[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. (FH) Christian Anemüller
Die Vorabpauschale stellt einen fingierten Ertrag aus Investmentanteilen dar und wird grundsätzlich jährlich versteuert. Nach zwei Jahren "Steuerpause" haben die ersten Banken in diesem Jahr die Vorabpauschale für Investmentanteile ihrer Kunden berechnet und die darauf entfallende Steuer von den Kunden einbehalten. Der Beitrag stellt die wichtigen Punkte vor, die Anleger und Berater kennen müssen, um die Abrechnungen der Banken kontrollieren und die Anlagen KAP und KAP-INV zutreffend ausfüllen zu können.
Die Vorabpauschale erlangt bei der Beurteilung der Besteuerung von Investmenterträgen wieder zunehmend an Bedeutung. Nachdem die Vorabpauschale in dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2022 und auch2023 keine Rolle gespielt hat und aufgrund des negativen Basiszinssatzes nicht erhoben wurde (vgl. BMF v. 6.1.2021 – IV C 1 - S 1980-1/19/10038 :004, BStBl. I 2021, 56 = ErbStB 2021, 113; BMF v. 7.1.2022 – IV C 1 - S 1980-1/19/10038 :005, BStBl. I 2022, 122 = ErbStB 2022, 74 [Günther]; s.a. Anemüller, Hdb. privater Kapitaleinkünfte, 3. Aufl. 2023, Rz. 2260), wird sie ab VZ 2024 wieder erhoben. Im BMF-Schreiben v. 4.1.2023 (BMF v. 4.1.2023 – IV C 1 - S 1980-1/19/10038 :007, BStBl. I 2023, 178 = ErbStB 2023, 77 [Günther]) wurde der Basiszins für das Kalenderjahr (KJ) 2023 i.H.v. 2,55 % bekannt gemacht. Aufgrund der besonderen Zuflussregeln im InvStG entfaltet die Vorabpauschale für das KJ 2023 erst im VZ 2024 ihre Wirkung. Die ersten Anleger haben ihren Ertragsabrechnungen, welche von den inländischen Banken ausgestellt werden, in diesem Jahr bereits die Versteuerung der Vorabpauschale entnehmen können und wurden mit Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag belastet.
I. Hintergrund für die Besteuerung der Vorabpauschale
Die Besteuerung von Erträgen aus Anteilen an Publikumsinvestmentfonds setzt sich neben der Cashflow-Besteuerung in vielen Fällen (auch) aus der Besteuerung fiktiver Investmenterträge in Gestalt der Vorabpauschale zusammen. Von der Cashflow-Besteuerung werden Ausschüttungen von Investmentfonds sowie Gewinne aus Veräußerung von Investmentanteilen (einschließlich einer Veräußerung gleichgestellter Tatbestände) erfasst. Diesen Vorgängen liegt im Regelfall ein tatsächlicher Geldfluss zugrunde. Die Versteuerung von Vorabpauschalen ist getrennt für jeden Investmentfonds – ergänzend zu den vorgenannten Besteuerungstatbeständen – je Investmentanteil zu prüfen.
Beraterhinweis Diese Besteuerungssystematik wurde ab 2018 durch das InvStRG v. 19.7.2016 (BGBl. I 2016, 1730) eingeführt.
Sinn und Zweck der Vorabpauschale ist die Vermeidung einer vollständigen Begünstigung thesaurierender Investmentfonds. Es ist anzunehmen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl an Investmentfonds nicht mehr ausschütten würde, wenn es die Vorabpauschale nicht gäbe; dies wollte der Gesetzgeber verhindern (zu weiteren Einzelheiten s. BT-Drucks. 18/8045, 88). Es muss auch immer der Vergleich zum Direktanleger gezogen werden, der sowohl die laufenden Kapitalerträge wie Dividenden und Zinsen als auch Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG zu versteuern hat. Bei einer vollständigen Begünstigung (voll) thesaurierender Investmentfonds stünde allein dem Anleger die Entscheidung zu, über den Zeitpunkt der Besteuerung durch Veräußerung von Investmentanteilen zu entscheiden.
Beraterhinweis Die Versteuerung der Vorabpauschale ist nicht allein auf (voll) thesaurierende Investmentfonds beschränkt. Vielmehr stellt die Vorabpauschale sowohl für thesaurierende als auch für ausschüttende Investmentfonds eine Art Untergrenze dar, die i.d.R. jährlich der Besteuerung unterliegen soll. Für weitere Einzelheiten wird auf die Ausführungen in Abschn. III. und IV. verwiesen.
II. Rechtliche Einordnung
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Investmenterträge i.S.d. § 16 InvStG steuerpflichtig. Zu den Erträgen aus Investmentfonds (Investmenterträge) gehören
Die Vorabpauschale gehört grundsätzlich zu den jährlich anfallenden Erträgen aus Anteilen an Investmentfonds. § 16 Abs. 1 InvStG regelt den Ansatz von Vorabpauschalen dem Grunde nach. Bitte beachten Sie: Der Ansatz der Vorabpauschale erfolgt sowohl für inländische als auch für ausländische Investmentfonds. Für Vorabpauschalen sehen die Regelungen in den §§ 16 und 18 InvStG keine gesonderte Differenzierung i.S.d. § 2 Abs. 2 und 3 InvStG vor. Wie sich die Vorabpauschale i.E. der Höhe nach ermittelt, ist in § 18 InvStG geregelt.
Beraterhinweis Investmenterträge gehören grundsätzlich zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Subsidiaritätsprinzip gem. § 20 Abs. 8 EStG: Soweit Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu den ...