Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionsnichtzulassungsbeschwerde. Begründung von Klärungsbedürftig- und -fähigkeit. Erfordernis der Darlegung fehlender höchstrichterlicher Entscheidung
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein. Der Beschwerdeführer muss in der Beschwerdebegründung folglich die zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnen und ausführen, ob diese klärungsbedürftig und klärungsfähig, d.h. rechtserheblich in dem zu entscheidenden Revisionsverfahren ist (st.Rspr.; vgl. BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1).
2. Die Behauptung eines Revisionsnichtzulassungsbeschwerdeführers, dass “soweit ersichtlich” eine aufgeworfene Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden worden sei, genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung.
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 S. 3, § 160 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Urteil vom 17.10.2001) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 17. Oktober 2001 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache – ua – die Rücknahme eines rechtswidrigen Beitragserstattungsbescheides aus dem Jahre 1982.
Das LSG hat in der angefochtenen Entscheidung ua ausgeführt: Rechtsgrundlage für einen Rücknahmeanspruch sei § 45 SGB X und nicht § 44 Abs 2 SGB X. Da ein Beitragserstattungsbescheid die beantragte Beitragserstattung zumindest bestätige, handele es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 2. Dezember 1987 – 1 RA 23/87 = SozR 2200 § 1303 Nr 33). Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger den in § 45 Abs 2 SGB X beschriebenen Vertrauensschutz genieße. Selbst bei dessen Verneinung stünde die Rücknahme im Ermessen der Beklagten, das diese fehlerfrei ausgeübt habe; sie habe sich unter Bezugnahme auf das in der Rechtsprechung des BSG herausgearbeitete Interesse der Versichertengemeinschaft an der Aufrechterhaltung einer Beitragsrückerstattung gegen eine Rücknahme entschieden.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde des Klägers ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Beschwerdebegründung entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht dargetan.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein. Allein diese soll das Revisionsgericht in die Lage versetzen, auf Grund des in sich schlüssigen Beschwerdevorbringens zu entscheiden, ob der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache vorliegt. Der Beschwerdeführer muss in der Beschwerdebegründung mithin die zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnen und ausführen, ob diese klärungsbedürftig und klärungsfähig, dh rechtserheblich in dem zu entscheidenden Revisionsverfahren ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1). Hieran fehlt es.
Der Kläger hat zwar die Ansicht vertreten, der Rechtsstreit werfe folgende Rechtsfragen auf:
- „Richtet sich die Beurteilung, ob ein Verwaltungsakt begünstigend oder nicht begünstigend iS der §§ 44, 45 SGB X ist, nach der gegenwärtigen subjektiven Sicht des Betroffenen oder nach dem Inhalt des Verfügungssatzes des Verwaltungsaktes im Zeitpunkt des Erlasses?
- Handelt es sich bei einem objektiv rechtswidrigen Beitragserstattungsbescheid in der Rentenversicherung um einen Verwaltungsakt, derentwegen Sozialleistungen iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht erbracht worden sind?
- Ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Beitragserstattungsbescheides in der Rentenversicherung iS des § 44 Abs 2 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft dadurch möglich, dass dem Betroffenen die Nachentrichtung der zu Unrecht erstatteten Beiträge ermöglicht werden?
- Entspricht das von der Behörde bei der Entscheidung über die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X auszuübende Ermessen dem im Rahmen des § 45 SGB X auszuübenden Ermessen?”
Es kann dahinstehen, ob der Kläger mit diesen Fragestellungen Rechtsfragen hinreichend konkret bezeichnet hat, die bei Zulassung der Revision entscheidungserheblich werden könnten. Denn er hat bereits deren Klärungsbedürftigkeit nicht dargetan. Insoweit hätte er zunächst darlegen müssen, dass die Frage, ob die Rücknahme eines rechtswidrigen Beitragserstattungsbescheides sich nach § 44 oder nach § 45 SGB X beurteilt, nicht geklärt ist (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160a Nr 31, 39, 59, 65). An einem derartigen Vorbringen fehlt es. Der Kläger hat noch nicht einmal die vom LSG angegebene Entscheidung speziell zur Rücknahme rechtswidriger Beitragserstattungsbescheide im Lichte der §§ 44, 45 SGB X (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1303 Nr 33) erwähnt und sich mithin auch nicht mit ihr auseinander gesetzt. Seine Behauptung, dass „soweit ersichtlich” diese Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden worden sei, genügt infolgedessen nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung. Erst wenn die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Frage dargetan worden und zu bejahen gewesen wäre, wäre auf die ferner bezeichneten Fragen – wie sich aus ihrem Inhalt ergibt – einzugehen gewesen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist mithin unzulässig. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 3 Halbsatz 2 SGG ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen