Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 4. Oktober 2022 werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG sind unzulässig (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Die Kläger haben Divergenz- und Verfahrensrügen erhoben, ohne diese in der Begründung der Beschwerden schlüssig darzulegen bzw zu bezeichnen (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Für eine Divergenz ist auf der Grundlage der Beschwerdebegründung nichts ersichtlich.
Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72; Meßling in Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, IX. Kap, RdNr 300 ff mwN).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Soweit die Kläger rügen, die Entscheidung des LSG weiche vom Urteil des BSG vom 24.11.2011 (B 14 AS 151/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 54) ab, indem es aus einer "Pauschalinklusivmiete" den Stromkostenanteil gekürzt habe, nur weil dieser in einer Mietbescheinigung aufgeschlüsselt sei, ist eine Abweichung nicht dargelegt. Es ist nicht nachvollziehbar, an welcher Stelle das LSG diesen vermeintlich divergierenden Rechtssatz aufgestellt haben soll. Die Kläger haben selber vorgetragen, dass das LSG die Berufung als unzulässig verworfen hat, eine Sachentscheidung also gerade nicht getroffen hat.
b) Soweit die Kläger rügen, das LSG weiche ab von der Rechtsprechung des BSG zur Aufteilung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen und den insoweit entwickelten Ausnahmen (BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 18-21; BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 32/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 9), gilt dasselbe. Auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, inwieweit der Verwerfungsbeschluss des LSG auf derartigen, von der Rechtsprechung des BSG vermeintlich abweichenden Rechtssätzen beruhen könnte.
2. Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG).
a) Soweit die Kläger eine Verletzung des gesetzlichen Richters rügen, indem das LSG gemäß § 153 Abs 4 SGG im Beschlusswege ohne mündliche Verhandlung und ohne ehrenamtliche Richter entschieden habe, obwohl die Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten, ist ihr Vortrag widersprüchlich. Nach dem in der Beschwerdebegründung dargestellten Sachverhalt hat das LSG die Berufung nicht deshalb durch Beschluss zurückgewiesen, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat (§ 153 Abs 4 Satz 1 SGG), sondern es hat die Berufung durch Beschluss als unstatthaft verworfen (§ 158 Satz 1 und 2 SGG). Die in diesem Zusammenhang gerügte Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG), in dessen Rahmen sich die Kläger mit der getroffenen Verwerfungsentscheidung nicht auseinandersetzen, ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.
b) Soweit die Kläger des Weiteren geltend machen, es habe sich um eine zulassungsfreie Berufung gehandelt, womit sie sinngemäß eine Prozessentscheidung anstelle einer Sachentscheidung rügen, haben sie einen Verfahrensfehler ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Dies gilt zum einen im Hinblick auf ihren Vortrag, sie hätten von Anfang an eine Bewilligung für zwölf und nicht nur für sechs Monate verlangt. Ein schlüssiger Verfahrensfehler ergibt sich aus diesem Vortrag bereits deshalb nicht, weil im Berufungsverfahren mit dem in der Beschwerdebegründung wiedergegeben Antrag keine Leistungen für ein Jahr beansprucht worden sind. Im Übrigen fehlen in der Beschwerdebegründung Ausführungen zu den ergangenen Bescheiden nach Ende des Bewilligungszeitraums von sechs Monaten, also ab April 2017. Aus dem mitgeteilten Sachverhalt ergibt sich zuletzt, dass Streitgegenstand eine abschließende Entscheidung nach vorheriger vorläufiger Bewilligung ist, sodass ein Bewilligungszeitraum von sechs Monaten dem Regelfall entspricht (§ 41 Abs 3 Satz 2 SGB II). Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum die Kläger Anspruch auf einen längeren Bewilligungszeitraum hätten haben sollen (vgl zur rechtsmissbräuchlichen Antragstellung im Berufungsverfahren allein mit dem Ziel, die Berufungsfähigkeit zu erreichen BSG vom 30.6.2021 - B 4 AS 70/20 R - BSGE 132, 255 = SozR 4-1500 § 144 Nr 11 RdNr 20).
Soweit die Kläger im Hinblick auf die vermeintliche Zulassungsfreiheit der Berufung zum anderen rügen, Gegenstand des Berufungsverfahrens seien zusätzlich isolierte Vorverfahrenskosten im Hinblick auf die Widersprüche gegen die Bescheide vom 26.1. und 20.1.2017 gewesen, weshalb schon aus diesem Grund der notwendige Wert des Beschwerdegegenstands erreicht sei, ist ein Verfahrensfehler ebenfalls nicht dargelegt. Aus dem mitgeteilten Sachverhalt ergibt sich, dass die genannten Bescheide die ursprüngliche vorläufige Bewilligung vom 27.9.2016 abgeändert haben. Der noch im Berufungsverfahren gestellte Anfechtungsantrag der Kläger hat diese Änderungsbescheide - trotz ihrer Erledigung nach dem Erlass der abschließenden Entscheidung vom 6.7.2017 - umfasst. Danach können die geltend gemachten Kosten schon deshalb bei der Wertbemessung nicht berücksichtigt werden, weil es sich um Kosten des laufenden Verfahrens und gerade nicht um Kosten eines isolierten Vorverfahrens handelt (hierzu BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R - RdNr 11, 14; BSG vom 27.7.2021 - B 14 AS 393/20 B - RdNr 5 mwN).
Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang darüber hinaus, die Berufung sei bereits deshalb zulassungsfrei, weil nicht allein reine Zahlungsansprüche Streitgegenstand seien. Ein Verfahrensfehler ist insoweit ebenfalls nicht schlüssig bezeichnet. Die Kläger beziehen sich hier anscheinend auf ihren Berufungsantrag, "den Beklagten zu verurteilen ordnungsgemäße transparente Abhilfebescheide zu erlassen und die Nachzahlungen konkret nebst Berechnung zu benennen". Es ist nicht ersichtlich, dass diesem Antrag eine rechtlich erhebliche, über den Zahlungsanspruch hinausgehende eigenständige Bedeutung zukommt.
Soweit die Kläger zuletzt behaupten, das SG habe die Berufung zugelassen und hieran sei das LSG gebunden, ist ein Verfahrensfehler ebenfalls nicht dargelegt. Eine solche Zulassungsentscheidung des SG ergibt sich aus dem mitgeteilten Sachverhalt nicht. Sie liegt insbesondere nicht in der Belehrung über die Möglichkeit der Berufung (stRspr; vgl nur BSG vom 30.6.2021 - B 4 AS 70/20 R - BSGE 132, 255 = SozR 4-1500 § 144 Nr 11, RdNr 34; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 144 RdNr 40, 45 mwN).
c) Soweit die Kläger die Verletzung materiellen Rechts mit der Begründung rügen, hierdurch habe das LSG ihren Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verletzt, ist ein Verfahrensfehler von vornherein nicht schlüssig bezeichnet.
Die Verwerfung der Beschwerden erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
S. Knickrehm |
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Neumann |
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Harich |
Fundstellen
Dokument-Index HI16186774 |