes.
Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, für welche sich die Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers bestellt hatten, wurde am 1. Mai 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer als Insolvenzverwalter bestellt. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 14. und 30. Juli 2003 seine Verwaltertätigkeit gegenüber der Markenstelle angezeigt und im Anschluss hieran die früheren Verfahrensbevollmächtigten der Gemeinschuldner mit seiner weiteren Vertretung im Widerspruchsverfahren beauftragt; letzteres war allerdings von den Verfahrensbevollmächtigten gegenüber der Markenstelle nicht ausdrücklich mitgeteilt worden, sie haben aber mit Schreiben vom 24. September 2003, 17. Dezember 2003, 22. März 2004, 24. Juni 2004, 22. September 2004, 20. Dezember 2004 mehrfach um Fristverlängerung zur Stellungnahme zum Widerspruch gebeten. Auf dem Antrag vom 22. März 2004 findet sich in der Akte eine Verfügung vom 29. März 2004, mit der diesem ausdrücklich entsprochen werden sollte; die Verfügung wurde aber nicht ausgeführt, wie sich der fehlenden Abschrift eines entsprechenden Schreibens der Markenstelle an die Verfahrensbevollmächtigten und einem mit dem Namenskürzel „He” gekennzeichneten Aktenvermerk vom 30. März 2004 entnehmen lässt, der wie folgt lautet: "Markeninhaber in Insolvenz! Vollmacht ist erloschen.” Dem Antrag vom 22. September 2004 wurde ausdrücklich stattgegeben, und auf den Antrag vom 20. Dezember 2004 wurde den Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt, dass keine weiteren Fristen mehr gewährt würden und mit einem Beschluss Mitte Januar 2005 zu rechnen sei. Den übrigen Gesuchen wurde jeweils stillschweigend ohne ausdrückliche Nachricht an die Verfahrensbevollmächtigten entsprochen.
Mit Beschluss vom 1. Februar 2005 hat die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs der B...