Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 19. November 1999 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung von gezahlter Alhi.
Die Klägerin steht bei der Beklagten seit 1986 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug. Seit dem Tode ihres Ehemannes 1994 bezieht die Klägerin zudem Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab Oktober 1995 zunächst Alhi unter Anrechnung der Witwenrente. Ab 10. Juli 1996 wurde – aufgrund eines Versehens der Beklagten – keine Anrechnung der Witwenrente auf die Alhi mehr vorgenommen. Im Februar 1997 bemerkte die Beklagte ihr Versehen und erließ drei Änderungsbescheide vom 5. März 1997. Zum einen nahm sie eine Anrechnung der Witwenrente auf die Alhi ab Juli 1996 bis 31. Januar 1997 vor, zum anderen änderte sie die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 30. Juni 1996 wegen der Zugrundelegung einer anderen Leistungsgruppe. Zugleich errechnete die Beklagte eine Erstattungsforderung für den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. Januar 1997 in Höhe von insgesamt 7.627,37 DM. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1997).
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 19. November 1998 die Bescheide der Beklagten geändert. Die teilweise Aufhebung der Alhi-Bewilligung und die Erstattungsforderung sei lediglich ab 1. Juli 1996 rechtmäßig. Die Klägerin habe aufgrund der Tatsache, daß sie ab 1. Juli 1996 fast doppelt soviel Alhi erhalten habe wie vorher, erkennen müssen, daß diese Bewilligung nicht rechtmäßig sein könne. Für den vorhergehenden Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 30. Juni 1996 sei die Aufhebung jedoch rechtswidrig gewesen. Die Erstattungsforderung betrage deshalb nur 6.002,24 DM. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin durch Urteil vom 19. November 1999 zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) geltend. Sie wirft die Frage auf, ob allein das Verhältnis zwischen Überzahlungsbetrag und Gesamtbetrag der Leistung eine grobe Fahrlässigkeit gemäß § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) begründen könne. Der tragende Gesichtspunkt in den Entscheidungsgründen des LSG sei gewesen, ihr hätte in ganz besonderer Weise auffallen müssen, daß ohne weitere Änderungen in den maßgeblichen Verhältnissen doppelt soviel Alhi gewährt worden sei wie zuvor. Dies hätte sie dazu veranlassen müssen, den Bewilligungsbescheid zu überprüfen bzw bei der Beklagten Nachfrage zu halten, ob die Leistungsgewährung rechtmäßig erfolgt sei. Das LSG sei bei der Prüfung der groben Fahrlässigkeit lediglich von dem reinen Verhältnis zwischen dem Überzahlungsbetrag und dem Gesamtbetrag ausgegangen, ohne dabei weitere Bezugsgrößen zu berücksichtigen. Es seien jedoch auch der absolute Leistungsbetrag und dessen Verhältnis zum Gesamteinkommen der Familie zu berücksichtigen gewesen. Das LSG habe damit dem Grundsatz widersprochen, daß bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen seien.
Entscheidungsgründe
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Beschwerdeführer müssen daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, gegebenenfalls sogar des Schrifttums, angeben, welche Fragen sich stellen, daß diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und daß das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten läßt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nrn 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Ein Beschwerdeführer muß mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Beschwerdeführerin hat schon keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Die Klägerin mißt der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob im Rahmen des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X allein aus dem Verhältnis zwischen dem Überzahlungsbetrag und der vorher gewährten Leistung auf grobe Fahrlässigkeit des Leistungsempfängers geschlossen werden könne. Die Frage, ob das Verhalten eines Leistungsempfängers als grob oder nur leicht fahrlässig einzustufen ist, betrifft jedoch die tatrichterliche Würdigung im konkreten Einzelfall, nicht die Anwendung eines klärungsbedürftigen allgemeinen Rechtssatzes (vgl BSG, Beschluß vom 22. März 1999 – B 14 KG 17/98 B). Denn diese Frage läßt sich nicht einheitlich für alle Fälle, sondern nur von Fall zu Fall, dh nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles beantworten (BSGE 47, 180, 181). Die Beschwerdeführerin hat sich insoweit nicht mit der Rechtsprechung des BSG auseinandergesetzt und insbesondere nicht dargetan, daß und inwieweit der den Grad des Verschuldens betreffende Steigerungsbegriff der „groben” Fahrlässigkeit über den Einzelfall hinaus einer einheitlichen Rechtsanwendung zugeführt werden kann oder muß. Wenn sie vorträgt, daß bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit nicht nur Einzelaspekte, sondern grundsätzlich sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen seien, rügt sie im Ergebnis nur eine unrichtige Rechtsanwendung bzw fehlerhafte Tatsachenwürdigung des LSG.
Daß die Entscheidung des LSG ggf in der Sache unrichtig ist, vermag die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen; denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Entspricht die Begründung der Beschwerde sonach nicht den gesetzlichen Anforderungen, muß die Beschwerde – ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter – in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig verworfen werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5; vgl auch BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen