Leitsatz
1. Sind an den Einkünften einer ausländischen Personengesellschaft neben einer Personengesellschaft mit im Inland steuerpflichtigen Gesellschaftern lediglich Personen beteiligt, die nicht im Inland steuerpflichtig sind, so können die Einkünfte unmittelbar der inländischen Gesellschaft gegenüberfestgestellt werden. Eines mehrstufigen Feststellungsverfahrens bedarf es dann nicht.
2. Sind deutsche Kapitalgesellschaften an einer gewerblich geprägten britischen Personengesellschaft beteiligt und erzielt diese Personengesellschaft Zinsen aus der Anlage von Mitteln aus der Vermietung von in Großbritannien belegenem Grundbesitz, so dürfen die auf die deutschen Beteiligten entfallenden Zinseinkünfte in Deutschland besteuert werden (Anschluss an das Senatsurteil vom 28.04.2010, I R 81/09, BFH/NV 2010, 1550, BFH/PR 2010, 351).
3. § 50d Abs. 9 EStG 2009 hindert nicht die Gewährung von Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 2 AO.
4. Der Gewinn aus der Veräußerung einer in Großbritannien belegenen Immobilie darf in Deutschland besteuert werden, wenn die Veräußerung nach britischem Steuerrecht nur dazu führt, dass zuvor gewährte Abschreibungen auf Teile der Immobilie rückgängig gemacht werden ("Claw-back-Besteuerung").
Normenkette
Art. VII Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a, Art. VIII Abs. 1, Art. XII, Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a DBA-Großbritannien 1964/1970, § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1, § 50d Abs. 9 S. 1 Buchst. a EStG 2009, § 176 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO
Sachverhalt
Klägerin ist eine KG, deren Komplementärin, eine GmbH, nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt ist. Kommanditisten der Klägerin waren im Streitjahr (1999) deutsche Unternehmen. Die Klägerin war ihrerseits jeweils einziger "Limited Partner" von insgesamt 13 Limited Partnerships in Großbritannien, die Eigentümer eines dort belegenen Immobilienbestands waren. Weder die Klägerin noch die Limited Partnerships waren in Großbritannien operativ tätig; die Verwaltung der Immobilien erfolgte vielmehr durch eine britische Kapitalgesellschaft, die zugleich unbeschränkt haftende Gesellschafterin ("General Partner") der einzelnen Limited Partnerships war.
Im Jahr 1998 hatte eine der Limited Partnerships, die X-LP, eine in Großbritannien belegene Immobilie erworben. Zu den Bestandteilen dieser Immobilie zählten Geschäftseinrichtungen ("fixtures"), die nach englischem Recht zum unbeweglichen Vermögen gehören. Auf diese Einrichtungen hatte die X-LP in der Folgezeit nach englischem Recht Abschreibungen geltend gemacht. Im Streitjahr veräußerte sie die Immobilie. In Großbritannien wurde daraufhin ein Gewinn in Höhe der gewährten Abschreibungen besteuert (sog. Claw-back-Besteuerung). Ferner erzielten die Limited Partnerships aus der kurzfristigen Anlage von Liquiditätsüberschüssen aus Mieteinkünften sowie von Rücklagen für die Instandhaltung von Mietobjekten Zinserträge. Diese Einkünfte wurden in Großbritannien nicht besteuert.
Das FA stellte die Einkünfte der Klägerin für das Streitjahr gesondert und einheitlich fest. Es erfasste dabei u.a. einen bei der X-LP entstandenen Veräußerungsgewinn sowie die Zinserträge als gewerbliche Einkünfte der Klägerin. Die dagegen gerichtete Klage hatte zum Teil Erfolg: Das FG entschied, dass der Veräußerungsgewinn durch das DBA-Großbritannien 1964/1970 von der deutschen Besteuerung ausgenommen sei, die Zinseinkünfte aber in Deutschland zu besteuern seien (FG Düsseldorf, Urteil vom 28.04.2009, 17 K 1070/07 F, Haufe-Index 2187128, EFG 2009, 1395).
Entscheidung
Der BFH musste sowohl über die Revision der Klägerin als auch die Revision des FA entscheiden. Im Ergebnis bekam das FA vollen Umfangs recht:
Die Zinsen seien in Deutschland zu besteuern, weil die nationale gewerbliche Prägung nicht auf das Abkommensrecht durchschlage. Und die Veräußerungsgewinne seien in Deutschland zu besteuern, weil die sog. Claw-back-Besteuerung in Großbritannien keine Veräußerungsgewinnbesteuerung darstelle, die einer abkommensrechtlichen Freistellung in Deutschland womöglich entgegenstehen könne.
Dennoch wurde die Sache an das FG zurückverwiesen: Das FG habe noch Feststellungen darüber zu treffen, wann die in Rede stehenden Änderungsbescheide erlassen worden seien. Denn davon hänge ab, ob der Klägerin hinsichtlich der Zinsbesteuerung administrativer Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 2 AO zu gewähren sei.
Hinweis
Aus dem Urteil ergeben sich fünf Aussagen.
1. Die erste Aussage betrifft das Verfahrensrecht und hierbei die Notwendigkeit, in mehrstufigen Konstellationen gesonderte Feststellungen gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO zu treffen. Das zum Verständnis Erforderliche enthält der 1. Leitsatz.
2. Durch die zweite Aussage wird die jüngere BFH-Spruchpraxis bestätigt und verstetigt, dass internrechtliche Einkunftsqualifikationen nur dann auf die abkommensrechtliche Qualifizierung durchschlagen, wenn sie von den tatsächlichen Gegebenheiten getragen werden. Die fiktive gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG läuft damit n...