Verfahrensgang
SG Konstanz (Entscheidung vom 08.06.2020; Aktenzeichen S 7 R 791/18) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.06.2021; Aktenzeichen L 4 R 2108/20) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juni 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das LSG hat ihre Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 8.6.2020, das ihre Klage gegen die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten (Bescheid vom 31.3.2017, Widerspruchsbescheid vom 7.3.2018) nach Einholung zweier neurologisch-psychiatrischer Gutachten (davon eines nach § 109 SGG) abgewiesen hatte, mit Urteil vom 25.6.2021 zurückgewiesen. Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin sei nach dem Ergebnis der sozialmedizinischen Ermittlungen zwar qualitativ eingeschränkt, doch sei sie noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung sei ebenso wenig festzustellen wie eine Einschränkung der Wegefähigkeit.
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie rügt einen Verfahrensmangel.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Klägerin hat einen Verfahrensmangel (Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht ausreichend bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Die Beschwerdebegründung der Klägerin wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie gibt die wesentlichen Erwägungen des LSG zur Würdigung der unterschiedlichen sozialmedizinischen Stellungnahmen wieder und führt sodann aus, dass sie - die Klägerin - hierzu eine andere Auffassung vertrete. Sowohl der behandelnde Neurologe und Psychiater G als auch der Sachverständige L hätten zu Recht festgestellt, dass aufgrund einer Depression mit deutlicher Antriebsminderung und Einengung der affektiven Schwingungsbreite ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht mehr bestehe; zumutbar seien maximal vier Stunden pro Tag. Zwar habe sich das LSG mit den widersprechenden Gutachten auseinandergesetzt. Es sei jedoch zur Einholung eines weiteren Gutachtens verpflichtet gewesen, zumal das Gutachten des Sachverständigen D vom Dezember 2018 nicht mehr aktuell gewesen sei. Vor diesem Hintergrund erhebe sie die "Aufklärungsrüge".
Dieser Begründung mangelt es bereits an der grundlegenden Voraussetzung für eine Rüge der Verletzung der richterlichen Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG), nämlich an der Wiedergabe eines gegenüber dem LSG angebrachten und bis zum Schluss aufrechterhaltenen (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrags (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9; BSG Beschluss vom 7.9.2021 - B 5 R 174/21 B - juris RdNr 10). Die bereits im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Klägerin übersieht, dass die Einordnung und Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse zur Kernaufgabe des LSG als Tatsachengericht gehört. Hält das Gericht eines oder einige von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesen grundsätzlich anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8). Etwas anderes gilt nur, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben. Aber auch wenn solche Umstände vorliegen sollten, kann das mit einer Sachaufklärungsrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nur mit Erfolg gerügt werden, wenn aufgezeigt wird, dass beim LSG mit entsprechend substantiierter Begründung ein Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens angebracht und bis zum Schluss aufrechterhalten worden ist (vgl BSG Beschluss vom 7.9.2021 - B 5 R 174/21 B - juris RdNr 10). Die Klägerin trägt nicht vor, dass sie einen solchen Beweisantrag noch in der mündlichen Verhandlung gestellt hat, obgleich das LSG mit Schreiben vom 5.2.2021 mitgeteilt hatte, dass nicht beabsichtigt sei, ein weiteres Gutachten einzuholen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14902335 |