Verfahrensgang
SG Wiesbaden (Entscheidung vom 23.09.2019; Aktenzeichen S 4 R 373/14) |
Hessisches LSG (Urteil vom 12.07.2021; Aktenzeichen L 5 R 301/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Juli 2021 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die am 1949 geborene Klägerin begehrt eine höhere Altersrente.
Die Beklagte bewilligte ihr ab Juli 2014 Regelaltersrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von anfangs 217,31 Euro (Bescheid vom 2.7.2014). Dabei erkannte sie 24 Monate Kindererziehungszeiten wegen der Erziehung des am 4.12.1971 geborenen Sohnes der Klägerin an (1.1.1972 bis 31.12.1973). Da die Kindererziehungszeiten durchgehend mit Beitragszeiten wegen Beschäftigung zusammentrafen, ermittelte die Beklagte die Entgeltpunkte für erstere, indem sie die Entgeltpunkte für die zeitgleich vorliegenden Beitragszeiten wegen Beschäftigung gemäß § 70 Abs 2 Satz 2 SGB VI bis zum Erreichen der jeweiligen Höchstwerte nach Anlage 2b zum SGB VI erhöhte. Es ergab sich eine Erhöhung um 0,8683 Entgeltpunkte für 1972 und um 0,6260 Entgeltpunkte für 1973. Das Ansinnen der Klägerin, ihr anstelle der - hinter einem Entgeltpunkt zurückbleibenden - Erhöhung für 1973 einen Zuschlag in Höhe von einem Entgeltpunkt nach § 307d SGB VI zu gewähren, lehnte die Beklagte ab (Widerspruchsbescheid vom 21.11.2014).
Das SG hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 23.9.2019). Das LSG hat die von der Klägerin eingelegte Berufung mit Urteil vom 12.7.2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe die Rentenhöhe zutreffend festgesetzt. Dass für den vor dem 1.1.1992 geborenen Sohn 24 Monate Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen seien, ergebe sich aus § 249 Abs 1 SGB VI in der ab dem 1.7.2014 anwendbaren Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes. Die weitere Berechnung entspreche den Anforderungen des § 70 Abs 2 Satz 2 SGB VI. Auf den zum 1.7.2014 eingefügten § 307d Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGB VI in der Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes könne die Klägerin den geltend gemachten Anspruch nicht stützen. Die Vorschrift sehe einen Zuschlag an Entgeltpunkten in den Fällen vor, in denen am 30.6.2014 Anspruch auf eine Rente bestanden habe. Wie das LSG im Einzelnen ausgeführt hat, reiche hierfür nicht das Bestehen eines Rentenstammrechts aus. Vielmehr müsse am Stichtag ein Auszahlungsanspruch bestanden haben. Die Klägerin habe die Auszahlung ihrer Renten jedoch erstmals am 1.7.2014 beanspruchen können.
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 18.10.2021 begründet hat. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet wird. Sie ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen.
Die Klägerin legt eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht anforderungsgerecht dar. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde mit diesem Zulassungsgrund (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) begründet, muss in der Beschwerdebegründung dargetan werden, dass die Rechtssache eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss zur ordnungsgemäßen Darlegung dieses Revisionszulassungsgrundes daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN). Die Beschwerdebegründung vom 18.10.2021 wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
Die Klägerin formuliert darin die Frage:
"Genügt es zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen 'Anspruch auf eine Rente' im § 307d Abs. 1 i.d.F. des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23. Juni 2014, dass am 30. Juni 2014 bereits ein Rentenstammrecht bestand oder ist hierfür zwingend die Entstehung eines Rentenauszahlungsanspruchs erforderlich?"
Sie vertritt dazu die Auffassung, "Anspruch auf eine Rente" iS von § 307d Abs 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) vom 23.6.2014 (BGBl I 787 - im Folgenden: SGB VI aF) bestehe, sobald das Rentenstammrecht entstanden sei, dh hier das grundsätzliche Recht, eine Regelaltersente wegen Erreichens der Altersgrenze nach Maßgabe der Vorschriften des SGB VI zu erhalten (vgl zur Unterscheidung zwischen Rentenstammrecht und -zahlungsanspruch BSG vom 21.1.1993 - 13 RJ 19/91 - BSGE 72, 39 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 9, RdNr 71; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 4 RA 70/93 - SozR 3-2600 § 300 Nr 3 RdNr 15; BSG Urteil vom 30.9.1997 - 4 RA 6/96 - SozR 3-2200 § 1304a Nr 3 RdNr 14 f). Die Klägerin legt die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar.
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort nicht außer Zweifel steht, sich zB nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nicht bereits höchstrichterlich entschieden ist (BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung getroffen wurde oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die nunmehr maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (aus jüngerer Zeit zB BSG Beschluss vom 6.4.2021 - B 5 RE 16/20 B - juris RdNr 6 mwN). Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin behauptet zwar, weder sei zu der aufgeworfenen Frage höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen noch lasse sich der bisher zum Themenkomplex ergangenen BSG-Rechtsprechung eine Antwort hierauf entnehmen. Hierzu bringt sie vor, anders als vom LSG dargestellt, werde es ua vom BSG in seinem Urteil vom 28.6.2018 (B 5 R 12/17 R - BSGE 126, 118 = SozR 4-2600 § 307d Nr 3) nicht als offensichtlich angenommenen, dass § 307d Abs 1 SGB VI aF nur die Fälle erfasse, in denen am 30.6.2014 bereits eine Rente bezogen worden sei. Im dortigen Rechtsstreit sei es nicht auf die hier aufgeworfene Frage angekommen, weil die dortige Klägerin lange vor dem Stichtag eine Rente bezogen und offensichtlich zur Gruppe der Bestandsrentner gehört habe. Die Klägerin setzt sich jedoch nicht damit auseinander, dass das BSG in der genannten Entscheidung befunden hat, Gegenstand der Regelung in § 307d Abs 1 iVm Abs 2 Satz 1 SGB VI aF sei eine Erhöhung des Höchstwerts "am Stichtag 30.6.2014 vorhandener Bestandsrenten" (RdNr 11) und nach der Regelung werde "(b)ei einer laufenden Rente am Stichtag 30.6.2014" die Rentenhöhe unter zusätzlicher pauschaler Berücksichtigung eines weiteren persönlichen EP neu bestimmt (RdNr 12). Gleichermaßen fehlt eine Auseinandersetzung mit dem vom LSG weiter angeführten Urteil des BSG vom 26.9.2019 (B 5 R 6/18 R - SozR 4-2600 § 307d Nr 5), wonach § 307d Abs 1 SGB VI aF die Rentenversicherungsträger verpflichte, den Höchstwert "am Stichtag 30.6.2014 vorhandener Bestandsrenten" durch die zusätzliche Berücksichtigung eines Zuschlags zu erhöhen (RdNr 13).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Düring Gasser Hannes
Fundstellen
Dokument-Index HI15098625 |