Verfahrensgang
LSG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 07.09.2017; Aktenzeichen L 3 RS 15/15) |
SG Dessau-Roßlau (Entscheidung vom 13.03.2015; Aktenzeichen S 1 RS 1/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. September 2017 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschlussverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Mit Beschluss vom 7.9.2017 hat das LSG Sachsen-Anhalt einen Anspruch des Klägers auf Feststellung zusätzlicher Arbeitsentgelte in Gestalt von zusätzlichen Belohnungen im Bergbau und auf Aufhebung früherer bestandskräftiger Feststellungen verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Der Kläger macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil keiner der im Gesetz abschließend umschriebenen Zulassungsgründe (§ 160 Abs 2 SGG) ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger trägt als Rechtsfrage vor, der er grundsätzliche Bedeutung beimisst,
"Stellt die zusätzliche Belohnung im Bergbau aus Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung, hier der technischen Intelligenz, erzieltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG dar?"
Zur Begründung führt der Kläger aus, das BSG habe sich zwar bereits mehrfach mit der Frage beschäftigt, ob eine bestimmte Einnahme als Arbeitsentgelt iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG zu qualifizieren ist. Der Kläger verweist auf die Rechtsprechung zu Jahresendprämien (BSG Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 4) und zum Verpflegungsgeld (BSG Urteil vom 30.10.2014 - B 5 RS 1/13 R = SozR 4-8570 § 6 Nr 6 und Urteil vom 23.7.2015 - B 5 RS 9/14 R). Die spezielle Fallkonstellation von Bergmannprämien sei jedoch noch nicht entschieden.
Der Kläger hat schon die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage nicht hinreichend begründet. Eine Rechtsfrage ist nämlich dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage sogar dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Der Kläger führt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats (vgl BSG, Urteil vom 23.7.2015 - B 5 RS 9/14 R) aus, dass auf der Grundlage von § 17 SGB IV iVm § 1 ArEV geprüft werden müsse, ob einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Soweit es im letztgenannten Zusammenhang auf Vorschriften des Steuerrechts ankomme, sei das am 1.8.1991 geltende Steuerrecht maßgeblich. Die Beschwerdebegründung enthält jedoch keine Ausführungen dazu, aus welchen Gründen der Kläger der von ihm zitierten Rechtsprechung keine ausreichenden Anhaltspunkte zur Subsumtion der zusätzlichen Belohnung im Bergbau unter "Arbeitsentgelt" iS von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG entnehmen kann. Der Kläger beschränkt sich im Wesentlichen darauf, festzustellen: "Auch hier lag die spezielle Fallkonstellation von Bergmannsprämien nicht vor" und führt darüber hinaus lediglich aus, der Senat habe nicht abschließend entschieden, wie mit Verpflegungsgeld umzugehen sei und dem Verpflegungsgeld komme ein staatlich-subventionierender Charakter als prägendes Element - anders als der Bergmannsprämie - nicht zu. Zur Frage der Steuerfreiheit, die das LSG als entscheidend dafür angesehen hat, dass kein Arbeitsentgelt iS von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG vorlag, äußert sich die Beschwerdebegründung nicht.
Auch die (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) ist nicht ausreichend dargelegt. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass im angestrebten Revisionsverfahren notwendig über die angesprochene Problematik zu entscheiden ist. Für die vom Kläger begehrte Feststellung von Bezug und Höhe der zusätzlichen Belohnung im Bergbau folgt aus der Formulierung "erzieltes Arbeitsentgelt" in § 6 Abs 1 S 1 AAÜG im Zusammenhang mit § 5 Abs 1 S 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also in bestimmter Höhe tatsächlich gezahlt worden ist (BSG SozR 4-8570 § 6 Nr 4 RdNr 19). Für diesen Zufluss trägt der Zahlungsempfänger die Feststellungs- bzw objektive Beweislast (BSG SozR 4-8570 § 6 Nr 4 RdNr 42), dh das Risiko bzw den Nachteil, dass sich diese Tatsache nicht beweisen und feststellen lässt (non liquet), wobei zugunsten des Klägers die in § 6 Abs 6 AAÜG normierten Beweiserleichterungen gelten. Dass dem Versicherten tatsächlich ein Arbeitsentgelt zugeflossen ist, muss zwar nicht (im Vollbeweis) nachgewiesen, zumindest aber glaubhaft gemacht, dh "überwiegend wahrscheinlich" sein (vgl dazu § 23 Abs 1 S 2 SGB X; § 202 S 1 SGG iVm § 294 ZPO).
Wie der Kläger in seiner Beschwerdebegründung selbst wiedergibt, hat das LSG die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Feststellung zusätzlicher Arbeitsentgelte in Gestalt von zusätzlichen Belohnungen im Bergbau nicht nur deshalb verneint, weil es sich jeweils nicht um Arbeitsentgelt iS von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG handelte, sondern auch weil der tatsächliche Zufluss an den Kläger weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht wurde. Das LSG hat damit seine Entscheidung auf eine weitere Begründung gestützt, die nicht von der vom Kläger angeführten Rechtsfrage betroffen ist (vgl BSG, Urteil vom 30.8.2004 - B 2 U 401/03 B = SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3), sondern diese gerade überflüssig macht. Woraus der Kläger im Widerspruch zu der von ihm zitierten Literaturstelle (Becker, SGb 2007, 261, 268) eine Entscheidungserheblichkeit ableitet, lässt die Beschwerdebegründung offen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, da diese nicht zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beitragen könnte (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11669403 |