Verfahrensgang
SG Darmstadt (Entscheidung vom 11.04.2016; Aktenzeichen S 2 R 791/11) |
Hessisches LSG (Urteil vom 27.11.2018; Aktenzeichen L 2 R 132/16) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. November 2018 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines noch zu benennenden Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird abgelehnt.
Gründe
I
Das Hessische LSG hat es mit Urteil vom 27.11.2018 abgelehnt, den Bescheid der Beklagten vom 6.6.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2011 aufzuheben, in dem diese die Verrechnung einer Beitragsforderung der Beigeladenen gegen den laufenden Zahlungsanspruch des Klägers aus seiner Altersrente in Höhe von 75 Euro monatlich ab dem 1.7.2011 erklärte.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil, das ihm am 18.12.2018 zugestellt worden ist, hat der Kläger mit privatschriftlichem Schreiben vom 18.1.2019, das hier am selben Tag eingegangen ist, eine Beschwerde beim BSG angekündigt. Zugleich hat er unter Vorlage einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines noch zu benennenden Prozessbevollmächtigten beantragt. Er hat seinen Antrag mit privatschriftlichen Schreiben vom 28.2.2019, 10.3.2019 und 24.3.2019 begründet.
II
Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung statthafte und vom Kläger angestrebte Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das angegriffene Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein bestimmter Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs anhand der beigezogenen Akten des LSG, der Beklagten und der Beigeladenen auch unter Berücksichtigung der umfangreichen Ausführungen des Klägers nicht ersichtlich. Mit der Ablehnung des PKH-Antrags des Klägers entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
1. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter des Klägers (vgl § 73 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGG) erfolgreich geltend machen könnte, der Rechtssache komme eine grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zu. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Eine derartige Rechtsfrage stellt sich vorliegend nicht.
Die Voraussetzungen, unter denen ein Leistungsträger - hier: die Beklagte - die Beitragsansprüche eines anderen Leistungsträgers - hier: der Beigeladenen - gegen einen Berechtigten - hier: den Kläger - mit Geldleistungsansprüchen des Berechtigten verrechnen kann, ergeben sich unmittelbar aus § 52 iVm § 51 Abs 2 SGB I. Dass zum Nachweis einer die Verrechnung ausschließenden Hilfebedürftigkeit bei verheirateten und nicht dauernd getrennt lebenden Leistungsberechtigten wie dem Kläger das Einkommen und Vermögen beider Ehepartner gemeinsam berücksichtigt wird, folgt unmittelbar aus § 52 iVm § 51 Abs 2 SGB I, §§ 27 Abs 1, Abs 2 Satz 2 SGB XII. Die Frage, ob ein Leistungsträger sich bei der Verrechnung einer öffentlich-rechtlichen Forderung eines Verwaltungsakts bedienen darf, ist höchstrichterlich geklärt (vgl BSG Beschluss vom 31.8.2011 - GS 2/10 - BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 16 ff; BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 39 ff; aus jüngerer Zeit etwa BSG Beschluss vom 13.6.2017 - B 13 R 23/16 BH - juris RdNr 7). Gleichermaßen geklärt sind die Anforderungen, die das Bestimmtheitserfordernis (§ 33 Abs 1 SGB X) an derartige Verrechnungsverwaltungsakte stellt (vgl etwa BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 46 ff; BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 13/12 R - juris RdNr 20). Danach ist es ausreichend, dass die zur Verrechnung gestellten Forderungen des anderen Leistungsträgers - hier: der Beigeladenen - bestimmbar sind; eine Aufschlüsselung nach Umfang, Entstehungszeitpunkt, Bezugszeitraum oder Fälligkeit ist grundsätzlich nicht erforderlich (BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 52). Soweit der Kläger den angegriffenen Verrechnungsbescheid der Beklagten für nicht hinreichend bestimmt hält, argumentiert er auf tatsächlicher Ebene und bezogen auf seinen Einzelfall. Eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage wird hierdurch nicht aufgeworfen.
Mit seinem Vorbringen, in der Sache werde eine Schadensersatzforderung gegen ihn erhoben, verkennt der Kläger, dass nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) die Beigeladene von ihm als Beitragsschuldner Zahlung verlangt und ihn nicht etwa als Gesellschafter für Schulden der Hausverwaltung G. und W. GbR in Haftung nimmt. Im Übrigen ist höchstrichterlich geklärt, dass persönlich haftende Gesellschafter auch für öffentlich-rechtliche Ansprüche gegen die Gesellschaft einzustehen haben (vgl dazu nur BSG Urteil vom 20.7.1988 - 12 RK 53/86 - juris RdNr 18, 22 ff unter Hinweis auf BGH Urteil vom 16.2.1961 - III ZR 71/60 - BGHZ 34, 293).
Ebenso wenig erwächst eine im Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage aus dem ausführlichen, für den Kläger offensichtlich zentralen Vortrag, schon die Beitragsbescheide der Beigeladenen vom 13.3.1990 und 28.5.1998 würden dem Bestimmtheitserfordernis nicht genügen, insbesondere wegen der aus seiner Sicht unzureichenden Aufschlüsselung der Nebenforderungen. Auch dieses Vorbringen ist lediglich einzelfallbezogen. Zur abstrakt-generellen Frage nach der Bestimmtheit von Beitragsbescheiden sind bereits eine Vielzahl von höchstrichterlichen Entscheidungen ergangen (vgl etwa BSG Urteil vom 16.2.1982 - 12 RK 62/80 - SozR 1300 § 33 Nr 1 S 1 f; BSG Urteil vom 27.9.1983 - 12 RK 84/80 - juris RdNr 10; BSG Urteil vom 11.12.1986 - 12 RK 2/85 - juris RdNr 17; BSG Urteil vom 23.11.1992 - 12 RK 38/90 - juris RdNr 12; BSG Urteil vom 8.12.1999 - B 12 KR 18/99 R - BSGE 85, 200, 202 = SozR 3-2400 § 28e Nr 2 S 13 = juris RdNr 16; BSG Urteil vom 28.5.2015 - B 12 R 16/13 R - SozR 4-2400 § 28p Nr 5 RdNr 31). Zudem ist die Frage nach den Bestimmtheitsanforderungen, denen Beitragsbescheide unterliegen, für diesen Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Eine nicht ausreichende Bestimmtheit der Beitragsbescheide vom 13.3.1990 und vom 28.5.1998 würde allenfalls zu deren Rechtswidrigkeit führen, aber nicht ohne Weiteres einer Verrechnung mit der darin festgestellten Beitragsforderung entgegenstehen. Eine Verrechnungslage entsprechend § 387 BGB liegt in Bezug auf die Aktivforderung vor, wenn diese entstanden und fällig ist (vgl etwa BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 4 R 71/06 R - BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 26; BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 55). Hierfür reicht es aus, dass sie vollstreckbar festgestellt ist (vgl BSG Urteil vom 24.7.2003 - B 4 RA 60/02 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 1 RdNr 15; BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 4 R 71/06 R - SozR 4-2500 § 255 Nr 1 RdNr 26 f; BSG Urteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 15). Wie der Kläger selbst einräumt, sind die gegen ihn geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge iHv 11 528,35 Euro zuzüglich Nebenforderungen bis zum 31.3.2011 iHv 68 102, 12 Euro zuzüglich weiterer Säumniszuschläge iHv 215 Euro monatlich aber durch Verwaltungsakt bestandskräftig (vgl § 77 SGG) festgestellt worden, eben durch die Bescheide der Beigeladenen vom 13.3.1990 und 28.5.1998.
Ferner ist bereits entschieden, dass Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die darauf entfallenden Nebenforderungen wie ua Säumniszuschläge (vgl dazu etwa BSG Urteil vom 17.4.2008 - B 13 R 123/07 R - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 mwN) zwar der vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV unterliegen; die kurze Verjährungsfrist sich aber auf 30 Jahre verlängert, wenn der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist (vgl BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 13/12 R - juris RdNr 23 f; BSG Beschluss vom 13.6.2017 - B 13 R 23/16 BH - juris RdNr 7). Zudem ist inzwischen geklärt, dass die Verjährung nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV nur auf eine entsprechende Einrede hin zu beachten ist (vgl BSG Urteil vom 19.9.2019 - B 12 KR 21/19 R - juris RdNr 33 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dass jede vorgenommene Vollstreckungshandlung des Beitragsgläubigers die Frist erneut beginnen lässt, folgt seit dem 1.1.2002 unmittelbar aus § 25 Abs 2 Satz 1 SGB IV iVm § 212 Abs 1 Nr 2 BGB und davor - noch mit dem inzwischen überholten Begriff der Verjährungsunterbrechung - unmittelbar aus § 25 Abs 2 Satz 1 SGB IV iVm § 209 Abs 1, Abs 2 Nr 5, § 217 BGB in der jeweils bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung. Auch mit dem Vorbringen des Klägers, damit könne der Beitragsgläubiger die Verjährungsfrist "nach Belieben auf Dauer … verhindern", was er als verfassungswidrig erachtet, ließe sich keine im Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage darlegen. Die Frage, ob Beitragsforderungen im Sinne einer vom Kläger befürworteten "absoluten Verjährung" nach längstens 30 Jahren verjähren, ist in diesem Rechtsstreit jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Selbst die Verjährung der gegen ihn gerichteten Beitragsforderung würde die Beklagte nicht grundsätzlich an einer Verrechnung mit seinem Rentenzahlungsanspruch hindern. Nach § 215 Alt 1 BGB schließt die Verjährung die Aufrechnung nicht aus, wenn der Aktivanspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte. Diese zivilrechtliche Regelung gilt auch für die Aufrechnung im Bereich des öffentlichen Rechts (BSG Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 9/16 R - SozR 4-5562 § 11 Nr 2 RdNr 24) und damit über § 52 SGB I entsprechend für die Verrechnung. Eine Verrechnungslage bestand vorliegend aber schon deutlich vor dem Ablauf einer Frist von 30 Jahren, selbst dann, wenn man im Sinne des Klägers für den Fristbeginn auf den Zeitraum abstellen wollte, für den die Gesamtsozialversicherungsbeiträge geschuldet wurden (1.4. bis 31.12.1983), denn nach den Feststellungen des LSG, die wie erwähnt für den Senat bindend sind, bezieht der Kläger seit September 2007 Altersrente und war die Beklagte bereits mit Schreiben vom 27.3.2003 von der Beigeladenen zur Verrechnung ermächtigt worden.
Der vorliegende Rechtsstreit wirft mit Blick auf den zeitlichen Abstand zwischen Entstehen der Beitragsforderung und Vornahme der Verrechnung auch keine anderweitigen, im Revisionsverfahren zu klärenden Fragen auf. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass und unter welchen Voraussetzungen Beitrags(nach)forderungen verwirkt sein können (vgl zuletzt etwa BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 6/14 R - SozR 4-2500 § 255 Nr 2 RdNr 18 ff mwN). Danach gelten grundsätzlich strenge Anforderungen für die Annahme eines Verwirkungsverhaltens des Gläubigers (BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 6/76 - BSGE 47, 194, 197 f = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17; BSG Urteil vom 1.7.2010 - B 13 R 67/09 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 33; BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 6/14 R - SozR 4-2500 § 255 Nr 2 RdNr 20). Ebenfalls geklärt ist, dass der Einwand unzulässiger Rechtsausübung auch im Bereich des Sozialrechts zu beachten ist, welche Voraussetzungen gelten und dass dabei die Anlegung eines strengen Maßstabs geboten ist (vgl zuletzt etwa BSG Urteil vom 27.6.2012 - B 5 R 88/11 R - BSGE 111, 107 = SozR 4-2600 § 233 Nr 2, RdNr 18 f mwN).
2. Es spricht ferner nichts dafür, dass ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter mit Erfolg den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend machen könnte. Die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen. Auch das klägerische Vorbringen bezieht sich vor allem auf die seiner Ansicht nach unrichtige Rechtsanwendung des LSG in seinem konkreten Fall. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl etwa BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; jüngst BSG Beschluss vom 2.9.2019 - B 13 R 354/18 B - juris RdNr 9).
3. Schließlich lässt sich kein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) feststellen, auf dem die Entscheidung des LSG beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte. Anhaltspunkte für einen solchen Verfahrensmangel ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, das LSG habe zu seinen Lasten "ungeprüfte Angaben" der Beigeladenen übernommen und nicht sämtliche Beitrags- und Haftungsbescheide, die die Beigeladene teilweise nicht mehr habe vorlegen können, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Indem der Kläger darin sinngemäß einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) erblickt, verkennt er bereits, dass nach der Rechtsauffassung des LSG die zur Verrechnung gestellte Forderung der Beigeladenen allein aus den bestandskräftigen Beitragsbescheiden vom 13.3.1990 und 28.5.1998 resultiert, deren materielle Rechtmäßigkeit im Rahmen der Verrechnung gerichtlich nicht überprüft werde. Das LSG hat damit keinen Anlass für weitere Ermittlungen zu etwaigen zuvor erlassenen Beitrags- und Haftungsbescheiden der Beigeladenen gehabt. Bei der Prüfung, ob ein prozessuales Vorgehen des Berufungsgerichts einen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG begründet, ist aber von der materiell-rechtlichen Auffassung des LSG und nicht von derjenigen des Beschwerdegerichts oder des Beschwerdeführers auszugehen (stRspr; vgl etwa BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33 S 29; BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - juris RdNr 18; aus jüngerer Zeit BSG Beschluss vom 3.2.2020 - B 13 R 295/18 B - juris RdNr 4). Im Übrigen könnte ein Verfahrensmangel nur auf einen - hier schon nicht ersichtlichen - Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Nach Aktenlage hat der im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger einen derartigen Antrag aber jedenfalls nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten.
Soweit der Kläger vorbringt, auch die demnach allein erheblichen Beitragsbescheide vom 13.3.1990 und 28.5.1998 seien vom LSG nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden, wodurch er sinngemäß seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 Halbsatz 1 SGG) verletzt sieht, stimmt sein Vorbringen nicht mit dem tatsächlichen Ablauf des Berufungsverfahrens überein (s dazu, dass ein geltend gemachter Verfahrensmangel auch tatsächlich vorliegen muss, BSG Urteil vom 14.7.1955 - 8 RV 177/54 - BSGE 1, 150, 152 f; BSG Beschluss vom 31.7.1975 - 5 BJ 28/75 - SozR 1500 § 160 Nr 5 S 6). Das LSG hat ua die Verwaltungsakte der Beklagten, die bereits dem SG vorgelegen hatte, beigezogen. Die zweibändige Verwaltungsakte hat ab dem 10.6.2016 vorgelegen, wie sich aus dem der Prozessakte vorgehefteten Blatt "Medizinische Unterlagen und Beiakten: L 2 R 132/16" ergibt. Darin finden sich als Bl 273 und Bl 276 Abschriften der Bescheide vom 13.3.1990 und 28.5.1998, welche die Beigeladene der Beklagten am 5. bzw 29.4.2011 vorgelegt hatte. Die Verwaltungsakte der Beklagten ist ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 30.5.2017 gemacht worden. In der Sitzungsniederschrift vom 27.11.2018 findet sich zwar keine erneute Angabe zu den vorliegenden Akten. Angaben zu den vorliegenden Akten sind indes, weil sie nicht den äußeren Hergang der Verhandlung betreffen, keine Förmlichkeiten des Verfahrens iS von § 202 SGG iVm § 165 Satz 1 ZPO(s zu nur letzteren nur Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, Zivilprozessordnung, 78. Aufl 2020, § 165 RdNr 4 mwN). Sie werden nicht von der Beweiskraft des Protokolls erfasst. Das LSG hat dann im Tatbestand des Berufungsurteils mitgeteilt, ua die Verwaltungsakte der Beklagten sei Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 139 Abs 1 SGG) hat der seinerzeit anwaltlich vertretene Kläger nicht gestellt.
Fundstellen
Dokument-Index HI13880485 |