Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 22.08.2017; Aktenzeichen L 8 AS 1558/12) |
SG Chemnitz (Entscheidung vom 12.11.2012; Aktenzeichen S 12 AS 4565/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 22. August 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ist in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 7 Abs 3 iVm § 9 Abs 2 SGB II wegen der Nichteinbeziehung sonstiger Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaften in die Bedarfsgemeinschaft. Zur Darlegung der Grundsätzlichkeit dieser Frage zitiert die Beschwerdebegründung lediglich aus einer im Jahr 2008 erschienenen Dissertation ohne jede Auseinandersetzung mit seither ergangener Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zur Bedarfsgemeinschaft. Dies wird den Anforderungen an die Geltendmachung eines Verfassungsverstoßes schon im Ansatz nicht gerecht (vgl zu diesen Anforderungen letztens nur BSG vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B).
Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 196 mwN).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht, weil sich aus ihr nicht ergibt, dass das LSG dem BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Vielmehr wird in Form der Rüge einer Abweichung des LSG vom BSG letztlich nur Kritik an der Rechtsanwendung des LSG im vorliegenden konkreten Einzelfall geübt, nicht aber wird ein im Grundsätzlichen dem BSG widersprechender Rechtssatz des LSG aufgezeigt. Soweit daneben auch als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht wird, ob eine Einstandsgemeinschaft identisch mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist, fehlt es an jeder Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zu Bedarfsgemeinschaften zwischen nicht verheirateten Partnern (vgl zu dieser nur BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 34/12 R - BSGE 111, 250 = SozR 4-4200 § 7 Nr 32, RdNr 13 ff; BSG vom 12.10.2016 - B 4 AS 60/15 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 51 RdNr 25 ff).
Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann. Soweit als Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt wird, dass das LSG in seinem Urteil Erkenntnisse aus den Ermittlungsakten der Strafgerichte verwendet habe, ohne Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ist dem Beschwerdevorbringen schon nicht zu entnehmen, dass und warum dem - inzwischen verstorbenen - Kläger der Inhalt der Akten des gegen ihn geführten Strafverfahrens unbekannt gewesen ist oder weshalb ihm sonst im Verfahren vor dem LSG eine Stellungnahme zu deren Inhalt verwehrt war.
Soweit zudem geltend gemacht wird, zum Verhandlungstermin vor dem LSG sei der Kläger erkrankt und deshalb an einer Teilnahme verhindert gewesen, ist dem Beschwerdevorbringen bereits nicht zu entnehmen, dass mit Blick hierauf seitens des rechtskundig vertretenen Klägers eine Terminsaufhebung begehrt worden war.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11956930 |