Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 10.07.2018; Aktenzeichen L 18 R 147/17) |
SG Köln (Entscheidung vom 15.02.2017; Aktenzeichen S 11 R 1345/16) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juli 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat mit Urteil vom 10.7.2018 - zugestellt am 2.8.2018 - die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 15.2.2017 zurückgewiesen. Damit hatte das Sozialgericht (SG) die gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1.7.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2016 gerichtete Klage auf Rente in Höhe von ... Euro abgewiesen. In dem anschließenden Berufungsverfahren hat der Kläger in der öffentlichen Sitzung vom 10.7.2018 laut Niederschrift erklärt, dass er Staatsanwälte und Richter, auch den Senat im Ganzen ablehne. Er hat außerdem - nach Hinweis auf die mangelnde Sachdienlichkeit - ausdrücklich beantragt, die Rentenversicherung zu annullieren, weil sie ihrem Versicherungsauftrag nicht gerecht werde. Das LSG hat in den Äußerungen des Klägers keinen konkreten Ablehnungsantrag wegen Befangenheit gesehen, weil sich der Kläger weder auf die konkrete Sache noch auf die konkreten Personen bezogen habe. Das vom Kläger zuletzt gestellte Begehren sei unzulässig, weil Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens allein die Anpassungsmitteilung gewesen sei. Er habe trotz Hinwirkens auf einen sachdienlichen Antrag und entsprechender Nachfrage an seinem Antrag festgehalten. Im Übrigen sei auch das ursprüngliche Begehren nicht begründet gewesen.
Der Kläger hat mit einem von ihm selbst unterzeichneten Schreiben vom 4.8.2018 (Eingang beim Bundessozialgericht ≪BSG≫ am 6.8.2018) zunächst Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem oben genannten Urteil eingelegt und hierfür Prozesskostenhilfe (PKH) nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt sowie Gründe hierfür vorgetragen. Die Beschwerde hat er mit Schreiben vom 9.8.2018 zurückgenommen.
II
Der Antrag auf PKH ist abzulehnen.
Nach § 73a Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier.
Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung statthafte und von dem Kläger angestrebte Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG). Die Revision darf gemäß § 160 Abs 2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in seinem Schreiben vom 4.8.2018 sowie nach Durchsicht der Akten ist das hier nicht der Fall.
Es ist nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 2 und 4 SGG) erfolgreich geltend machen könnte, dass der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) zukommt. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Anhaltspunkte für eine derartige Rechtsfrage sind im Fall des Klägers nicht vorhanden. Die pauschalen Ausführungen des Klägers, etwa dass es sich bei der Bundesrepublik Deutschland um ein Unrechtssystem handele, erst oberhalb von 1100 Euro von einer Rentenversicherungsleistung gesprochen werden könne, oder dass die Rentenversicherung versicherungsfremde Leistungen abwickele, reichen hierfür nicht.
Es ist insbesondere bereits geklärt, dass die Anpassungsmitteilung, hier zum 1.7.2016, nur die Berechnung des Rentenzahlbetrags auf Grund des geänderten aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI) betrifft und die weiteren Berechnungsfaktoren der Rente nach § 64 SGB VI unberührt lässt (vgl Senatsbeschluss vom 26.10.2017 - B 13 R 54/17 B - Juris RdNr 9 mwN). Ebenso wenig bestehen angesichts der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl BVerfG ≪Beschluss≫ vom 3.6.2014 - 1 BvR 79/09 - SozR 4-2600 § 68 Nr 4; vom 26.7.2007 - 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07 - SozR 4-2600 § 68 Nr 2) klärungsbedürftige Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsvorschriften, die der Rentenanpassung zugrunde liegen.
Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger einen konkreten Ablehnungsantrag wegen Befangenheit überhaupt gestellt hat. Die Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers ohne ausreichende Individualisierung ist jedenfalls missbräuchlich (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 19.1.2010 - B 11 AL 13/09 C - SozR 4-1500 § 60 Nr 7, Juris RdNr 11). In einem solchen Fall kann ohne Verstoß gegen Art 101 Abs 1 S 2 Grundgesetz (GG) und in Abweichung von § 45 Abs 1 ZPO der Spruchkörper unter Mitwirkung der abgelehnten Richter entscheiden (stRspr; vgl ua BVerfG Beschluss vom 15.6.2015 - 1 BvR 1288/14 - Juris RdNr 15 mwN).
Soweit der Kläger unter Hinweis auf seine Schwerhörigkeit geltend machen will, dass seine Anträge falsch ausgelegt oder wiedergegeben worden seien, steht dem der ausdrückliche Wortlaut der Niederschrift vom 10.7.2018 entgegen. Daraus ergibt sich, dass der Kläger nach ausdrücklichem Hinweis auf die mangelnde Sachdienlichkeit an dem - vorgelesenen und genehmigten - Antrag festgehalten hat. Insoweit kommt der Niederschrift nach § 122 SGG iVm § 165, § 160 Abs 3 Nr 2 ZPO Beweiskraft zu.
Selbst wenn sich der Kläger mit seinem Vorbringen mangelnden Versicherungsschutzes durch die gesetzliche Rentenversicherung sinngemäß weiter gegen die Rentenanpassung wenden wollte (§ 123 SGG), so hätte sein Anliegen - worauf auch das LSG hingewiesen hat - im Ergebnis keine Erfolgsaussichten. PKH ist auch dann zu versagen, wenn klar auf der Hand liegt, dass der Antragsteller letztlich nicht dasjenige erreichen kann, was er in der Hauptsache anstrebt (stRspr; ua BSG Beschluss vom 26.10.1994 - 8 BH (Kn) 1/94 - SozR 3-6610 Art 5 Nr 1, SozR 3-1300 § 44 Nr 13, RdNr 6).
Das LSG konnte die Berufung des Klägers auch durch die Berichterstatterin unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zurückweisen (§ 153 Abs 5 SGG), da der LSG-Senat die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG mit Beschluss vom 15.3.2018 auf die Berichterstatterin übertragen hatte.
Soweit sich der Kläger generell gegen den Anwaltszwang wenden will, der außerhalb des PKH-Verfahrens vor dem BSG gilt (§ 73 Abs 4 SGG), so bestehen insoweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken; dieser ist mit den Bestimmungen des GG vielmehr vereinbar (vgl Senatsbeschluss vom 13.3.2015 - B 13 R 83/15 B - Juris RdNr 7).
Dass das LSG nicht der Rechtsansicht des Klägers gefolgt ist und er das Berufungsurteil inhaltlich für unzutreffend hält, eröffnet die Revisionsinstanz nicht.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI12463472 |