Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bzw eines Verfahrensfehlers
Orientierungssatz
1. Zur nicht ausreichenden Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage nach der Verfassungsmäßigkeit einer auch bei Mitverschulden gebunden ausgestalteten Aufhebungsentscheidung iS des § 48 Abs 1 S 2 SGB 10 iVm § 330 Abs 3 S 1 SGB 3, wenn sich die Beschwerdebegründung nicht mit der im Geltungsbereich des SGB 3 vorhandenen Rechtsprechung des BSG auseinander setzt (vgl BSG vom 5.6.2003 - B 11 AL 70/02 R und insbesondere zum Mitverschulden BSG vom 28.11.2007 - B 11a/7a AL 14/07 R = SozR 4-1500 § 128 Nr 7).
2. Wird die Verletzung des Art 6 Abs 1 MRK wegen der Verfahrensdauer geltend gemacht, so muss in der Beschwerdebegründung auch dargelegt werden, dass und wie die überlange Verfahrensdauer den Inhalt der Entscheidung beeinflusst hat (vgl BSG vom 29.5.2008 - B 11a AL 111/07 B, vom 4.9.2007 - B 2 U 308/06 B = SozR 4-1500 § 160a Nr 18, vom 19.2.2008 - B 13 R 391/07 B und vom 28.2.2008 - B 7 AL 109/07 B).
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 160a Abs. 2 S. 3; SGB 10 § 48 Abs. 1 S. 2; SGB 3 § 330 Abs. 3 S. 1; MRK Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und eines Verfahrensfehlers sind nicht in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise bezeichnet.
1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auch auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit begründet keinen herabgesetzten Begründungsmaßstab (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; SozR 3-1500 § 160a Nr 23; auch BSG, Beschluss vom 5. Mai 1994 - 12 BK 38/94).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 2. Oktober 2008 nicht. Der Kläger versäumt es bereits, eine hinreichend konkrete Rechtsfrage mit Breitenwirkung zu formulieren. Aber selbst wenn der Beschwerdebegründung sinngemäß die Rechtsfrage nach der Verfassungsmäßigkeit einer auch bei Mitverschulden gebunden ausgestalteten Aufhebungsentscheidung iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) entnommen wird, fehlt jedenfalls eine ausreichende Auseinandersetzung mit der zu dieser Problematik auch im Geltungsbereich des SGB III vorhandenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl BSG, Urteil vom 5. Juni 2003 - B 11 AL 70/02 R; insbesondere zum Mitverschulden BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 7 mwN). Auch die in Bezug genommene "Literatur" wird nicht nachvollziehbar zitiert.
2. Die ordnungsgemäße Bezeichnung eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung des Landessozialgerichts beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) setzt voraus, dass die eine Verletzung begründenden Tatsachen substanziiert und schlüssig dargelegt werden (stRspr; ua BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; SozR 3-1500 § 73 Nr 10). Eine solche Darlegung ist der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht zu entnehmen.
Der Kläger beanstandet zwar die Dauer des Verfahrens und sieht darin einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Selbst wenn man davon ausgeht, dass von Art 6 Abs 1 EMRK nicht nur sozialrechtliche Leistungsansprüche, sondern auch Rückzahlungspflichten erfasst werden, kann dies die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Der Kläger führt insoweit lediglich an, dass er seit beinahe zehn Jahren mit einer finanziellen Forderung im Hintergrund leben müsse, die seine finanzielle Leistungsfähigkeit erheblich überschreite und die für ihn eine enorme psychische Belastung sei. Entgegen der neueren Rechtsprechung des BSG wird aber nicht geltend gemacht, dass und wie die überlange Verfahrensdauer den Inhalt der Entscheidung beeinflusst hätte (vgl BSG, Beschluss vom 29. Mai 2008 - B 11a AL 111/07 B; BSG, Beschluss vom 4. September 2007 - B 2 U 308/06 B = SozR 4-1500 § 160a Nr 18; BSG, Beschluss vom 19. Februar 2008 - B 13 R 391/07 B; BSG, Beschluss vom 28. Februar 2008 - B 7 AL 109/07 B). Da die Beschwerdebegründung vom 2. Oktober 2008 datiert und zwischenzeitlich mehr als ein Jahr seit der grundlegenden Entscheidung des BSG vom 4. September 2007, aaO, vergangen ist, besteht auch kein Bedürfnis mehr, von diesem Begründungserfordernis (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 29. Mai 2008 - B 11a AL 111/07 B) abzusehen.
Die unzulässige Beschwerde ist daher zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen