Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. November 2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 281 505 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Der Kläger, der im Jahr 2000 als Augenarzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde und der auch ambulante Augenoperationen durchführte, wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung. Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt habe. Die Zulassungsentziehung beruhe auf drei voneinander unabhängigen Komplexen, wobei jeder für sich allein die Zulassungsentziehung rechtfertige. Dabei handele es sich um Verstöße gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung über einen Zeitraum von vielen Quartalen hinweg mit hohen Regresssummen, den Verstoß gegen Qualitätsvorgaben in Gestalt der Durchführung und Abrechnung von Kataraktoperationen ohne die erforderliche unmittelbare Assistenz mit weiteren darauf bezogenen Strafanzeigen, Ermittlungsverfahren und Honorarrückforderungen und schließlich um die Durchführung ambulanter Operationen in Räumen, in denen ihm dies wegen festgestellter gravierender hygienischer Mängel untersagt worden war.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensfehler (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 3 SGG) geltend.
II
1. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Allerdings teilt der Senat nicht die Einwände des Beklagten gegen die Einhaltung des Schriftformerfordernisses durch den Beschwerdeführer. Es ist ohne Weiteres erkennbar, dass sowohl die Einlegung als auch die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde mit dem vollständigen Namenszug des Prozessbevollmächtigten des Klägers und nicht lediglich mit einer "Paraphe" im Sinne eines Namenszeichens unterzeichnet sind. Dass die Unterschrift nicht "leserlich" ist, spielt keine Rolle, denn es genügt ein die Identität des Unterzeichnenden kennzeichnender individueller Schriftzug, der charakteristische Merkmale aufweisen muss (BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 18/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 20; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 151 RdNr 4b mwN). Diese Voraussetzungen liegen vor.
2. Die Beschwerde ist aber jedenfalls unbegründet, soweit der Kläger eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache geltend macht.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr, vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 7).
a) Der Kläger hält die folgende Frage für klärungsbedürftig:
"Ist eine Zulassungsentziehung gemäß § 95 Abs. 6 SGB V mit dem Verfassungsrecht vereinbar, wenn staatliche Einrichtungen (KVB, Zulassungsbehörden und Bayerisches LSG) sich nicht erkennbar mit Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Erforderlichkeit bezogen auf das Vorliegen milderer Mittel) auseinandergesetzt haben?"
Die formulierte Rechtsfrage könnte nur unter der Voraussetzung beantwortet werden, dass sich "staatliche Einrichtungen" einschließlich des LSG nicht erkennbar mit Art 12 Abs 1, Art 14 Abs 1 GG auseinandergesetzt hätten. Das trifft jedoch nicht zu. Deshalb fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage.
Das LSG hat seiner Entscheidung erkennbar die Maßstäbe zugrunde gelegt, die sowohl das BSG als auch das BVerfG als vereinbar mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben insbesondere aus Art 12 Abs 1 GG beurteilt haben. Die dazu ergangene einschlägige Rechtsprechung des BSG und auch des BVerfG werden im Urteil des LSG (ua auf S 20, 21 des Urteilsumdrucks) umfangreich zitiert. Danach ist § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V in der ständigen Auslegung durch das BSG verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG Beschluss vom 28.3.1985 - 1 BvR 1245/84, 1 BvR 1254/84 - BVerfGE 69, 233 = SozR 2200 § 368a Nr 12 zu § 368a RVO; vgl auch BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 22.12.2008 - 1 BvR 3457/08 - SozR 4-2500 § 95 Nr 18 RdNr 2; BVerfG Kammerbeschluss vom 26.9.2016 - 1 BvR 1326/15 - SozR 4-5520 § 19 Nr 4 RdNr 41 ff). Der Senat kann deshalb auch keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass Grundrechte des Klägers durch die Entscheidung des LSG verletzt worden sein könnten.
Soweit die formulierte Rechtfrage auf den Inhalt der Begründung von Entscheidungen der Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB), der Zulassungsgremien und des LSG abstellt, kann sie im Übrigen bereits deshalb nicht entscheidungserheblich sein, weil es sich bei der Zulassungsentziehung nicht um eine Ermessensentscheidung handelt, sondern um eine gebundene Entscheidung (BSG Beschluss vom 27.6.2001 - B 6 KA 5/01 B - juris RdNr 7; ebenso bereits zur Vorgängerregelung in § 368a Abs 6 RVO: BSG Urteil vom 15.4.1986 - 6 RKa 6/85 - BSGE 60, 76 = SozR 2200 § 368a Nr 15 = juris RdNr 9). Nach § 42 Satz 1 SGB X könnte die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 42 RdNr 4 mwN). Selbst wenn der Beklagte seine Entscheidung nicht zutreffend begründet hätte, würde das deshalb nicht die Aufhebung des Verwaltungsaktes zur Folge haben. Für eine bezogen auf verfassungsrechtliche Fragestellungen unzureichend begründete aber richtige Entscheidung des LSG würde im Ergebnis nichts anderes gelten.
b) Soweit der Kläger die Frage formuliert:
"Wie weit gehen die (Amts-)Ermittlungspflichten bei einer Zulassungsentziehung gemäß § 95 Abs. 6 SGB V, wenn Verstöße gegen die Rechte des Bürgers (hier des Antragstellers) aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG zumindest nicht ausgeschlossen werden können?",
ist die Beschwerde bereits unzulässig, weil es insoweit bereits an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der formulierten Frage mit Blick auf die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung fehlt. Zudem ist die offen formulierte Rechtsfrage einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich. Darüber hinaus könnte eine Verletzung der Amtsermittlungspflichten allenfalls einen Verfahrensfehler darstellen. Dabei wäre zu beachten, dass die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG auf eine Verletzung des § 103 SGG (Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden könnte, wenn sich der Verfahrensfehler auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Nach ständiger Rechtsprechung muss ein gestellter Beweisantrag in der letzten mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufrechterhalten werden (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 18c). Dazu enthält das Vorbringen des Klägers keine Angaben. Ausweislich der Niederschrift zur Verhandlung vor dem LSG am 28.11.2018 hat der Kläger dort keinen Beweisantrag gestellt.
c) Auch soweit der Kläger ohne unmittelbaren Bezug zu den formulierten Rechtsfragen geltend macht, dass die Entscheidung des LSG unrichtig sei, werden die nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt. Es ist im Übrigen nicht Aufgabe des entscheidenden Senats, aus dem Vortrag des Klägers möglicherweise klärungsbedürftige und klärungsfähige Fragen selbst "herauszufiltern" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 14a mwN).
3. Soweit der Kläger Verfahrensfehler rügt, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig:
Soweit der Kläger geltend macht, dass mit der Zulassungsentziehung und mit dem dazu ergangenen Urteil des LSG seine Rechte aus Art 12 Abs 1 GG und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt worden seien, wird damit bereits kein Verfahrensfehler im Sinne eines Verstoßes des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens (zu diesem Erfordernis vgl Leitherer, aaO, § 160 RdNr 16a) gerügt.
Auch soweit der Kläger Fehler im Verfahren vor dem beklagten Berufungsausschuss oder dem SG rügt, ist die Beschwerde unzulässig. Für den mit der Nichtzulassungsbeschwerde zu bezeichnenden Verfahrensmangel kommt es grundsätzlich nur auf einen solchen im vorangehenden Rechtszug (hier: LSG) an (vgl BSG Beschluss vom 28.1.2009 - B 6 KA 27/07 B - juris RdNr 7), weil die Entscheidung des LSG grundsätzlich nur in diesem Fall auf dem Fehler beruhen kann (§ 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 1 SGG). Nur ausnahmsweise können mit der Nichtzulassungsbeschwerde auch Mängel im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht werden, die im Berufungsverfahren fortwirken (Leitherer, aaO, § 160 RdNr 16a mwN). Auch dies hat der Kläger hier indes nicht dargelegt.
Soweit der Kläger eine fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts durch das LSG rügt, fehlt es an der erforderlichen Bezeichnung eines entsprechenden in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhaltenden Beweisantrags (vgl RdNr 10).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).
5. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13500547 |