Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. überlanges Gerichtsverfahren. Ermittlung von Verzögerungszeiten. notwendige Wartezeiten des Gerichts als aktive Bearbeitungszeit. Warten auf Sachverständigengutachten. Warten auf (freigestellte) Stellungnahme nach Schriftsatzübersendung. Warten auf angeforderte Akten. Warten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem Parallelverfahren. Gesamtverfahrensdauer. Miteinrechnung von Anfangs- und Endmonaten. grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Divergenz. Darlegungsanforderungen
Orientierungssatz
1. Das BSG hat bereits entschieden, dass vertretbare Zeiträume, die das Ausgangsgericht einem Sachverständigen zur Begutachtung einräumt, und die damit notwendig verbundenen Wartezeiten nicht als entschädigungsrelevante Inaktivitätszeiten zu werten sind (vgl BSG vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 1/16 R = BSGE 124, 136 = SozR 4-1720 § 198 Nr 16).
2. Ferner hat es klargestellt, dass die Übersendung eines Schriftsatzes an die Beteiligten zur Kenntnis oder freigestellten Stellungnahme stets die Möglichkeit einer Stellungnahme beinhaltet und deshalb zu einem weiteren Aktivmonat (Stellungnahme-Monat) führen kann (vgl BSG vom 24.3.2022 - B 10 ÜG 2/20 R = BSGE 134, 18 = SozR 4-1720 § 198 Nr 22 und vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 1/16 R aaO).
3. Auch Zeiten, in denen das Ausgangsgericht auf angeforderte Akten wartet, gehören regelmäßig nicht zu den entschädigungspflichtigen Inaktivitätszeiten (vgl BSG Urteil vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 1/16 R aaO).
4. Schließlich kann selbst das Zuwarten des Ausgangsgerichts auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem Parallelverfahren als aktive Bearbeitungszeit in Betracht kommen, wenn zu erwarten ist, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von Relevanz sind oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen (vgl BSG vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R = SozR 4-1720 § 198 Nr 4 mit Hinweis auf BVerfG vom 27.9.2011 - 1 BvR 232/11 = info also 2012, 28 ).
5. Bei der Bestimmung der Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens sind auch die Kalendermonate mit einzubeziehen, in welchen die Klage oder ein Antrag beim Ausgangsgericht eingeht bzw in welche der Tag des rechtskräftigen Abschlusses des Ausgangsverfahrens (zB durch Zustellung des Urteils, Anerkenntnis oder Klagerücknahme) fällt.
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 30. Mai 2023 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 900 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Der Kläger beansprucht in der Hauptsache wegen der überlangen Dauer eines Berufungsverfahrens beim LSG Sachsen-Anhalt nur noch eine Geldentschädigung "von wenigstens 900 EUR". In dem Ausgangsverfahren ging es um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Es begann mit Klageerhebung am 3.12.2013 vor dem SG, das Berufungsverfahren endete am 14.5.2021 durch Zustellung des LSG-Urteils. Die Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das BSG mit Beschluss vom 7.9.2021, der am 21.9.2021 zugestellt wurde.
Das LSG als Entschädigungsgericht hat eine Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens ausgehend von Januar 2014 bis August 2021 von 92 Monaten festgestellt. Von 17 Monaten der fehlenden erkennbaren Bearbeitung des Verfahrens durch die Vorinstanzen sei eine allgemeine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten je Instanz im Rahmen eines instanzübergreifenden Ausgleichs abzuziehen. Unter Berücksichtigung der Verfahrensförderung durch das LSG und des Umstands, dass die Verfahrensdauer in erheblichem Umfang auf das Prozessverhalten des Klägers zurückgehe, sei in einer Gesamtschau keine entschädigungspflichtige Überlänge festzustellen und die Entschädigungsklage abzuweisen (Urteil vom 30.5.2023).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Divergenz geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 11.11.2019 - B 10 ÜG 1/19 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.8.2020 - B 9 V 5/20 B - juris RdNr 6). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "ob bei der Berechnung der Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens nach Kalendermonaten der Anfangs- und Endmonat hinzuzurechnen ist, wenn das Ausgangsverfahren jeweils im laufenden Monat begonnen und geendet hat".
Er hat jedoch weder die (weitere) Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit der von ihm aufgeworfenen Fragestellung im gebotenen Maße aufgezeigt.
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort weder von vornherein praktisch außer Zweifel steht noch so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 1.6.2017 - B 10 ÜG 30/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 14 RdNr 16 mwN). Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der hier aufgeworfenen Fragestellung ist es deshalb erforderlich aufzuzeigen, inwieweit sich die Antwort auf die gestellte Frage zur Bestimmung von Beginn und Ende der Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens nicht bereits aus dem Gesetz und einschlägigen Entscheidungen des BSG entnehmen lässt. Denn auch dann gilt eine Rechtsfrage als höchstrichterlich geklärt (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 26.9.2018 - B 10 EG 13/18 B - juris RdNr 7).
Der Kläger weist in seiner Beschwerdebegründung selbst auf das Urteil des BSG vom 24.3.2022 (B 10 ÜG 2/20 R - BSGE 134, 18 = SozR 4-1720 § 198 Nr 22) hin. Er führt zutreffend aus, dass dort unter Verweis auf § 198 Abs 6 Nr 1 Halbsatz 1 GVG ausgeführt ist, dass für die Beurteilung der angemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens als erster Schritt der Angemessenheitsprüfung dessen Gesamtdauer von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss maßgeblich und dass bei der Bestimmung der Gesamtverfahrensdauer die kleinste relevante Zeiteinheit der Kalendermonat ist. Des Weiteren erkennt er, dass das BSG in dieser Entscheidung für den konkreten Streitfall ausgeführt hat, dass ausgehend von diesen Grundsätzen das dortige Ausgangsverfahren von der Klageerhebung im Februar 2015 (13.2.2015) bis zur Erledigung durch das Anerkenntnis der Beklagten im August 2019 (28.8.2019) und somit insgesamt 55 Kalendermonate gedauert hat (aaO, RdNr 21; vgl auch die Berechnung der Dauer des Ausgangsverfahrens in BSG Urteil vom 24.3.2022 - B 10 ÜG 4/21 R - BSGE 134, 32 = SozR 4-1720 § 198 Nr 21, RdNr 16 f). Warum vor dem Hintergrund dieser Ausführungen des BSG zur Bestimmung von Beginn und Ende der Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens für die von ihm aufgeworfene Frage noch weiterer aktueller höchstrichterlicher Klärungsbedarf bestehen soll, zeigt der Kläger indes nicht hinreichend auf. Insoweit fehlt insbesondere auch eine eingehende Auseinandersetzung mit der weiteren vom BSG ergangenen Rechtsprechung zur Bestimmung der Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens (vgl zB Urteil vom 17.12.2020 - B 10 ÜG 1/19 R - BSGE 131, 153 = SozR 4-1720 § 198 Nr 20, RdNr 47; Urteil vom 12.12.2019 - B 10 ÜG 3/19 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 18 RdNr 32; Urteil vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 3/16 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 14 RdNr 24; Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - BSGE 117, 21 = SozR 4-1720 § 198 Nr 3, RdNr 24). Allein der bloße Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 17.12.2020 (B 10 ÜG 1/19 R - BSGE 131, 153 = SozR 4-1720 § 198 Nr 20) reicht insoweit nicht. Sofern er im Kern seines Vorbringens lediglich die vom Entschädigungsgericht vorgenommene fehlerhafte Umsetzung des von ihm herangezogenen Urteils des BSG vom 24.3.2022 bei der Berechnung der Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens moniert, rügt er eine unrichtige Rechtsanwendung des Entschädigungsgerichts in seinem Einzelfall. Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.5.2021 - B 10 ÜG 13/20 B - juris RdNr 13 mwN).
Darüber hinaus hat es der Kläger aber auch versäumt, die Klärungsfähigkeit und damit die Entscheidungserheblichkeit der von ihm aufgeworfenen Frage in dem von ihm angestrebten Revisionsverfahren darzulegen. Er zeigt nicht schlüssig auf, inwieweit sich die Frage nach der Bestimmung von Beginn und Ende der Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens im Rahmen des ersten Schritts der Angemessenheitsprüfung auf die Höhe des von ihm noch geltend gemachten Entschädigungsanspruchs auswirken könnte. Denn die Berechnung der Überlänge des Ausgangsverfahrens als Grundlage eines möglichen Entschädigungsanspruchs erfolgt erst in einem zweiten Schritt nach Prüfung insbesondere der Kriterien gemäß § 198 Abs 1 Satz 2 GVG sowie in einem dritten Schritt nach wertender Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat. Dabei ist davon auszugehen, dass vorbehaltlich der besonderen Umstände des Einzelfalls die Verfahrensdauer jeweils insgesamt noch als angemessen anzusehen ist, wenn eine Gesamtverfahrensdauer, die zwölf Kalendermonate je Instanz nicht übersteigt, auf aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht (stRspr; BSG Urteil vom 24.3.2022 - B 10 ÜG 4/21 R - BSGE 134, 32 = SozR 4-1720 § 198 Nr 21, RdNr 16 mwN). Der Kläger hat es jedoch versäumt aufzuzeigen, inwieweit eine Einbeziehung des Anfangs- und Endmonats, wenn das Ausgangsverfahren jeweils im laufenden Monat begonnen und geendet hat, sich bei der Bestimmung der Gesamtdauer auf die Höhe des noch geltend gemachten Entschädigungsanspruchs auswirken könnte. Dass es sich insoweit um Monate gerichtlicher Inaktivität handeln könnte, legt er nicht dar. Ohnehin hat das BSG im Urteil vom 24.3.2022 (B 10 ÜG 2/20 R - BSGE 134, 18 = SozR 4-1720 § 198 Nr 22, RdNr 29) aber auch bereits entschieden, dass bei einem Schriftsatz, der eine relevante Bearbeitungszeit bei Gericht auslöst, der gesamte Kalendermonat, in dem der Schriftsatz beim Gericht eingegangen ist, wegen des Monatsprinzips als Aktivmonat zu bewerten ist.
Warum daraus überdies nicht zugleich auch folgen soll, dass bei der Bestimmung der Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens als ersten Schritt der Angemessenheitsprüfung - wie vom BSG in der zitierten Entscheidung vom 24.3.2022 (B 10 ÜG 2/20 R - BSGE 134, 18 = SozR 4-1720 § 198 Nr 22, RdNr 21) umgesetzt - auch der Kalendermonat mit einzubeziehen ist, in dem die Klage oder ein Antrag beim Ausgangsgericht eingeht, legt der Kläger nicht dar. Entsprechendes gilt für den Kalendermonat, in dem der Tag des rechtskräftigen Abschlusses des Ausgangsverfahrens (zB durch Zustellung des Urteils, Anerkenntnis oder Klagerücknahme) fällt.
2. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG als Entschädigungsgericht eine höchstrichterliche Entscheidung unrichtig ausgelegt oder das Recht unrichtig angewandt hat, sondern erst, wenn das Entschädigungsgericht Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht (BSG, Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BVerfG) aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das Entschädigungsgericht weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von einer Entscheidung des BSG ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des BSG entgegensteht und dem Urteil des Entschädigungsgerichts tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte Rechtssatz in dem genannten höchstrichterlichen Urteil enthalten ist, und welcher in der Entscheidung des Entschädigungsgerichts enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht, und darlegen, dass diese Entscheidung hierauf beruhen kann (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 19.5.2021 - B 10 ÜG 13/20 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 6). Diese Darlegungsanforderungen erfüllt der Beschwerdevortrag des Klägers nicht.
Der Kläger rügt, das Entschädigungsgericht sei von dem Urteil des BSG vom 24.3.2022 (B 10 ÜG 4/21 R - BSGE 134, 32 = SozR 4-1720 § 198 Nr 21) abgewichen. Er entnimmt dieser Entscheidung den Rechtssatz, dass alle Zeiten, die keine erkennbaren aktiven Zeiten des Ausgangsgerichts seien, der zwölfmonatigen Vorbereitungs- und Bedenkzeit des Ausgangsgerichts zuzuordnen seien. Damit seien auch "reine Wartezeiten des Gerichts inbegriffen", weil während der reinen Wartezeit keine erkennbare Aktivität des Ausgangsgerichts vorliege. Demgegenüber habe das Entschädigungsgericht einen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Danach seien in der von den Zeiten der Inaktivität des Gerichts abziehbaren Vorbereitungs- und Bedenkzeit Warte- und Prüfzeiten des Gerichts im Ausgangsverfahren, insbesondere Wartezeiten auf Stellungnahmen der Beteiligten sowie beauftragter Dritter nicht enthalten, obwohl nach außen keine erkennbare Aktivität des Ausgangsgerichts vorliege.
Der Kläger hat indes schon nicht schlüssig dargetan, dass sich die von ihm behaupteten Rechtssätze aus dem zitierten Urteil des BSG vom 24.3.2022 (B 10 ÜG 4/21 R - BSGE 134, 32 = SozR 4-1720 § 198 Nr 21) entnehmen lassen. Vielmehr hat das BSG in dieser Entscheidung (aaO, RdNr 22) ausgeführt, dass vertretbare gerichtliche Ermittlungen in den Tatsacheninstanzen als Zeiten aktiver Verfahrensgestaltung anzusehen sind, die nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führen. Damit unterscheiden sich diese Zeiten von der Vorbereitungs- und Bedenkzeit, die gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass keine nach außen erkennbare aktive Bearbeitung des Verfahrens durch das Gericht erfolgt. In diesem Sinne hat das BSG auch bereits entschieden, dass vertretbare Zeiträume, die das Ausgangsgericht einem Sachverständigen zur Begutachtung einräumt, und die damit notwendig verbundenen Wartezeiten nicht als entschädigungsrelevante Inaktivitätszeiten zu werten sind (vgl BSG Urteil vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - BSGE 124, 136 = SozR 4-1720 § 198 Nr 16, RdNr 41 f) oder dass die Übersendung eines Schriftsatzes an die Beteiligten zur Kenntnis oder freigestellten Stellungnahme stets die Möglichkeit einer Stellungnahme beinhaltet und deshalb zu einem weiteren Aktivmonat (Stellungnahme-Monat) führen kann (BSG Urteil vom 24.3.2022 - B 10 ÜG 2/20 R - BSGE 134, 18 = SozR 4-1720 § 198 Nr 22, RdNr 30; BSG Urteil vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - BSGE 124, 136 = SozR 4-1720 § 198 Nr 16, RdNr 43). Auch Zeiten, in denen das Ausgangsgericht auf angeforderte Akten wartet, gehören regelmäßig nicht zu den entschädigungspflichtigen Inaktivitätszeiten (vgl BSG Urteil vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - BSGE 124, 136 = SozR 4-1720 § 198 Nr 16, RdNr 47). Schließlich kann selbst das Zuwarten des Ausgangsgerichts auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem Parallelverfahren als aktive Bearbeitungszeit in Betracht kommen, wenn zu erwarten ist, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von Relevanz sind oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen (vgl BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 47 mit Hinweis auf BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 27.9.2011 - 1 BvR 232/11 - juris RdNr 31). Warum sich das Entschädigungsgericht dennoch mit dem von dem Kläger wiedergegebenen Rechtssatz in Widerspruch zu der Rechtsprechung des BSG zur Vorbereitungs- und Bedenkzeit einerseits und zu hiervon abzugrenzenden Zeiten aktiver Verfahrensförderung durch angemessenes Zuwarten zB auf Stellungnahmen der Beteiligten oder Gutachten von Sachverständigen andererseits gesetzt haben soll, zeigt er nicht substantiiert auf.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3, § 52 Abs 3 Satz 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG. Da der Kläger mit der Beschwerde lediglich noch einen Anspruch in Höhe "von wenigstens 900 EUR" geltend macht, war bei der Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren von diesem Betrag auszugehen.
Fundstellen
Dokument-Index HI16233944 |