Verfahrensgang
SG Heilbronn (Entscheidung vom 24.11.2020; Aktenzeichen S 2 R 4180/18) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 08.02.2022; Aktenzeichen L 13 R 4121/20) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Februar 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die im Jahre 1971 geborene Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag vom 24.4.2017 nach Einholung eines chirurgisch-orthopädischen sowie eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens ab (Bescheid vom 27.4.2018; Widerspruchsbescheid vom 13.11.2018). Das SG hat neben diversen Befund- und Behandlungsberichten ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten unter Einbeziehung eines orthopädisch-rheumatologischen Zusatzgutachtens eingeholt und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.11.2020 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat das LSG auf Antrag der Klägerin ein orthopädisches Gutachten in Auftrag gegeben. Mit Urteil vom 8.2.2022 hat das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Senat sei nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass die Klägerin erwerbsgemindert sei. Er verweise auf die zutreffende und umfängliche Beweiswürdigung des SG. Auch nach dem auf Antrag der Klägerin eingeholten und überzeugenden Gutachten bestehe eine quantitative Leistungsminderung der Klägerin nicht. Zur Überzeugung des Senats sei die Klägerin zudem wegefähig. Der Arbeitsmarkt sei hiernach nicht verschlossen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde zum BSG erhoben. Sie macht eine Rechtsprechungsabweichung geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerdebegründung legt den allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dar. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht (vgl BSG Beschluss vom 11.3.2021 - B 5 R 296/20 B - juris RdNr 9 mwN; BSG Beschluss vom 12.5.2022 - B 5 R 3/22 B - juris RdNr 6). Nicht ausreichend ist, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (stRspr, zB BSG Beschluss vom 8.8.2019 - B 5 R 282/18 B - juris RdNr 16 mwN und aus jüngster Zeit BSG Beschluss vom 21.3.2022 - B 5 R 264/21 B - juris RdNr 5).
Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin trägt vor, die Entscheidung des LSG weiche von dem Urteil des BSG vom 11.12.2019 (B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22) ab. Das BSG habe ausgeführt, dass in einem Summierungsfall mit ungewöhnlichen Auswirkungen die über das Erfordernis der leichten Arbeit hinausgehenden Einschränkungen benannt und die gerade aus ihrer Kombination folgenden ungewöhnlichen Auswirkungen hergeleitet werden müssten. Es bleibe auch bei einer Mehrzahl von qualitativen Leistungseinschränkungen Aufgabe des Tatsachengerichts, dies in ihrer konkreten Bedeutung für ihre Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt abzuklären und zu bewerten. Dem stellt sie keinen abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen Urteil gegenüber, mit dem das LSG ausdrücklich von der Rechtsprechung des BSG abgewichen wäre. Indem die Klägerin ausführt, das Berufungsgericht beschränke sich allein auf die Konstellation, dass die Versicherte einen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen nicht aufsuchen könne, anstatt sich mit der Summierung der außergewöhnlichen Leistungseinschränkungen bei ihr auseinanderzusetzen, wendet sie sich vielmehr gegen die Richtigkeit der Berufungsentscheidung im Einzelfall. Sie verweist darauf, dass der vom SG beauftragte orthopädische Gutachter zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sie das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 3 bis 4 kg mit dem linken Arm zu vermeiden habe, ein Arbeitsplatz mit einer nahegelegenen Toilette notwendig sei und ihr betriebsunübliche Pausen ermöglicht werden müssten. Auf dieses Vorbringen kann eine Divergenzrüge nicht gestützt werden, weil nur die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen die Zulassung der Revision wegen diesem Zulassungsgrund zu begründen vermag. Eine Divergenz besteht nicht, wenn das Berufungsgericht höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil nicht in Frage gestellt, sondern nur missverstanden oder übersehen und deshalb das Recht fehlerhaft angewandt hat (vgl BSG Beschluss vom 21.3.2022 - B 5 R 264/21 B - juris RdNr 6). Mit ihrem Vorbringen in Bezug auf die gutachterlichen Ausführungen rügt die Klägerin letztlich eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde aber von vornherein nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Düring Hannes Hahn
Fundstellen
Dokument-Index HI15320180 |