Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Verfahrensfehler. Antrag nach § 109 SGG. kein hilfsweise. gestellter Antrag nach § 103 SGG
Orientierungssatz
In der Stellung eines Antrags nach § 109 SGG ist indes nicht stets gleichzeitig ein - hilfsweise - gestellter Antrag nach § 103 SGG zu sehen (vgl BSG vom 24.11.1988 - 9 BV 39/88 = SozR 1500 § 160 Nr 67; BSG Beschluss vom 12.3.1998 - B 2 U 31/98 B), auch wenn sich das Gericht damit auch inhaltlich auseinandersetzt.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3, §§ 103, 109
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Urteil vom 24.01.2007; Aktenzeichen L 2 U 143/03) |
SG für das Saarland (Entscheidung vom 08.07.2003; Aktenzeichen S 3 U 73/01) |
Gründe
Die gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Landessozialgerichts (LSG) gerichtete, ausschließlich auf den Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels gestützte Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, dass die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34, 47 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl, 2005, IX, RdNr 177 und 179 mwN). Diesen Anforderungen an die Begründung hat der Beschwerdeführer nicht Rechnung getragen.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur dann gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG).
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das LSG sei zu Unrecht auf seinen auch in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellten Antrag, "hilfsweise eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. B. zum Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. einzuholen", nicht eingegangen, kann dies bereits deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil der für die Zulassung der Revision geltend gemachte Verfahrensmangel gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG auf eine Verletzung des § 109 SGG nicht gestützt werden kann. Dieser Ausschluss gilt nach der eindeutigen Fassung des Gesetzes uneingeschränkt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 34). Dazu hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, es sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass von einer Revisionszulassung grundsätzlich alle Entscheidungen des Berufungsgerichts ausgeschlossen sind, die eine fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG aufweisen, unabhängig davon, worauf dieser Verfahrensmangel im Einzelnen beruht (BVerfG SozR 1500 § 160 Nr 69). Im Zusammenhang damit vorgebrachte weitere Verfahrensmängel, können daher in diesem Rahmen nicht zur Zulassung der Revision führen. Der vorgenannte Antrag ist zwar nicht ausdrücklich auf § 109 SGG bezogen, kann indes nicht anders behandelt werden. Der Antrag ist auf die Anhörung eines bereits in dieser Sache gerichtlich gehörten Sachverständigen gerichtet, dessen vorliegendes schriftliches Sachverständigengutachten auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholt worden ist. In Ermangelung entgegenstehender Hinweise ist davon auszugehen, dass auch die erneute gutachterliche Tätigkeit des Sachverständigen auf der Grundlage seines bisherigen Tätigwerdens im Verfahren, also nach § 109 SGG, erfolgen sollte. In der Stellung eines Antrags nach § 109 SGG ist indes nicht stets gleichzeitig ein - hilfsweise - gestellter Antrag nach § 103 SGG zu sehen (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 67; BSG Beschluss vom 12. März 1998 - B 2 U 31/98 B -), auch wenn sich das Gericht damit auch inhaltlich auseinandersetzt.
Im Übrigen entspricht der angeführte Beweisantrag auch nicht - wie erforderlich - den Anforderungen der Zivilprozessordnung (ZPO), weil die zu begutachtenden Punkte nicht bezeichnet sind (§ 403 ZPO); dies hat auch das LSG sinngemäß beanstandet. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass in einem Rechtsstreit, in dem - wie hier - bereits medizinische Gutachten zu bestimmten Beweisfragen eingeholt worden sind oder anderweitig vorliegen, diese Fragen im Rahmen der beantragten Einholung weiterer Gutachten bzw ergänzender Stellungnahmen bekannt seien bzw auf der Hand lägen. Im Gegenteil ist gerade dort, wo bereits mehrere medizinische Gutachten - ggf mit abweichenden Beurteilungen - eingeholt worden sind, eine Konkretisierung des Beweisthemas unerlässlich, denn das bloße Begehren einer Stellungnahme des Sachverständigen macht nicht deutlich, wo und inwiefern genau der Antragsteller noch gutachtlichen Aufklärungsbedarf sieht (stRspr des Senats, s etwa Beschluss vom 3. Februar 2005 - B 2 U 366/04 B).
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang sinngemäß vorträgt, er sei durch die mangelnde Sachaufklärung des Gerichts, insbesondere die Nichtbefolgung seines Beweisantrages auch in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden, fehlt es ebenfalls an der erforderlichen schlüssigen Darstellung eines Verfahrensverstoßes. Zwar kann als Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) und §§ 62, 128 Abs 2 SGG gerügt werden, das Gericht habe wesentliches Vorbringen der Prozessbeteiligten nicht in Erwägung gezogen (vgl ua BVerfGE 63, 177, 179, 180). Bezieht sich diese Rüge jedoch auf die behauptete Unterlassung einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen und enthält diese - wie hier - keine andere Begründung als die bereits dazu vorgebrachte, kann die Beschwerde hierauf nicht gestützt werden. Denn ebenso wenig wie eine bei nicht gestelltem Beweisantrag unzulässige Amtsermittlungsrüge über den Umweg der Verletzung von Hinweispflichten (§§ 106 Abs 1 und 111 Abs 2 SGG) zulässig wird (BSG SozR 1500 § 160 Nr 13), kann die in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geregelte Beschränkung von Verfahrensrügen über den Umweg über die Vorschriften zum rechtlichen Gehör erweitert werden (vgl Beschlüsse des Senats vom 28. Juli 1992 - 2 BU 37/97 = HV-Info 1993, 1406 und vom 28. August 2002 - B 2 U 191/02 B -, jeweils mwN); dieser Vortrag kann auch als Rüge einer Verletzung des § 109 SGG nicht zur Revisionszulassung führen, weil der Ausschluss in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nach der eindeutigen Fassung des Gesetzes uneingeschränkt gilt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 34; BVerfG SozR 1500 § 160 Nr 69).
Der übrige Vortrag des Klägers betrifft allein die seiner Ansicht nach unzutreffende Beweiswürdigung durch das LSG. Dies kann indes nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG schließt es ausdrücklich aus, die Nichtzulassungsbeschwerde auf Fehler der Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG zu stützen. Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG abgesehen.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 iVm § 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen