Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. Februar 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 207 596,99 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich die klagende GmbH gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 207 596,99 Euro, die die beklagte Deutsche Rentenversicherung (DRV) Berlin-Brandenburg anlässlich einer Betriebsprüfung erhob.
Die Klägerin betreibt ein Omnibusunternehmen. Im streitigen Zeitraum 2005 bis 2007 beschäftigte sie etwa 90 fest angestellte Busfahrer sowie mindestens zwölf Fahrer "auf Honorarbasis". Ab dem 24.11.2008 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung hinsichtlich des Zeitraums 2004 bis 2007 durch. Sie mündete im angefochtenen Bescheid vom 24.1.2012 idF des Änderungsbescheides vom 7.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.2.2013. Darin stellte die Beklagte fest, dass die zu 1. bis 11. beigeladenen Busfahrer aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlagen und forderte entsprechende Beiträge nach. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (SG-Urteil vom 26.4.2016; LSG-Beschluss vom 1.2.2019). Das LSG hat im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des SG-Urteils verwiesen. Dass die Beigeladenen zu 1. bis 11. abhängig beschäftigt gewesen seien, stehe außer Zweifel. Die Beitragsnachforderung sei auch nicht teilweise verjährt. Die Betriebsprüfung sei nicht unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden. Wie im abgaberechtlichen Verfahren berührten spätere, auch längere Unterbrechungen nicht die Ablaufhemmung und stellten auch keine Verwirkung dar. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9). Vorstehendes gilt auch für Beschlüsse des LSG nach § 153 Abs 4 S 1 SGG oder § 158 S 2 SGG(vgl § 153 Abs 4 S 3, § 158 S 3 SGG) .
Die Beschwerdebegründung vom 7.5.2019 stützt sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
1. Die Klägerin legt den geltend gemachten Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - Juris RdNr 6 mwN). In der Beschwerdebegründung muss eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht formuliert werden (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Im Rahmen der Klärungsbedürftigkeit ist in der Beschwerdebegründung darzulegen, inwieweit sich weder aus den gesetzlichen Bestimmungen noch aus der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG hinreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben. Auch wenn eine Rechtsfrage noch nicht ausdrücklich höchstrichterlich entschieden worden ist, so ist sie als geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte auch zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie BSG Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Schließlich ist im Rahmen der Klärungsfähigkeit darzulegen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste, die Frage also entscheidungserheblich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im konkreten Rechtsstreit nicht notwendigerweise beantwortet werden muss, weil die Entscheidung der Vorinstanz mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 9g mwN). Dies ist auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen, weshalb sich auch die Darlegungen zu dieser Zulässigkeitsvoraussetzung auf die in der angegriffenen Entscheidung mit Bindungswirkung für das BSG (§ 163 SGG) festgestellten Tatsachen beziehen müssen.
Die Klägerin wirft auf Seite 6 der Beschwerdebegründung die Frage auf,
"ob selbstständig tätige Busfahrer ohne eigenen Bus (= Betriebsmittel), die für mehrere Auftraggeber Busfahrten auf vorgegebenen Strecken (des öffentlichen Personen- und Nahverkehrs) zu vorgegebenen Zeiten ausführen, als nichtselbstständig Beschäftigte i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV zu beurteilen sind."
Auf Seite 8 formuliert sie die Frage,
"ob eine Hemmung der Verjährung für die Dauer der Betriebsprüfung wegen Unterbrechung von mehr als sechs Monaten i.S.d. § 25 Abs. 2 Satz 3 SGB IV ausgeschlossen war oder nicht."
a) Es kann offenbleiben, ob die Klägerin mit ihrer ersten Frage eine den oben dargestellten Zulässigkeitsanforderungen genügende Rechtsfrage formuliert. Hinsichtlich der zweiten Frage ist dies offensichtlich nicht der Fall, weil sie darin ausdrücklich nur eine Subsumtionsfrage stellt, also lediglich nach der individuellen Rechtsanwendung auf ihren konkreten Sachverhalt fragt.
b) Unabhängig hiervon legt die Klägerin hinsichtlich beider Fragen die Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar.
Wie der Senat schon mehrfach entschieden hat genügt zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit nicht allein die Behauptung, das BSG habe im Zusammenhang mit der streitentscheidenden Norm noch nicht zu einer bestimmten Berufsgruppe (zB Busfahrer bzw Berufskraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug) entschieden, es gebe insoweit differenzierende Entscheidungen der Instanzgerichte und die Klärung dieser Frage sei von allgemeinem Interesse. Dies betrifft regelmäßig allein die Subsumtion konkreter Umstände unter eine Norm und keine klärungsbedürftige Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, selbst wenn der Einzelfall beispielgebend für eine Vielzahl von Angehörigen dieser Berufsgruppe wäre. Vielmehr wäre zur Klärungsbedürftigkeit einer sich im Zusammenhang hiermit möglicherweise ergebenden abstrakten Rechtsfrage darzulegen, dass diese anhand der in Rechtsprechung und Literatur entwickelten abstrakten Grundsätze nicht zu beantworten ist (vgl BSG Beschluss vom 13.6.2017 - B 12 KR 10/17 B - Juris RdNr 24 mwN).
Hinsichtlich ihrer zweiten Frage - deren Qualität als Rechtsfrage unterstellt - befasst sich die Klägerin nicht hinreichend mit der Rechtslage. Nach § 25 Abs 2 S 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den aufgrund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Gemäß Satz 4 der Vorschrift beginnt die Hemmung mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Hieraus ergibt sich, dass die Verjährung grundsätzlich für die Dauer der Betriebsprüfung gehemmt ist, ohne dass es insoweit eine abstrakt/generelle Höchstbegrenzung gibt. Als Ausnahme hiervon sieht Satz 3 vor, dass die Hemmung nach Satz 2 nicht gilt, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Vor diesem Hintergrund legt die Klägerin nicht dar, inwieweit die das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (§ 163 SGG) - unabhängig vom Zeitpunkt - überhaupt den Schluss auf eine "Unterbrechung" iS von § 25 Abs 2 S 3 SGB IV zulassen können und warum die Dauer einer Betriebsprüfung Einfluss auf die Hemmung der Verjährung haben kann.
c) Schließlich legt die Klägerin auch die Klärungsfähigkeit ihrer Fragen nicht hinreichend dar. Sie behauptet lediglich, jene seien klärungsfähig, begründet dies aber nicht hinreichend.
Hinsichtlich der ersten Frage kommt hinzu, dass die Zuordnung einer Tätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit nach deren Gesamtbild vorzunehmen ist und voraussetzt, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 6.11.2015 - B 12 R 31/15 B - Juris RdNr 11 mwN). Die Klägerin hätte daher alle vom SG und ihm folgend vom LSG in die Abwägung eingestellten Gesichtspunkte sowie deren jeweilige Gewichtung benennen und darlegen müssen, dass sich durch die von ihr favorisierte Beantwortung der formulierten Frage das Gewicht der vom SG bzw LSG in die vorgenommene Gesamtabwägung eingestellten Indizien so zu ihren (der Klägerin) Gunsten verschieben würde, dass entgegen dem Abwägungsergebnis der Vorinstanzen eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. bis 11. nicht mehr angenommen werden könnte. Daran fehlt es.
2. Auch den Revisionszulassungsgrund der Divergenz legt die Klägerin nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise dar.
Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil bzw der Beschluss des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).
Die Klägerin ist der Meinung, der angefochtene Beschluss des LSG weiche vom Urteil des Senats vom 28.5.2008 (B 12 KR 13/07 R - Juris) ab. Darin sei die Tätigkeit von "freien" Flugzeugführern bzw Piloten, die "fremde" Flugzeuge auf fest vorgegebenen Routen zu vorgegebenen Flugzeiten führten, als selbstständig bewertet worden. Hiermit sei der vorliegende Fall vergleichbar. Demzufolge weiche das LSG mit seiner Beurteilung von dem genannten Senatsurteil ab.
Die Beschwerdebegründung erfüllt nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen, weil die Klägerin weder der angefochtenen noch der in Bezug genommenen Entscheidung abstrakte Rechtssätze entnimmt, die zum Nachweis der behaupteten Abweichung gegenüberzustellen wären. Somit legt die Klägerin nicht dar, dass das LSG im Grundsätzlichen von der Rechtsprechung des BSG abgewichen wäre. Die Klägerin beruft sich lediglich darauf, dass das BSG in einem konkreten Fall, der ihrer Meinung nach mit dem vorliegenden vergleichbar ist, zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als das LSG. Hierdurch wird aber keine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG dargelegt.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13500538 |