Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 13.07.2005; Aktenzeichen 6 O 140/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.7.2005 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Neuruppin (6 O 140/04) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit Beschluss des AG Neuruppin vom 12.1.1998 (15 N 540/97) wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Entwicklungsgesellschaft T. mbh, W. eröffnet und der Kläger zum Verwalter über deren Vermögen bestellt.
Die Schuldnerin ist 1991 zum Zwecke der Projektierung, Erschließung und Realisierung des Gewerbeparkes T. gegründet worden. Gründungsgesellschafter waren u.a. die Gemeinden G., K., R., V. und W. 1993 übernahm auch die Gemeinde K.-L. einen Geschäftsanteil an der Schulderin. Diese Gemeinden sind später im Rahmen der Kommunalreform des Landes Brandenburg in die beklagte Gemeinde eingegliedert worden.
Der Kläger ließ zum Zeitpunkt der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin, dem 12.1.1998, die Stichtagsbilanz vom 10.4.2000 erstellen, die einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H.v. 21.013.342,93 DM = 10.743.951,64 EUR auswies.
Der Kläger macht gegen die Beklagte entsprechend ihrem Anteil (36.500 DM) am Stammkapital der Schuldnerin (314.000 DM) einen seiner Auffassung nach unverjährten Anspruch auf Verlustausgleich i.H.v. 1.248.898,84 EUR geltend gestützt auf § 8 Nr. 4 S. 2 des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin.
§ 8 des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin ist überschrieben mit "Jahresabschluss, Ergeb-nisverwendung". Dessen Nr. 4 lautet:
"Soweit die gesetzlichen Vorschriften nichts anderes vorsehen und die Gesellschafterversammlung nichts anderes beschließt, wird der Gewinn unter die Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile verteilt. Etwaig entstehende Verluste werden von den Gesellschaftern nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile übernommen."
§ 10 des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin, überschrieben mit "Anforderung von Nachschüssen, Kapitalerhöhung" regelt in Nr. 1 die Nachschusspflicht wie folgt:
"Die Einzahlung von Nachschüssen kann nur gefordert werden, wenn alle Gesellschafter zustimmen."
Auf einer Gesellschafterversammlung der Schuldnerin am 12.6.1997 stimmten die anwesenden Gesellschafter auch über den Tagesordnungspunkt "Neufassung Gesellschaftsvertrag" ab.
Der Kläger hat gemeint, die nach Behauptung der Beklagten am 12.6.1997 beschlossene, die Verlustausgleichspflicht der Gesellschafter eliminierende Änderung des Gesellschaftsvertrages sei mangels Eintragung in das Handelsregister unwirksam. Eine aufsichtsbehördliche Genehmigung der streitgegenständlichen Klausel sei nicht erforderlich. Sie sei überdies in dem Schreiben des Ministeriums... des Landes Brandenburg vom 27.11.1997 zu sehen. Bei § 8 Nr. 4 S. 2 der Satzung handele sich um eine statuarische Verlustausgleichsregelung nach § 3 II GmbHG, die entgegen der Auffassung der Beklagten mit der Außenhaftung der Schuldnerin nichts zu tun habe. Wegen der Vertragsklausel habe es keines Gesellschafterbeschlusses nach § 26 I GmbHG zur Verlustzuweisung bedurft. Von der Stichtagsbilanz sei mangels konkreter Einwendungen der Beklagten gegen einzelne Ansätze ohne Weiteres auszugehen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.248.898,84 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.8.2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Gesellschaftsvertrag sei in der Gesellschafterversammlung vom 12.6.1997 wirksam dahin abgeändert worden, dass eine Verlustausgleichspflicht der Gesellschafter nicht mehr vorgesehen sei. Unabhängig davon werde eine Verlustausgleichspflicht nach der alten Fassung des Gesellschaftsvertrages nur unter denselben Voraussetzungen begründet, unter denen der Gewinn nach § 8 Nr. 4 S. 1 des Vertrages verteilt werde. Ein sowohl danach als auch nach § 26 I GmbHG erforderlicher Verlustzuweisungsbeschluss sei von der Gesellschafterversammlung nicht gefasst worden.
Die Haftungsklausel des § 8 Nr. 4 S. 2 des Gesellschaftsvertrages sei mit dem sich aus § 13 II GmbHG ergebenden Haftungsleitbild der GmbH nicht zu vereinbaren. Sie sei auch mit Blick auf Verstöße gegen das sich aus dem gemeindlichen Haushaltsrecht ergebende Gebot zur Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nichtig bzw. wegen fehlender aufsichtsbehördlicher Genehmigung schwebend unwirksam; eine Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde könne jetzt nicht mehr erwartet werden.
Die Zusammensetzung des Verlustes...