Verfahrensgang

Sächsisches LSG (Beschluss vom 19.10.2017; Aktenzeichen L 1 KR 139/14)

SG Leipzig (Entscheidung vom 18.03.2014; Aktenzeichen S 8 KR 441/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Festsetzung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung aus einer der Klägerin am 3.1.2011 ausgezahlten Direktlebensversicherung über 45 914,94 Euro (Bescheid vom 9.2.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.10.2011). Das SG Leipzig hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.3.2014). Das Sächsische LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Bei einer Direktlebensversicherung handele es sich um eine betriebliche Altersvorsorge. Entscheidend sei, unter welchem Versicherungstyp die Lebensversicherung geführt werde. Zudem sei nicht die Klägerin, sondern die Firma "Heizung-Lüftung-Sanitär M. " Versicherungsnehmer gewesen. Damit komme es nicht darauf an, ob bei Abschluss der Versicherung zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann ein Arbeitsverhältnis bestanden habe (Beschluss vom 19.10.2017). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG). Die Klägerin hat entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Die Klägerin misst der Frage, "ob eine allein auf Grundlage familienrechtlicher Veranlassung erfolgte kapitalbildende Lebensversicherung als beitragspflichtige betriebliche Altersversorgung angesehen werden, ohne das bei Vertragsabschluss ein Arbeitsverhältnis oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis des Versicherten Ehegatten zu dem die Versicherung abschließenden Ehegatten bestand", eine grundsätzliche Bedeutung bei. Es kann offenbleiben, ob damit schon keine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert worden ist, sondern die Fragestellung lediglich auf einen Subsumtionsvorgang abzielt. Jedenfalls ist die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dargelegt.

Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus Direktversicherungen (vgl nur BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R - BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 17 mwN; BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 18 ff mwN) hat sich die Klägerin aber nicht beschäftigt. Insbesondere fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem Urteil des Senats vom 30.3.2011, wonach die als Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung definierte Direktversicherung zwingend das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) und dem Versicherten (Arbeitnehmer) voraussetzt und an diesem institutionellen Rahmen festzuhalten ist, ohne dass es dem Krankenversicherungsträger zugemutet werden könnte, noch nach Jahren und Jahrzehnten das Vorliegen der für diese Versorgungsform im Einzelnen vorgesehenen Voraussetzungen in jedem Einzelfall rückwirkend vollständig zu überprüfen (BSG, aaO, RdNr 19). Weshalb sich gleichwohl die für klärungsbedürftig erachtete Frage nicht oder nicht umfassend anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen soll, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.

2. Die Klägerin hält ferner folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:

"Sind Ausgaben eines Einzelunternehmers bereits dann als betrieblich veranlaßt zu sehen, wenn sie vom Betriebskonto des Unternehmers bewirkt werden?"

Auch insoweit kann dahinstehen, ob eine zulässige Grundsatzfrage gestellt worden ist. Selbst wenn eine Rechtsfrage als aufgeworfen unterstellt würde, hätte im Rahmen der notwendigen Entscheidungserheblichkeit aufgezeigt werden müssen, dass es für die Berücksichtigung einer Direktlebensversicherung bei der Beitragsbemessung (ua) darauf ankommt, aus wessen Vermögen die Versicherungsbeiträge geleistet werden.

3. Schließlich ist für den Fall, dass aufgrund des Beschwerdevorbringens eine Rechtsfrage zur Vereinbarkeit von Bundesrecht mit höherrangigem Recht unterstellt würde, deren notwendige Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt worden. Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSG Beschluss vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSG'E 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; ferner zB BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - Juris RdNr 9 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des GG zu benennen (BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - Juris RdNr 5 mwN). Die Klägerin macht zwar einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 GG geltend, führt aber nicht aus, weshalb trotz der Rechtsprechung des BVerfG zur Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus Direktversicherungen (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 10 RdNr 15 f; BVerfG Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11 RdNr 14 f) Klärungsbedarf bestehen soll.

4. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass der angefochtene Beschluss des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Sich widersprechende konkrete Rechtssätze sind vorliegend nicht aufgezeigt worden.

5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11669416

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