Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Verfahrensmangel. Beweisantrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Verfahrensmangel kann auf die Verletzung von § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

 

Normenkette

SGG §§ 103, 160 Abs. 2, § 160a Abs. 2, 4 S. 2

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 09.11.2022; Aktenzeichen L 12 KA 5011/21)

SG München (Entscheidung vom 16.11.2021; Aktenzeichen S 38 KA 5007/21)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9. November 2022 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 34 900,63 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I

Der klagende Zahnarzt wendet sich gegen Kürzungen seines Honoraranspruchs.

Die Beklagte kürzte den Honoraranspruch des Klägers für das Jahr 2019 in Anwendung von Degressionsbestimmungen um zunächst 36 325,14 Euro. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben. Im Dezember 2022 reduzierte die Beklagte den Kürzungsbetrag nach Angaben des Klägers auf 34 900,63 Euro. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II

1. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG. Danach muss die Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darlegen oder die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweicht, oder einen Verfahrensmangel bezeichnen. Daran fehlt es hier. Der Kläger bezeichnet weder eine konkrete Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch eine Divergenz des Urteils des LSG zu einem Urteil des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Er legt vielmehr unter Beweisantritt dar, dass die Entscheidung des LSG aus seiner Sicht unrichtig sei. Darüber hinaus fehlt die erforderliche Darstellung des Sachverhalts, die das BSG in die Lage versetzt, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Beschwerdevortrags ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (vgl BSG Beschluss vom 10.12.2020 - B 6 KA 25/20 B - juris RdNr 9 mwN). Die allgemeine Bezugnahme des Beschwerdeführers auf seinen "erst- und vorinstanzlichen Sachvortrag […] nebst Beweisangeboten" ist insofern nicht ausreichend.

2. Soweit der Kläger geltend macht, dass das LSG Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen habe, kann dies zwar als Geltendmachung eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) in Gestalt einer Verletzung der Pflicht des LSG zur Amtsermittlung nach § 103 SGG interpretiert werden. Ein Verfahrensmangel kann auf die Verletzung von § 103 SGG aber nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGB V). Auch insoweit ist die Beschwerde jedoch unzulässig, weil die an die Bezeichnung des Verfahrensfehlers zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt werden. Der anwaltlich vertretene Kläger legt bereits nicht dar, dass er einen ordnungsgemäß gestellten Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellt bzw aufrechterhalten habe. Dazu hätte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG entweder einen Beweisantrag ordnungsgemäß stellen oder auf einen bereits schriftsätzlich formulierten Beweisantrag Bezug nehmen und diesen so genau bezeichnen müssen, dass er für das Gericht ohne Weiteres auffindbar ist (BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11). Dass diese Voraussetzungen erfüllt wären, trägt der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht vor, sodass die Darlegungsanforderungen insoweit nicht erfüllt werden. Zum Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 3.5.2023, mit dem dieser um die Möglichkeit gebeten hatte, zum Schriftsatz der Gegenseite vom 27.3.2023 innerhalb eines Zeitraums von "mindestens einem Monat" erwidern zu können, war die Frist zur Begründung der Beschwerde nach § 160a Abs 2 Satz 1 und 2 SGG abgelaufen; diese endete bereits am 8.3.2023 (vgl die von der Vorsitzenden am 8.2.2023 verfügte Verlängerung der Frist). Nach Ablauf der Begründungsfrist konnte der Kläger die genannten Darlegungsanforderungen nicht mehr erfüllen (vgl BSG Beschluss vom 28.7.2005 - B 13 RJ 178/05 B - SozR 4-1500 § 178a Nr 3 = juris RdNr 6, 9; BSG Beschluss vom 26.6.2006 - B 1 KR 19/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 10 = juris RdNr 4). Im Übrigen ergibt sich weder aus der Sitzungsniederschrift noch aus dem Urteil des LSG, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag gestellt oder auf einen bereits schriftsätzlich gestellten Beweisantrag Bezug genommen hat (stRspr, zu diesen Anforderungen vgl zB BSG Beschluss vom 24.2.2021 - B 1 KR 50/20 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 29.6.2022 - B 6 KA 7/21 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11, jeweils mwN).

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

5. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht dem Betrag der Kürzung, gegen die sich der Kläger wendet und berücksichtigt die vom Kläger angegebene Reduzierung des Regressbetrags im Dezember 2022.

Oppermann

Just

Rademacker

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15718916

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