Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 30.09.2016; Aktenzeichen L 20 AL 63/15) |
SG Duisburg (Aktenzeichen S 16 AL 213/14) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. September 2016 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 1.10.2013.
Die 1977 geborene Klägerin arbeitete seit 2004 in einem Vollzeitarbeitsverhältnis als Bankangestellte. Vom 7.8.2007 (Beginn der Mutterschutzzeit mit anschließender Elternzeit für das erste Kind) bis zur Vereinbarung der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 10.9.2013 befand sie sich durchgehend in Mutterschutz bzw Elternzeit zur Betreuung ihrer in den Jahren 2007 und 2009 geborenen Kinder ohne Bezug von Arbeitsentgelt. Mit Wirkung zum 1.10.2013 meldete sie sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg, was diese ablehnte (Bescheid vom 26.2.2014; Widerspruchsbescheid vom 28.3.2014). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteil des SG vom 25.2.2015; Urteil des LSG vom 30.9.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg nicht erfüllt, weil sie innerhalb der Rahmenfrist vom 1.10.2011 bis zum 30.9.2013 nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Nur der Zeitraum bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngeren Kindes (bis 9.2.2012) könne nach dem eindeutigen Wortlaut des § 26 Abs 2a Nr 1 SGB III als versicherungspflichtige Zeit der Kindererziehung berücksichtigt werden.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, ob der Anwendungsbereich des § 26 Abs 2a SGB III im Wege der Auslegung zu erweitern sei und/oder die Norm gegen Verfassungsrecht verstoße.
II
Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgrund allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Der Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Mit ihrem Vorbringen wird die Klägerin diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht, weil sie sich nicht mit der vom LSG zitierten Rechtsprechung des BVerfG sowie des BSG zum verfassungsrechtlich geforderten Umfang der Berücksichtigung von Erziehungs- und Betreuungszeiten als Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses befasst hat. Soweit die Klägerin eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 26 Abs 2a SGB III unter Beachtung des Schutzauftrags des Art 6 Abs 4 GG und zur Vermeidung einer ungleichen Behandlung von Erziehenden begehrt, hat das BVerfG bereits ausgeführt, dass der Gesetzgeber bei der Anrechnung von Erziehungs- und Betreuungszeiten davon ausgehen könne, dass in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes regelmäßig ein besonderes Betreuungs- und Erziehungsbedürfnis bestehe. Die Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten im SGB III trage den besonderen Lebensumständen Rechnung, in denen sich betreuende und erziehende Mütter und Väter während dieser Zeit befänden. Art 3 Abs 1 GG verpflichte den Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung von staatlichen Familienleistungen für eine bestimmte Förderung entschieden habe, nicht, diese Förderung auch im Zusammenhang mit anderen sozialrechtlichen Regelungen zur Geltung zu bringen (BVerfG Beschluss vom 25.11.2004 - 1 BvR 2303/03 - NZA-RR 2005, 154 ff). Mit dieser Rechtsprechung des BVerfG zu den von ihr aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen - insbesondere mit der vom BVerfG angenommenen zulässigen Typisierung des Gesetzgebers bei der Annahme von verstärkten Betreuungserfordernissen in den ersten drei Lebensjahren - hätte sich die Klägerin befassen müssen und einen weiteren bzw erneuten Klärungsbedarf darlegen müssen (vgl bereits BSG Beschluss vom 30.6.2016 - B 11 AL 2/16 B - mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10571820 |