Leitsatz (amtlich)
Tritt der spätere Insolvenzschuldner eine bereits im Wege der Global-Sicherungszession abgetretene Forderung erneut an einen Dritten ab, so wird der Forderungsschuldner, der an den Dritten zahlt, unter den Voraussetzungen der §§ 408 Abs. 1 S. 1, 407 Abs. 1 BGB von seiner Schuld frei.
Ficht der Insolvenzverwalter sodann die Zahlung erfolgreich gegenüber dem Dritten an, so entsteht an dem zur Masse gelangten Geldbetrag kein Ersatzabsonderungsrecht des Sicherungszessionars.
Normenkette
InsO §§ 48, 170 Abs. 1; BGB § 407 Abs. 1, § 408 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 06.05.2013; Aktenzeichen 13 O 209/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6.5.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt/O. abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 127.519,66 EUR
Gründe
I. Der Beklagte ist Verwalter in dem am 1.3.2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A (Schuldnerin). Die Klägerin war die Hausbank der Schuldnerin. Sie war wegen ihrer Ansprüche aus dem Geschäftsverhältnis durch eine Globalabtretung gesichert. Die Schuldnerin blieb aber berechtigt, die Forderung selbst einzuziehen. Nachdem das Finanzamt eine Kontopfändung ausgebracht hatte, verständigte sich die Klägerin mit der Schuldnerin auf eine Teilfreigabe der Sicherung, betreffend die Lose 1, 4, 7 und 9 aus dem Bauvorhaben Hochbauamt S. Die hieraus resultierenden Forderungen trat die Schuldnerin an das Finanzamt ab.
Die Schuldnerin trat weiterhin die Forderungen aus dem von der Freigabe nicht erfassten Los 2 aus dem o.g. Bauvorhaben an das Finanzamt, welches von der Globalzession zugunsten der Klägerin keine Kenntnis hatte, ab. Zwischen dem 17.11.2004 und dem 25.1.2005 zahlte das Hochbauamt auf das Los 2 daraufhin Beträge zur Gesamthöhe von 143.193,37 EUR direkt an das Finanzamt. Der Beklagte forderte diesen Geldbetrag erfolgreich im Wege der Anfechtung vom Finanzamt zurück.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe an diesem Betrag zumindest ein Ersatzabsonderungsrecht zu. Sie hat sich die Feststellungs- und Verwertungspauschale von 9 % sowie eine unstreitige anderweitige Gegenforderung anrechnen lassen. Nach Teilrücknahme der Klage im Übrigen hat die Klägerin zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 127.519,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 21.7.2012 aus 115.694,53 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat das Bestehen eines Ersatzabsonderungsrechts in Abrede gestellt. Soweit der Klägerin zuvor auf Grund der Globalzession ein Absonderungsrecht zugestanden habe, sei dieses in Folge der Zahlung von Seiten des Hochbauamtes an das Finanzamt untergegangen.
Das LG hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:
Es bestehe kein Anspruch aus § 48 InsO analog; denn die Einziehung des Geldes vom Finanzamt durch den Beklagten sei keine unberechtigte Verfügung. Der Anspruch bestehe aber aus § 170 Abs. 1 S. 2 InsO. Die Klägerin hätte - die zweite Zession an das Finanzamt hinweggedacht - ein Absonderungsrecht innegehabt. Dieses sei nicht dadurch untergegangen, dass das Hochbauamt an das Finanzamt gezahlt habe. Denn hierdurch sei die Schuldnerin von ihren Steuerverbindlichkeiten in gleicher Höhe frei geworden; diese Schuldbefreiung sei zur Masse gelangt und hieran bestehe das Ersatzabsonderungsrecht analog § 48 S. 2 InsO.
Der Beklagte verfolgt seinen Klageabweisungsanspruch mit der Berufung weiter. Er führt aus: Das LG sei zu Unrecht von einem Ersatzabsonderungsrecht ausgegangen. Mit der Zahlung des Hochbauamts an das Finanzamt sei die Werklohnforderung der Schuldnerin ebenso wie ihre Steuerschuld erloschen. Die Rückforderung durch ihn, den Beklagten, sei keine Verwertung i.S.d. § 170 InsO, sondern eine schlichte Anfechtung. Das in Folge dieser Anfechtung Erlangte sei nicht als Surrogat für ein vormals bestehendes Absonderungsrecht zu verstehen. Der Kläger hätte es freigestanden, ihre Ansprüche gegenüber dem Finanzamt aus § 816 Abs. 2 BGB geltend zu machen.
Der Beklagte beantragt, die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Das in formeller Hinsicht bedenkenfreie Rechtsmittel des Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage. Der geltend gemachte Klageanspruch besteht unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt.
1. Ein Anspruch aus § 170 Abs. 1 S. 2 InsO bes...