Verfahrensgang
SG Ulm (Entscheidung vom 18.05.2021; Aktenzeichen S 12 R 4168/18) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.04.2023; Aktenzeichen L 13 R 2020/21) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. April 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die 1973 geborene Klägerin bezog von Februar 2013 bis Oktober 2015 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Ihr Weiterbewilligungsantrag blieb auch im gerichtlichen Verfahren erfolglos. Am 11.4.2018 stellte die Klägerin erneut einen Rentenantrag, den die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens beim Internisten B vom 19.7.2018 ablehnte (Bescheid vom 25.7.2018; Widerspruchsbescheid vom 3.12.2018). Das SG hat die Klage abgewiesen, nachdem es Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und von Amts wegen ein Gutachten beim Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten W vom 2.12.2019 mit ergänzender Stellungnahme vom 3.7.2020 eingeholt hatte (Urteil vom 18.5.2021). Das LSG hat im dagegen von der Klägerin angestrengten Berufungsverfahren auf ihren Antrag ein Gutachten beim Neurologen R vom 25.10.2021 mit ergänzender Stellungnahme vom 17.5.2022 eingeholt. Mit Urteil vom 25.4.2023 hat es die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin sei frühestens am 6.12.2018 erwerbsgemindert gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Im maßgeblichen 5-Jahres-Zeitraum, der wegen einer Verlängerung hier vom 1.3.2008 bis zum 5.12.2018 währe, habe die Klägerin nur 34 Monate mit Pflichtbeiträgen zurückgelegt. Soweit die Sachverständigen W und R einen Leistungsfall bereits im Juli 2018 annähmen, sei dies insbesondere angesichts der vom Internisten B seinerzeit erhobenen Befunde nicht überzeugend. Eine persönliche Anhörung des Sachverständigen R sei nicht erforderlich, weil nach seinen schriftlichen Ausführungen keine aufklärungsbedürftigen Fragen verblieben seien.
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 25.7.2023 begründet hat.
II
1. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen. Ausdrücklich macht sie keinen der Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 SGG geltend. Die sinngemäß geltend gemachten Verfahrensmängel werden nicht anforderungsgerecht bezeichnet.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Die Beschwerdebegründung wird den daraus abgeleiteten Anforderungen nicht gerecht.
Die Klägerin rügt, das LSG habe seine Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG) verletzt, indem es den Sachverständigen R nicht "als Zeuge" vernommen und gehört habe. Wird eine solche Sachaufklärungsrüge erhoben, muss die Beschwerdebegründung ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren prozessordnungsgemäßen, bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag bezeichnen, dem das Berufungsgericht nicht gefolgt ist (stRspr; vgl hierzu und zu den weiteren Anforderungen zB BSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 11). Schon das ist mit der Beschwerde nicht dargetan. Das pauschale Vorbringen der Klägerin, sie habe "ausdrücklich den Beweisantrag gestellt", genügt insoweit nicht.
Soweit die Klägerin "auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs" rügt, kommt dem keine eigenständige Bedeutung zu. Die Regelung in § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 2 SGG zur Beschränkung einer Sachaufklärungsrüge kann nicht dadurch umgangen werden, dass aufgrund desselben Sachverhalts zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG) geltend gemacht wird (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2023 - B 5 R 216/22 B - juris RdNr 13 mwN).
Sollte die Klägerin mit ihrem Vorbringen zur fehlenden Befragung des Sachverständigen R sinngemäß eine Verletzung ihres Fragerechts aus § 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO rügen wollen, wäre auch unter diesem Aspekt eine Gehörsverletzung nicht anforderungsgerecht bezeichnet (vgl dazu, dass das Gericht einem ordnungsgemäßen Antrag auf Befragung eines Sachverständigen grundsätzlich auch dann folgen muss, wenn das Gutachten aus seiner Sicht ausreichend und überzeugend ist und keiner Erläuterung bedarf, zB BSG Beschluss vom 21.10.2021 - B 5 R 148/21 B - juris RdNr 8 mwN). Der Beschwerdebegründung lässt sich schon nicht entnehmen, dass die Klägerin rechtzeitig einen Antrag auf Anhörung des Sachverständigen gestellt und objektiv sachdienliche Fragen schriftlich formuliert oder zumindest angekündigt habe.
Indem die Klägerin im Einzelnen ausführt, warum nach ihrem Dafürhalten der Leistungsfall bereits im April 2014 eingetreten sei, rügt sie eine vermeintliche sachliche Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils. Hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1, § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15977429 |