Verfahrensgang
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 27.06.2017; Aktenzeichen S 7 R 1084/16) |
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 09.01.2019; Aktenzeichen L 3 R 694/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 9.1.2019, dem Kläger zugestellt am 7.2.2019, hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung einer Ersatzzeit wegen Flucht aus der ehemaligen DDR für die Zeit vom 19.9.1988 bis zum 28.2.1989 sowie der Bewertung seiner im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich in der Beschwerdebegründungsschrift vom 4.4.2019 sinngemäß auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger rügt, dass sein Rentenanspruch nicht nach dem FRG berechnet worden sei. Hierzu trägt er im Wesentlichen vor, es sei niemals Absicht des Gesetzgebers gewesen, die den Übersiedlern und Flüchtlingen aus der vormaligen DDR bei der Übersiedlung zuerkannten Ansprüche gegen die deutschen Rentenversicherungsträger durch das RÜG neu zu regeln. Aus keiner der Gesetzesformulierungen des RÜG könne dies gelesen werden. Insoweit unterlägen die Gerichte, die dennoch diese Regelungen auf die Ansprüche der Übersiedler und Flüchtlinge anwendeten, einer Fehleinschätzung. Dazu sei in der Revisionsinstanz Stellung zu nehmen bzw zu entscheiden. Beträfe die Änderung des FRG auch die Rentenansprüche der Flüchtlinge und Übersiedler gegen die westdeutschen Versicherungsträger, läge eine unzulässige Rückwirkung vor. Die Eingliederung der Übersiedler und Flüchtlinge in das westdeutsche Rentensystem sei zum damaligen Zeitpunkt längst abgeschlossen gewesen. Durch die Änderung des FRG wäre daher nachträglich in den feststehenden Rentenanspruch der Flüchtlinge und Übersiedler gegen die westdeutschen Versicherungsträger eingegriffen worden, was unzulässig wäre, weil hierdurch der Vertrauensgrundsatz verletzt würde. Diese offenen Fragen, die in beiden Urteilen nicht oder zumindest nicht ausreichend gewürdigt worden seien, seien von der Revisionsinstanz zu entscheiden.
Der Senat lässt dahinstehen, ob der Kläger mit diesen Formulierungen hinreichend deutlich abstrakt-generelle Rechtsfragen zum Inhalt, Anwendungsbereich oder zur Verfassungsgemäßheit einer revisiblen Norm (§ 162 SGG) gestellt hat. Er hat jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit der angesprochenen Fragen zum Geltungsbereich des FRG nicht dargestellt.
Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG und ggf des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Hieran fehlt es. Der Kläger geht insbesondere in keiner Weise auf das Urteil des Senats vom 14.12.2011 (B 5 R 36/11 R - SozR 4-2600 § 248 Nr 1) ein. In dieser Entscheidung (aaO RdNr 18 ff) hat der Senat darauf hingewiesen, dass bis zum 18.5.1990 aus der ehemaligen DDR Zugezogene bei Zuzug in das Bundesgebiet eine Anwartschaft auf Berücksichtigung ihrer im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG idF vom 25.2.1960 hatten. Im Zuge der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands sei das FRG jedoch geändert und die rentenrechtliche Stellung der Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wesentlich neu gestaltet worden. So schließe der durch Art 14 Nr 14a des RÜG vom 25.7.1991(BGBl I 1606) zum 1.1.1992 neu gefasste § 15 Abs 1 FRG die Anwendbarkeit des FRG auf im Beitrittsgebiet zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten aus. Ebenso sei mit Art 14 Nr 16b RÜG zum 1.1.1992 § 17 Abs 1 FRG aF gestrichen worden. Gleichzeitig habe der Gesetzgeber neue Vorschriften in das SGB VI eingefügt. Bereits die hier zum 1.1.1992 in Kraft getretenen Neuregelungen hätten eine Anwendung des FRG in Abhängigkeit von einem Rentenbeginn vor dem 1.1.1996 nur noch übergangsweise vorgesehen (§ 259a SGB VI idF des Art 1 Nr 75 RÜG). Im Jahre 1993 sei dann rückwirkend zum 1.1.1992 die Begrenzung auf den nunmehr noch erfassten Personenkreis (§ 259a SGB VI idF des Art 1 Nr 16 Buchst b des RÜG-ErgG vom 24.6.1993, BGBl I 1038) erfolgt. Auch vor dem 19.5.1990 Zugezogene seien damit nunmehr vom Anwendungsbereich des FRG ausgenommen und im Zuge der Angleichung der Lebensverhältnisse den allgemeinen Bewertungsvorschriften des einheitlichen Rentenrechts in beiden Teilen Deutschlands unterworfen, wenn sie nach dem 1.1.1937 geboren worden seien. Hiergegen bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Ersetzung der Regelungen des FRG durch eine fiktive Zuerkennung von in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsversicherten Entgelten nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen des Überleitungsrechts verstoße nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG). Der allgemeine Gleichheitssatz der Verfassung sei ebenfalls nicht verletzt. Die vom Gesetzgeber gewählte Stichtagsregelung verstoße nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Zu einer Auseinandersetzung mit diesem Urteil hätte umso mehr Veranlassung bestanden, als sich sowohl SG als auch LSG den dortigen rechtlichen Erwägungen des Senats angeschlossen haben.
Mit seinem übrigen Vorbringen in der Beschwerdebegründung vom 4.4.2019 und im Schriftsatz vom 8.4.2019 macht der Kläger die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung in der Sache geltend. Hierauf kann indes ausweislich der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Revisionszulassungsgründe eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
Die weiteren Schriftsätze des Klägers vom 12.4.2019 und 18.4.2019 sind nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist, die für den Kläger am 8.4.2019 endete (§ 160a Abs 2 S 1 iVm § 64 SGG), eingegangen und können daher vom Senat nicht berücksichtigt werden (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 13b mwN).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13287090 |