Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung. Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Eingliederungszuschuss. Verlängerung der Förderungsdauer. Kausalitätsprüfung

 

Orientierungssatz

Für die ausreichende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung zur Notwendigkeit einer Kausalitätsprüfung auch bei der Verlängerung eines Eingliederungszuschusses nach §§ 217, 218, 421f SGB 3 bzw Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, bedarf es einer Auseinandersetzung, dass und warum sich insoweit aus der vorhandenen Rechtsprechung keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage herleiten lassen. Selbst wenn die Entscheidung des BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 20/05 R = SozR 4-4300 § 324 Nr 2 lediglich einen Eingliederungszuschuss für die Aufnahme einer Beschäftigung nach Maßgabe der §§ 217ff SGB 3 in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung betrifft und die sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage durch diese Entscheidung danach nicht eigens beantwortet wird, ist allein der Verweis auf eine fehlende höchstrichterliche Klärung nicht geeignet, den Klärungsbedarf zu begründen. Die genannte Entscheidung des BSG legt die Förderungsbedürftigkeit des Arbeitnehmers und damit den Kausalzusammenhang als Voraussetzung jeder Zuschussleistung nahe. Es wäre dann des Weiteren der Frage nach erneutem oder weiterem Klärungsbedarf aus Anlass der zum 1.1.2004 eingetretenen Gesetzesänderung und der erst dadurch veranlassten Erörterung der Frage nach der Zuordnung dieses Erfordernisses zur Tatbestands- oder Ermessensseite nachzugehen gewesen. Nur klarstellend wird darauf hingewiesen, dass der ebenfalls zuständige 7. Senat im Urteil vom 6.5.2008 - B 7/7a AL 16/07 R trotz der inzwischen eingetretenen Gesetzesänderung und trotz der daraufhin vorgenommenen Zuordnung der Eingliederungserforderlichkeit zur Ermessensseite weiterhin davon ausgeht, dass der Einstellungszuschuss nicht zu gewähren ist, wenn keine Eingliederungsbedürftigkeit besteht, dh die Eingliederung auch ohne den Eingliederungszuschuss sichergestellt ist (Kausalität).

 

Normenkette

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3; SGB 3 § 217 Fassung: 2003-12-23; SGB 3 § 218 Fassung: 2003-12-23; SGB 3 § 421f Fassung: 2003-12-23

 

Verfahrensgang

LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 29.11.2007; Aktenzeichen L 6 AL 1317/05)

SG Berlin (Entscheidung vom 29.09.2005; Aktenzeichen S 60 AL 6466/04)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensmangels sind nicht in der durch § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise bezeichnet.

1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auch auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 6. März 2008 nicht. Zweifelhaft ist schon, ob der Kläger mit der von ihm aufgeworfenen Frage "Verlangt die Prüfung der Kausalität auch bei einem Antrag auf Weitergewährung des Eingliederungszuschusses nach §§ 217, 218 I, 421f SGB III die Feststellung, dass die Motivation des Arbeitgebers an der Förderung nicht von den 'besonderen betrieblichen oder persönlichen Gründen des Arbeitgebers für eine Beschäftigung des Arbeitnehmers trotz der Minderleistung dominiert wird.' " eine Rechtsfrage mit Breitenwirkung formuliert. Denn das Vorbringen und die daraus abgeleitete Fragestellung zielen ersichtlich auf die Umstände des Einzelfalls. Aber selbst wenn den Ausführungen der Beschwerdebegründung sinngemäß die abstrakte Rechtsfrage nach dem Erfordernis einer kausalen Verknüpfung zwischen der Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses eines Arbeitnehmers mit Vermittlungshemmnissen und der Weitergewährung des Eingliederungszuschusses (EGZ) nach §§ 217, 218 Abs 1, 421f Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zu entnehmen sein sollte, wird jedenfalls der Klärungsbedarf nicht hinreichend dargelegt. Denn selbst wenn die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. April 2006 - B 7a AL 20/05 R (SozR 4-4300 § 324 Nr 2) lediglich einen EGZ für die Aufnahme einer Beschäftigung nach Maßgabe der §§ 217 ff SGB III (idF bis zum Inkrafttreten des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 1. Januar 2004) betrifft und die sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage durch diese Entscheidung danach nicht eigens beantwortet wird, wäre allein der Verweis auf eine fehlende höchstrichterliche Klärung nicht geeignet, den Klärungsbedarf zu begründen. Vielmehr hätte es zusätzlich einer Auseinandersetzung bedurft, dass und warum sich insoweit aus der vorhandenen Rechtsprechung keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage herleiten lassen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2; BSG, Beschluss vom 16. Mai 2007 - B 13 R 97/07 B; BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 12; vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 117). Denn das vom Kläger angeführte Zitat aus der Entscheidung vom 6. April 2006 (aaO) legt die Förderungsbedürftigkeit des Arbeitnehmers und damit den Kausalzusammenhang als Voraussetzung jeder Zuschussleistung nahe. In diesem Zusammenhang wäre dann des Weiteren der Frage nach erneutem oder weiterem Klärungsbedarf aus Anlass der zum 1. Januar 2004 eingetretenen Gesetzesänderung und der erst dadurch veranlassten Erörterung der Frage nach der Zuordnung dieses Erfordernisses zur Tatbestands- oder Ermessensseite nachzugehen gewesen. Nur klarstellend sei darauf hingewiesen, dass der in Angelegenheiten der Arbeitsförderung ebenfalls zuständige 7. Senat (Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7a AL 16/07 R, s Terminbericht Nr 21/08) trotz der inzwischen eingetretenen Gesetzesänderung und trotz der daraufhin vorgenommenen Zuordnung der Eingliederungserforderlichkeit zur Ermessensseite weiterhin davon ausgeht, dass der Einstellungszuschuss nicht zu gewähren ist, wenn keine Eingliederungsbedürftigkeit besteht, dh die Eingliederung auch ohne den Eingliederungszuschuss sichergestellt ist (Kausalität).

2. Auch ein Verfahrensmangel ist nicht ausreichend dargelegt. Die ordnungsgemäße Bezeichnung eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) setzt voraus, dass die ihn begründenden Tatsachen substantiiert und schlüssig dargelegt werden (stRspr; ua BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; SozR 3-1500 § 73 Nr 10). Eine solche Darlegung ist der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht zu entnehmen.

Die Rüge, die Vorinstanz sei dem Antrag auf Vernehmung mehrerer Zeugen nicht nachgekommen, ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler aufzuzeigen. Denn auf eine - damit in der Sache vorrangig behauptete - Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) kann der Verfahrensmangel nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Sinn und Zweck der genannten Regelung erfordert vor der Entscheidung einen ausdrücklichen Hinweis an das Tatsachengericht, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht nicht als erfüllt ansieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG obliegt es deshalb jedenfalls einem rechtskundig vertretenen Beteiligten, im Berufungsverfahren gestellte Beweisanträge im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung aufrecht zu erhalten (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9, 29 und 31). Der Beschwerdebegründung ist indessen nicht zu entnehmen, dass und in welcher Form der Bevollmächtigte des Klägers den Antrag auf Vernehmung der Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 29. November 2007 aufrechterhalten hätte. Nicht ausreichend ist insoweit der Vortrag, der Kläger habe entsprechenden Beweis in der Berufungserwiderung angeboten.

Auch die Verletzung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 Grundgesetz, § 62 SGG) ist nur unzureichend geltend gemacht. Der Kläger versäumt insoweit schon eine lückenlose Darstellung der sachlich-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts, sodass sich allein anhand seiner Ausführungen nicht beurteilen lässt, ob und inwieweit sein Sachvortrag nicht beachtet wurde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Soweit diesbezüglich mitgeteilt wird, die Vorinstanz habe sich an keiner Stelle mit den fortdauernden Vermittlungshemmnissen der Arbeitnehmerin auseinandergesetzt und allein auf die Motivation des Klägers an der Weiterbeschäftigung abgestellt, wendet sich der Kläger im Kern gegen die durch das LSG vorgenommene Beweiswürdigung. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) ist jedoch nicht geeignet, einen zur Zulassung der Revision führenden Verfahrensfehler zu bezeichnen (§ 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG).

Die unzulässige Beschwerde ist daher zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Arbeitgeber ist in Streitigkeiten über Eingliederungszuschüsse Leistungsempfänger iS von § 183 SGG (hierzu BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 2).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2052124

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