Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 24. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Keiner dieser von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe ist in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger, der sich gegen die Aufforderung des Beklagten wendet, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen, formuliert folgende Rechtsfragen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimisst:
1. a) "Führt der Umstand, dass einem vormaligen Leistungsempfänger nach den Vorschriften des SGB II vorbehaltlos und bestandskräftig eine abschlagsfreie Altersrente bewilligt wird, zur Nichtigkeit des Bescheides zur Aufforderung, vorzeitig eine Rente mit Abschlägen stellen zu müssen, gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB X?"
b) Hilfsweise:
"Führt der Umstand, dass einem vormaligen Leistungsempfänger nach den Vorschriften des SGB II vorbehaltlos und bestandskräftig eine abschlagsfreie Altersrente bewilligt wird, zur Erledigung des Bescheides zur Aufforderung, vorzeitig eine Rente mit Abschlägen stellen zu müssen, gemäß § 39 Abs. 2 SGB X?"
2. "Ist ein Antrag im Sinne des § 12a Satz 1 SGB II auch dann zu stellen, wenn der Leistungsberechtigte bereits Sozialleistungen des gleichen Trägers in Anspruch nimmt?"
3. "Ist ein Antrag gem. § 12a Satz 1 SGB II dann nicht als erforderlich anzusehen, wenn dies gleichzeitig zu dem Verlust einer anderen Sozialleistung führt?"
4. "Ist § 12a i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar?"
5. "Ist § 12a i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar?"
6. "Inwieweit ist die Frage der Erforderlichkeit des zu stellenden Antrags mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Rechtsstaatsprinzip gem. Art. 20 Abs. 3 GG) vereinbar, sofern mit dem zu stellenden Antrag der Verlust einer bereits bewilligten Rente wegen Erwerbsminderung einhergeht?"
Doch zeigt er schon die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfragen nicht in der gebotenen Weise auf. Soweit er mit der Frage Nr 1 wegen der ihm zwischenzeitlich bindend bewilligten abschlagsfreien Altersrente auf eine mögliche Nichtigkeit gemäß § 40 Abs 2 Nr 3 SGB X der streitgegenständlichen Aufforderung zur Rentenantragstellung oder deren Erledigung nach § 39 Abs 2 SGB X abzielt, fehlt es an der Auseinandersetzung mit dem Inhalt dieser verfahrensrechtlichen Vorschriften sowie der Darlegung, ob sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu nicht bereits ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der Fragen ergeben. Allein aus dem Hinweis auf zwei Entscheidungen des Senats zu § 12a SGB II (vom 9.8.2018 - B 14 AS 1/18 R - SozR 4-4200 § 12a Nr 2, und vom 12.6.2013 - B 14 AS 225/12 B), die sich im Einzelnen mit §§ 39, 40 SGB X nicht auseinandersetzten und der vorliegende Fall anders liege, ergibt sich noch nicht die Klärungsbedürftigkeit.
Auch was die Fragen Nr 2 und Nr 3 angeht macht die Beschwerdebegründung nicht deutlich - worauf der Beklagte zu Recht hinweist -, warum sich diese Fragen ernsthaft stellen sollten vor dem Hintergrund, dass der Sinn und Zweck des § 12a SGB II darin liegt, den in § 5 Abs 1 SGB II geregelten Vorrang anderer Sozialleistungen sicherzustellen (vgl dazu nur S. Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 12a RdNr 1 ff mwN). Einen nachvollziehbaren Grund, warum dieser Vorrang nicht von Bedeutung sein soll, wenn bei Bezug einer betragsmäßig niedrigeren Sozialleistung diese von einer höheren abgelöst werden könnte, trägt der Kläger nicht vor und ein solcher ist auch nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger schließlich mit seinen Fragen Nr 4 bis Nr 6 die Vereinbarkeit von § 12a und § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II mit Verfassungsrecht bezweifelt, wäre zur Darlegung der (weiteren) Klärungsbedürftigkeit aufzuzeigen gewesen, dass sich aus der bisherigen Rechtsprechung (vgl insbesondere BSG vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - BSGE 119, 271-286, SozR 4-4200 § 12a Nr 1, RdNr 43 ff) keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung dieser Fragen ergeben bzw dass diese Rechtsprechung ernsthaft in Frage gestellt worden ist. An beidem fehlt es. Zudem wird der Inhalt der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, die der Kläger heranzieht, nur ansatzweise aufbereitet, was ebenfalls den Anforderungen an die Darlegung einer Verfassungswidrigkeit im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht erfüllt (dazu Voelzke in jurisPK-SGG, 2017, § 160a RdNr 105 ff mwN).
Verfahrensmängel sind ebenfalls nicht schlüssig bezeichnet. Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung, ausgehend von der Rechtsansicht des LSG, auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36).
Auch diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger legt weder dar, warum eine Beiladung entgegen der Entscheidung des Senats vom 19.8.2015 (B 14 AS 1/15 R - BSGE 119, 271 = SozR 4-4200 § 12a Nr 1, RdNr 14) hier erforderlich gewesen sein könnte, noch, warum Entscheidungsgründe fehlen sollen, wenn das LSG eine Frage ausdrücklich offen lässt, weil es sie nicht für entscheidungserheblich hält.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13692341 |