Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 SGG. Beendigung einer Streitgenossenschaft durch Verfahrenstrennung
Leitsatz (amtlich)
Ist die - möglicherweise notwendige - Streitgenossenschaft zwischen gemeinsam Klagenden durch eine Verfahrenstrennung beendet worden, ist kein Raum mehr für die Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialgerichts (§ 58 Abs 1 Nr 5 SGG).
Normenkette
SGG § 58 Abs. 1 Nr. 5, § 74
Verfahrensgang
SG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 22.11.2004; Aktenzeichen S 5 KR 3170/04) |
Tatbestand
Die Klägerinnen zu 1) und 2) stellen sog CPM-Schienen (Continuous Passive Motion-Schienen) her und sind als zugelassene Leistungserbringer mit der Hilfsmittelversorgung befasst; die Klägerinnen zu 3) und 4) sind zugelassene Leistungserbringer, der Kläger zu 5) ist der Verband der zugelassenen Leistungserbringer im Bereich der CPM-Schienen. Die Kläger haben gemeinsam vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg Klage gegen die Beklagten als Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen erhoben. Sie wenden sich gegen die Streichung der CPM-Schienen aus dem Hilfsmittelverzeichnis durch Bekanntmachung vom 8. Juli 2004.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Trennungs- und Verweisungsbeschluss vom 22. November 2004 die Klagen der Klägerin zu 2), der Klägerin zu 4) und des Klägers zu 5) abgetrennt und an die örtlich zuständigen Sozialgerichte (Mainz, Heilbronn bzw Detmold) verwiesen.
Mit einem beim Bundessozialgericht (BSG) am 3. Januar 2005 eingegangenen Schriftsatz vom 29. Dezember 2004 beantragen die Kläger zu 1) bis 5),
die Verweisungsbeschlüsse des Sozialgerichts Freiburg vom 22. November 2004, zugestellt am 25. November 2004, aufzuheben und ein für alle Kläger zuständiges Sozialgericht zu bestimmen.
Entscheidungsgründe
Dem Ersuchen der Kläger kann nicht entsprochen werden, weil die sachlichen Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht vorliegen.
Dem BSG obliegt die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 58 Abs 1 Nr 5 SGG, "wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 57 nicht gegeben ist". Dies setzt voraus, dass das bereits mit der Sache befasste Gericht weder nach § 57, § 57a, § 57b SGG zuständig ist noch von sich aus das zuständige Gericht zum Zwecke der Verweisung bestimmen kann (BSG Beschluss vom 25. August 2003, SozR 4-1500 § 58 Nr 1). Diese Voraussetzung ist vor allem dann gegeben, wenn zwischen mehreren gemeinsam Klagenden eine notwendige Streitgenossenschaft (§ 74 SGG, § 62 Abs 1 Zivilprozessordnung) besteht oder jedenfalls nicht ausgeschlossen ist (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 58 RdNr 2g; BSG Beschluss vom 25. September 1998, SozR 3-1500 § 58 Nr 1; BSG Beschluss vom 30. März 2004, SozR 4-1500 § 58 Nr 2).
Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn jedenfalls seit dem den Beteiligten zugestellten Trennungs- und Verweisungsbeschluss des SG Freiburg vom 22. November 2004 sind die Kläger zu 2), 4) und 5) keine Streitgenossen und damit denknotwendig auch keine notwendigen Streitgenossen mehr. Ebenso wie eine Streitgenossenschaft nicht nur durch eine gemeinsame Klage, sondern auch durch die Verbindung von Rechtsstreiten entstehen kann, endet sie durch deren Trennung (Meyer-Ladewig, aaO, § 74 RdNr 3). Die örtliche Zuständigkeit des SG Freiburg für die Klägerinnen zu 1) und 3), die ihren Sitz jeweils im Bezirk dieses SG haben, ist nicht Gegenstand des Bestimmungsverfahrens.
Der Senat kann daher offen lassen, ob eine notwendige Streitgenossenschaft vorläge oder zumindest nicht ausgeschlossen werden könnte, wären die Kläger zu 1) bis 5) noch sämtlich Verfahrensbeteiligte des von ihnen gemeinsam anhängig gemachten Klageverfahrens.
Entgegen der aus dem Antrag der Kläger zu 1) bis 5) ersichtlichen Rechtsmeinung ist das BSG im Verfahren nach § 58 SGG nicht befugt, Verweisungsbeschlüsse eines SG aufzuheben. Vielmehr ist der Trennungs- und Verweisungsbeschluss des SG, wie von diesem zu Recht ausgeführt, nach § 172 Abs 2 SGG (Trennung) und § 98 Satz 2 SGG (Verweisung bei Unzuständigkeit) unanfechtbar. Ob die Abtrennung der Klagen betreffend die Kläger zu 2), 4) und 5) zu Recht erfolgt ist, kann ggf auf Berufung überprüft werden (Meyer-Ladewig, aaO, § 172 RdNr 10); die Zuständigkeit hingegen prüft das Berufungsgericht nicht mehr (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz; Meyer-Ladewig, aaO, § 98 RdNr 7).
Ein Fall des § 58 Abs 1 Nr 4 SGG (negativer Zuständigkeitskonflikt) liegt nicht vor.
Fundstellen